Mahabharata

Mahabharata 2. Buch
Sisupala Badha Parva – Tod von Sisupala


42 – Bhishma hält den erzürnten Bhima zurück

Sisupala fuhr fort: Der mächtige König Jarasandha sprach: „Er ist ein Sklave.“, und lehnte es ab, mit Krishna zu kämpfen. Ihm gilt meine ganze Hochachtung. Wer preist schon Kesava, Bhima und Arjuna und ihren Mord an Jarasandha? Als Brahmanen verkleidet traten sie durch ein unangemessenes Tor herein und kundschafteten so die Stärke von Jarasandha aus. Als der Monarch ihnen erst Wasser zum Waschen der Füße und dann Essen anbot, lehnten sie es aus scheinbar tugendhaften Motiven ab. Wenn dieser der Herr des Universums ist, wie dieser Narr uns glauben machen will, warum betrachtet er sich dann nicht als Brahmanen? Doch was mich am meisten überrascht, ist, daß du, oh Bhishma, die Pandavas vom Pfad der Weisen wegführst, und sie dich trotzdem als wahrhaft erachten. Doch das ist wohl ganz normal für Menschen, die dich zum Berater in allen Dingen haben, wo du so weibisch und altersgebeugt bist.

Vaisampayana sprach: Nach diesen barschen Worten von Sisupal, die auch noch schroff gesprochen waren, wurde der starke und tatkräftige Bhima sehr zornig. Er riß seine bereits großen Lotusaugen noch weiter auf, und sie färbten sich in seiner Erregung so rot wie Kupfer. Alle versammelten Monarchen sahen auf seiner Stirn drei Falten entstehen, als ob sich die stürmische Ganga am Berg mit den drei Gipfeln teilt. Seine Zähne knirschten, und sein Gesicht schien dem des Todes am Ende des Yuga zu gleichen, wenn er bereit ist, alle Wesen zu verschlingen. Der Held mit der enormen, geistigen Energie war drauf und dran, heftig von seinem Sitz aufzuspringen, als Bhishma mit den mächtigen Armen ihn abfing wie Mahadeva einst den Mahasena ergriff.

Schon bald beruhigte sich Bhimas Zorn unter den sanften Worten seines Großvaters. Denn der Feindebezwinger konnte nicht die Ratschläge Bhishmas mißachten, wie der Ozean niemals die Ufer der Kontinente übertritt, auch wenn die Regenzeit ihn anschwellen läßt. Doch obwohl Bhima eben sehr wütend geworden war, erzitterte der mannhafte Sisupal nicht vor Furcht. Bhima konnte immer noch jeden Moment aufspringen, doch Sisupal war dies keinen einzigen Gedanken wert, wie ein Löwe eine wütend aufspringende Beute ignoriert. Lachend sprach der König der Chedi beim Anblick des erregten Bhima: „Laß ihn nur los, Bhishma! Die anderen Monarchen sollen sehen, wie mein Heldentum ihn verbrennt wie die Flamme ein Insekt.“ Doch Bhishma, dieser Beste der Kurus und klugen Männer, sprach beruhigend auf Bhima ein.

43 – Bhishma erzählt von der Geburt Sisupalas

Bhishma erzählte: Sisupal wurde im Geschlecht der Chedi mit drei Augen und vier Händen geboren. Doch gleich nach seiner Geburt schrie er gellend wie ein Esel. Vater, Mutter und alle Verwandten fürchteten sich vor diesem Geschrei sehr. Wegen der außergewöhnlichen Omen beschlossen seine Eltern, ihn zu verstoßen. Doch eine körperlose Stimme sprach zu all denen, deren Herzen vor Angst gelähmt waren, nämlich zum König, seiner Gattin, allen Ministern und Priestern: „Dein Sohn, oh König, der eben geboren wurde, wird ein gutes Schicksal erfahren und große Stärke besitzen. Hab keine Furcht und sorge für ihn. Du bist nicht sein Tod, denn seine Zeit ist noch nicht gekommen. Doch derjenige, der ihn mit seinen Waffen schlagen wird, ist bereits geboren.“

In Sorge um ihren Sohn und aus Liebe zu ihm sprach die Mutter zum unsichtbaren Wesen: „Ich verbeuge mich mit gefalteten Händen vor dem, der diese Worte über meinen Sohn gesprochen hat. Ob hohe Gottheit oder ein anderes Wesen, sag mir noch etwas über meinen Sohn. Wer wird der Vernichter meines Sohnes sein?“ Das unsichtbare Wesen antwortete: „Wer deinen Sohn auf seinen Schoß nimmt, so daß seine überflüssigen Arme abfallen wie zwei fünfköpfige Schlangen und bei dessem Anblick sein drittes Auge auf der Stirn verschwindet, der wird auch sein Vernichter sein.“ Als diese Geschichte in der Welt bekannt wurde, kamen viele Könige zu Chedi, um das Kind zu betrachten. Der König hieß sie alle willkommen und setzte sein Kind in den Schoß eines jeden Gastes. Doch auch nach tausend Königen war noch nicht geschehen, was das unsichtbare Wesen verkündet hatte.

Eines Tages kamen die mächtigen Yadava Helden Sankarshana und Janarddana (Krishna und sein Bruder Baladev) in die Hauptstadt der Chedi, um die Schwester ihres Vaters, die Königin von Chedi, zu besuchen. Sie grüßten und ehrten einen jeden nach seinem Rang, erkundigten sich nach dem allgemeinen Wohlbefinden und nahmen Platz. Mit großer Freude setzte die Königin ihren Sohn selbst auf den Schoß von Krishna, und sogleich fielen die beiden überflüssigen Arme ab und das dritte Auge auf der Stirn verschwand. Voller Entsetzen erbat da die Königin von Krishna einen Segen.

Sie flehte: „Oh starkarmiger Krishna, ich bin in höchster Sorge, gewähre mir eine Bitte. Denn du bist es, der die Ängste aller zerstreuen kann.“ Krishna antwortete: „Fürchte dich nicht, Göttin. Du kennst die Moral und hast keine Angst vor mir. Welchen Segen soll ich dir geben? Was soll ich für dich tun, liebe Tante? Ich werde selbst Unmögliches für dich vollbringen.“ Die Königin erwiderte: „Oh du mit der großen Stärke, du mögest um meinetwillen die Beleidigungen meines Sohnes Sisupala verzeihen, oh Tiger der Yadus. Wisse, dies ist der Segen, um den ich dich bitte, oh Herr.“ Da sprach Krishna: „Nun Tante, auch wenn er den Tod verdienen würde, ich will ihm hundert Vergehen vergeben. Traure nicht.“

Und Bhishma fuhr fort: Aus diesem Grund ist dieser Tor von Chedi König mit dem unwissenden Herzen so stolz auf den Segen, den ihm Krishna gewährte, und fordert dich zum Zweikampf.
 
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Sisupala Badha Parva – Tod von Sisupala


44 – Tadel und Verherrlichung von sich und anderen sind nicht die Mittel der Geachteten

Bhishma fuhr fort: Sein Wunsch nach einem Kampf mit dir, dessen Stärke keine Grenzen kennt, kann kaum sein eigener Wille sein. Sicher ist es Krishnas Absicht, dieses Herrn des Universums. Oh Bhima, welcher König auf Erden würde es sonst wagen, mich so zu beschimpfen wie dieser Narr, der schon dem Tod verfallen ist? Dieser Starkarmige ist ganz gewiß ein Teil von Haris Energie, und der Herr nimmt sich nun seinen Anteil zurück. Daher brüllt dieser König der Chedi mit dem gemeinen Herzen so laut wie ein Tiger. Doch dies soll uns wenig kümmern.

Die letzten Worte konnte Sisupala nicht mehr ertragen. Er antwortete Bhishma wütend:
Mögen unsere Feinde so viel heldenhafte Tatkraft besitzen, wie dieser Kesava, dessen Lob du nicht müde wirst zu singen, und für den du dich wieder und wieder von deinem Sitz erhebst. Wenn sich dein Geist daran ergötzt, andere zu preisen, dann besinge diese Könige hier ohne Krishna... Warum lobst du nur Krishna? ... Warum nur Krishna allein? ...

Doch was kann ich tun, wenn es scheint, daß du keine Lehren von den tugendhaften und altehrwürdigen Männern angenommen hast? Hast du denn noch nie vernommen, oh Bhishma, daß Tadel und Verherrlichung von sich und anderen nicht die Mittel der Geachteten sind? Niemandem hier gefällt dein unermüdliches und hingebungsvolles Lob des unwürdigen Krishna, denn du lobst aus Unwissenheit. Wie kannst du nur aus einem Wunsch heraus das ganze Universum in diesem Diener und Kuhhirten gegründet sehen? Vielleicht stimmt diese Neigung von dir ja gar nicht mir deiner wahren Natur überein, wie beim Vogel Bhulinga?

Dieser Vogel lebt auf der anderen Seite des Himalaya und spricht immer kluge Worte zu anderen: „Seid vorsichtig! Übereilt nichts!“Dabei versteht er nicht, daß er selbst immer unvorsichtig und begierig handelt. Mit wenig Klugheit pickt dieser Vogel die Fleischreste zwischen den Zähnen des Löwen heraus, während dieser selber frißt. Der Vogel lebt vom guten Willen des Löwen. Oh sündiger Narr, du sprichst wie dieser Vogel und lebst im guten Willen dieser Könige. Niemand sonst außer dir verliert sich so in eine Meinung, die niemand teilt.

Nach diesen rauhen Worten von Sisupala sprach Bhishma hörbar laut: Es ist wahr, ich lebe im guten Willen dieser Könige. Doch ich denke, sie gleichen trockenem Stroh.

Vaisampayana erzählte weiter: Sobald diese Worte ausgesprochen waren, entflammten die Könige im Zorn. Manchen standen die Haare zu Berge, und andere tadelten Bhishma für seine Rede. Die Träger von großen Bögen riefen laut: Bhishma ist alt, närrisch und viel zu prahlerisch. Er verdient keine Gnade. Wir sind zornig erregt und entschlossen, ihn wie ein Tier zu töten. Oder laßt uns gemeinsam handeln und ihn selbst wie Stroh verbrennen!

Doch der kluge Bhishma sprach zu den Herren der Erde: Ich sehe kein Ende dieser Reden, denn auf Worte folgen nur Worte. Hört, ihr Herren der Erde, was ich sage. Ob ihr mich nun wie ein Tier schlachten oder wie Stroh verbrennen wollt, ich setze ganz klar meinen Fuß auf die Häupter von euch allen. Hier ist Govinda, welcher keine Vernichtung kennt. Ihn habe ich verehrt. Wer sich einen schnellen Tod wünscht, soll den dunkelhäutigen Madhava zum Kampf fordern, diesen Träger von Diskus und Keule, soll in die Gottheit eintreten und sich fallend mit seinem Körper verbinden.
 
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Sisupala Badha Parva – Tod von Sisupala


45 – Tod des Sisupala

Auch diese Worte hörte der außerordentlich mächtige Herrscher von Chedi. Und in ihm erhob sich der Wunsch, mit Vasudev (Krishna) zu kämpfen.
So sprach Sisupala laut: Ich fordere dich, oh Janarddana! Komm und kämpfe mit mir. Ich werde heute noch dich und alle Pandavas besiegen. Denn die Söhne des Pandu haben all diese Könige hier übergangen und dich zuerst geehrt, der du kein König bist. So verdienen sie mit dir gemeinsam die Niederlage durch mich. Denn dies ist mein Entschluß, oh Krishna: Wer dich kindisch ehrt, als ob du es verdienen würdest, obwohl du ein Sklave und Lump und kein König bist, der verdient den Tod durch mich.

So stand dieser Tiger unter den Königen auf und ließ sein zorniges Schlachtgebrüll ertönen. Nachdem Sisupala zu Ende gebrüllt hatte, ergriff Krishna mit sanfter Stimme das Wort und wandte sich an alle Könige.

Krishna sprach: Ihr Könige, dieser Übelgesinnte ist der Sohn einer Tochter der Satwatas, doch er ist ein großer Feind von uns Satwatas. Niemals taten wir ihm ein Leid an, doch immer sucht er uns zu schaden. Er ist ein Narr der grausamen Taten, ihr Könige, denn als er hörte, daß wir in die Stadt Pragjyotisha gezogen waren, kam er und verbrannte Dwaraka. Und das als Sohn der Schwester meines Vaters! Während König Bhoja sich in den Bergen aufhielt, überfiel dieser hier seine Diener, tötete viele und führte andere in Ketten davon. Seine Absichten sind voller Sünde. Um das Pferdeopfer meines Vaters zu stören, entführte er gewaltsam das freilaufende Pferd, welches von bewaffneten Männern bewacht wurde.

Von Sünde verführt vergewaltigte er die sich wehrende Gattin des unschuldigen Vabhru (Akrur) auf ihrem Weg von Dwaraka ins Land der Sauviras. Dann demütigte er seinen Onkel mütterlicherseits. Er verkleidete sich als König Karusha und legte Hand an die unschuldige Bhadra, Prinzessin von Vishala, die Verlobte von König Karusha. Geduldig habe ich all dieses Leid geschehen lassen, um der Schwester meines Vaters willen. Doch das dies alles hier in Anwesenheit der vielen Könige geschah, ist sehr schicksalhaft. Denn ihr könnt alle sehen, welche Feindschaft Sisupala gegen mich hegt. Und wißt auch, daß er all dies hinter meinem Rücken getan hat. Für sein Übermaß an stolzem Hochmut, den er hier vor allen Monarchen gezeigt hat, hat er den Tod durch meine Hand verdient. Heute werde ich nicht die Beleidigungen vergeben, die jener mir antat. Er begehrte sogar Rukmini und mit ihr einen schnellen Tod. Doch er bekam sie nicht, wie ein Shudra nicht die Veden hören kann.

Vaisampayana fuhr fort: Nach dieser Rede rügten die versammelten Monarchen den Herrscher von Chedi sehr. Doch Sisupala lachte nur und sprach:
Oh Krishna, du schämst dich nicht, hier vor allen zu erzählen, daß Rukmini für mich bestimmt war? Oh Vernichter von Madhu, wer sonst außer dir würde es in einer Runde von geachteten Männern herausposaunen, daß seine Gattin für einen anderen gedacht war, und sich dabei als Mann fühlen? Oh Krishna, vergib mir, wenn du willst, oder laß es sein. Ob nun wütend oder freundlich gesinnt, was kannst du mir schon tun?

Während Sisupala noch sprach, dachte Krishna an seinen Diskus, welcher schon den Hochmut der Asuras gedemütigt hatte. Sofort erschien der Diskus in seiner Hand und der in der Rede geübte Krishna sprach laut:
Höret, ihr Herren der Erde, warum ich diesem bis jetzt vergeben habe. Seine Mutter flehte mich an, und so versprach ich, ihm hundert Beleidigungen zu verzeihen. Dies war der Segen, um den sie bat, und ich gewährte es ihr. Doch nun ist das Maß voll, ihr Könige, und ich werde ihn vor euren Augen töten.

Zornig erhob sich der Anführer der Yadus, schleuderte seinen Diskus und trennte dem Herrscher der Chedi im gleichen Moment den Kopf vom Rumpf. Und der starkarmige Held fiel wie ein Fels zu Boden, den der Blitz getroffen hatte.
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Alle Monarchen sahen ein gleißendes Licht, welches aus dem Körper von Sisupala entwich, sich dann vor dem lotusäugigen Krishna verneigte und in seinen Körper eintrat. Der Anblick erfüllte alle Könige mit wunderbarem Staunen. Als Krishna den König der Chedi getötet hatte, fiel Regen aus dem wolkenlosen Himmel, Windböen stürmten heran und die Erde erbebte.

Viele der Könige starrten in diesem unaussprechlichen Moment nur auf Krishna und blieben stumm sitzen. Andere rieben aufgeregt ihre Handflächen mit den Fingerspitzen oder bissen sich auf die Lippen. Manche der Vrishnis lobten Krishna im Stillen. Manche wurden wütend und andere fielen in Meditation. Die großen Rishis lobten Krishna mit freudigen Herzen und gingen davon. Auch die hochbeseelten Brahmanen und einige der mächtigen Könige wurden froh im Herzen beim Anblick von Krishnas Macht und priesen ihn.

Dann befahl Yudhishthir seinen Brüdern, mit allem Respekt und ohne zu zögern die Begräbnisriten für Sisupala durchzuführen. Die Brüder folgten gehorsam seinen Worten, und außerdem setzte Yudhishthira zusammen mit den anderen Königen Sisupalas Sohn auf den Thron des Herrschers von Chedi.

... Über allem wachte Krishna, und so konnte Yudhishthira zur rechten Zeit sein großes Opfer beenden. Denn der starkarmige Krishna rief seinen Bogen Sarnga, seinen Diskus und die Keule zu sich und beschützte das Opfer bis zum Schluß. ...

Nachdem alle Brahmanen und Könige wieder gegangen waren, sprach auch der mächtige Krishna Vasudeva zu Yudhishthira:
Oh Sohn aus dem Geschlecht der Kurus, mit deiner Erlaubnis möchte auch ich nach Dwaraka abreisen. Durch ein gutes Schicksal hast du das Beste aller Opfer, das Rajasuya, zum Abschluß gebracht.

Und Yudhishthira antwortete: Das Opfer wurde durch deine Gunst vollbracht. Es ist deinem Wohlwollen geschuldet, daß all diese mächtigen Könige dieser Erde meine Herrschaft anerkannten, zu mir kamen und wertvollen Tribut leisteten. Oh Held, ohne dich fühlt mein Herz kein Entzücken. Wie kann ich dich Sündenlosen ziehen lassen? Doch du mußt nach Dwaraka gehen. ...

Anschließend verabschiedete sich Krishna von Draupadi und Subhadra, und sie verließen die inneren Gemächer. Von Yudhishthira begleitet führte er seine Waschungen aus, absolvierte die täglichen Riten der Verehrung und bat die Brahmanen um ihren Segen. Dann kam der starkarmige Daruka mit dem vorzüglich gestalteten Wagen, welcher einer Wolke glich. Der hochbeseelte Krishna umschritt den Wagen, welcher Garuda im Banner trug, bestieg ihn respektvoll und setzte sich gen Dwaraka in Bewegung. Der mit Wohlstand gesegnete König Yudhishthira und seine Brüder folgten zu Fuß dem mächtigen Vasudev für eine Weile. Dann hielt Krishna mit den Lotusaugen seinen hervorragenden Wagen an, und sprach zu Yudhishthira, dem Sohn der Kunti:

Oh König der Könige, kümmere dich um deine Untertanen mit unermüdlicher Wachsamkeit und Geduld. Sei du die Zuflucht deiner Verwandten, wie die Wolken allen Wesen helfen, wie der große Baum seine Zweige für die Vögel ausbreitet und der Tausendäugige sich um die Unsterblichen bemüht.

Dann nahmen sie voneinander Abschied und gingen ihrer Wege. Nachdem Krishna fort war, weilten nur noch Duryodhana und Shakuni, der Sohn von König Suvala, diese beiden Bullen unter den Männern, in Yudhishthiras himmlischem Palast.
 
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Sisupala Badha Parva – Tod von Sisupala


46 – Vyasa kommt und spricht über die Zukunft
Niemand kann sich über den Einfluß der Zeit erheben.
Ertrage geduldig alle Entbehrungen
Spreche nur sanfte Worte
Übe dich in Tugend

Vaisampayana sprach: Als das so schwierig durchzuführende Rajasuya Opfer beendet war, erschien Vyasa mit seinen Schülern vor Yudhishthir. Sofort erhob sich Yudhishthir von seinem Sitz, ehrte mit seinen Brüdern den großen Rishi, seinen Großvater, und bot ihm einen Sitz und Wasser zum Waschen der Füße an. Nachdem der ruhmreiche Rishi auf einem kostbaren Teppich mit goldenem Muster Platz genommen hatte, sprach er zu Yudhishthir, dem Gerechten: „Nehmt eure Plätze wieder ein.“ Als alle saßen, ergriff der rede-geübte Vyasa erneut das Wort.

Vyasa sprach: Oh Sohn der Kunti, du wächst mit deinem guten Schicksal. Du hast die schwer erreichbare, imperiale Würde erlangt. Dies war auch ein Gewinn für alle Kauravas, du Erhalter deiner Linie. Oh Herrscher, du hast mich angemessen geehrt. Doch nun möchte ich mit deiner Erlaubnis weiterziehen.

Demütig seine Füße berührend antwortete Yudhishthira dem dunkelhäutigen Rishi: Oh Großvater, du Höchster aller Menschen, ein schwer zu zerstreuender Zweifel hat sich in mir erhoben. Oh du Bulle unter den Zweifachgeborenen, es gibt niemanden außer dir, der mich dieses Zweifels entledigen könnte. Der ruhmreiche Rishi Narada hat gesagt, daß drei Arten von Omen nach einem Rajasuya geschehen, nämlich himmlische, atmosphärische und irdische. Wurden diese Omen gestört durch den Fall von Sisupal?

Der inselgeborene Vyasa, Sohn des Parasara, antwortete ihm: Für dreizehn Jahre, oh König, werden diese Omen gewaltige Früchte tragen bis zur Vernichtung aller Kshatriyas. Im Laufe der Zeit wirst du zum Grund dafür werden, daß durch die Sünden von Duryodhan alle versammelten Kshatriyas dieser Erde mittels der Kraft von Arjuna und Bhima vergehen werden. Am Ende der kommenden Nacht wirst du in deinem Traum den blaukehligen Bhava (Shiva) sehen, den Vernichter von Tripura, wie er allseits in Meditation versunken aus einem menschlichen Schädel trinkt. Er hat den Bullen in seinem Zeichen, ist fürchterlich und schrecklich anzusehen, mit Dreizack und seinem Bogen Pinaka bewaffnet und trägt Tierfelle.

Er ist der Gott der Götter, der Herr aller Wesen, Gatte der Uma, und wird auch Hari, Vrisha und Sharva genannt. Du wirst ihn erblicken, so hoch und weiß wie der Gipfel des Kailash, wie er auf seinem Stier sitzt und ununterbrochen gen Süden starrt, wo der König der Pitris (Yama) residiert. Das wirst du heute träumen, oh König. Doch traure nicht wegen solcher Träume. Niemand kann sich über den Einfluß der Zeit erheben. Sei gesegnet. Ich werde nun zum Kailash reisen. Herrsche du über die Erde mit Achtsamkeit und Standhaftigkeit und ertrage geduldig alle Entbehrungen.

Nach diesen Worten ging der dunkelhäutige Vyasa mit seinen Schülern wieder fort, und König Yudhishthir dachte unablässig und bekümmert über seine Worte nach. Er dachte: „Wahrlich, was der Rishi gesagt hat, wird geschehen. Denn wer könnte das Schicksal nur mit Anstrengung allein abwehren?“ Nach einer Weile sprach er zu seinen Brüdern:
Ihr Tiger unter den Männern, ihr habt gehört, was der inselgeborene Rishi zu mir gesagt hat. Aufgrund seiner Worte wächst in mir eine feste Entschlossenheit: Wenn ich dazu bestimmt bin, die Ursache für die Vernichtung der Kshatriyas zu sein, dann sollte ich sterben. Ach meine Brüder, wenn dies die Zeit beschlossen hat, welchen Grund gäbe es für mich, dieses Leben zu erhalten?

Arjuna erwiderte ihm: Oh König, gib dich nicht solch dunklen Gedanken hin, welche aller Vernunft entbehren. Sammle deine innere Stärke und handle, wie es nützlich ist.
Darüber dachte der wahrhafte Yudhishthir nach, und immer noch an Vyasas Worten hängend, sprach er zu seinen Brüdern:
Seid gesegnet! Hört meinen Schwur. Von heute an habe ich kein anderes Ziel im Leben, als zu meinen Brüdern oder jedem König auf Erden nur sanfte Worte zu sprechen. Ich werde unserer Familie dienen, Tugend üben und meine Gelübde leben. Wenn ich so lebe und keinen Unterschied zwischen meinen eigenen Kindern und denen anderer mache, wird sich kein Streit erheben. Denn Streit ist die Ursache für Krieg in der Welt. So halte ich Krieg fern, und tue immer, was anderen angenehm ist. Das wird mir keinen bösen Ruf in der Welt einbringen, ihr Bullen unter den Männern.

Da lobten die Pandava Brüder die Worte ihres Ältesten, denn auch sie wünschten, der Welt nur Gutes zu tun. Nach diesem öffentlichen Schwur inmitten der Versammlung, stellte Yudhishthir auch alle Priester und Götter mit den rechen Zeremonien zufrieden. So lebten die Pandavas in ihrem Palast mit Duryodhana und Shakuni als ihren Gästen.
 
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Dyuta Parva – Das Würfelspiel

47 – Duryodhanas Mißgeschicke und sein Neid (siehe auch 2 Exodus 20 - Jehova ein neidischer Gott)

Vaisampayana erzählte: Während seines Aufenthaltes in der Versammlungshalle der Pandavas erkundeten Duryodhana und Shakuni nach und nach alle Gemächer der Palastanlage. Duryodhana bestaunte viel himmlischen Schmuck, den er zuvor nie in Hastinapura erblickt hatte. Eines Tages kam er an eine kristallene Oberfläche und dachte, dies wäre Wasser. Ahnungslos hob er seine Kleider an, bis er die Täuschung bemerkte und sich über sein Ungeschick ärgerte.

Etwas später hielt er einen kristallklaren Teich mit glitzernden Lotusblättern für eine feste Fläche und fiel mitsamt seinen Kleidern hinein. Bhima sah es mit an und lachte laut. Auch Arjuna, die Zwillinge und so manche von der Dienerschaft stimmten in das Gelächter ein. Sogleich brachten sie ihm zwar auf Befehl von König Yudhishthira trockene und schöne Kleidung, doch Duryodhana, welcher niemals eine Kränkung ertrug, konnte das Gelächter nicht hinnehmen. Zwar verschloß er seine Gefühle, doch er gönnte ihnen keinen einzigen Blick.

Als Duryodhana dann noch einmal ein glattes und trockenes Stück Fußboden mit Wasser verwechselte und seine Kleider anhob, lachten sofort alle los. Auch geschah es ihm, daß er eine durchsichtige, doch geschlossene Tür für offen hielt, und als er durchgehen wollte, sich heftig dem Kopf stieß. Umgekehrt irrte er sich auch. Vorsichtig näherte er sich einer vermeintlich geschlossenen Tür, die allerdings offen war. Und als er mit ausgestreckten Armen nach der Tür tastete, verlor er das Gleichgewicht und stolperte. Beim nächsten Mal versuchte er erst gar nicht, eine offene Tür zu öffnen, hielt sie für geschlossen und ging gleich weiter. So wurde König Duryodhana zum Opfer vieler Irrtümer im Palast der Pandavas und sah ständig die vielen Reichtümer vor sich, die im Rajasuya Opfer verteilt worden waren. Schließlich nahm er seinen Abschied und kehrte nach Hastinapura zurück.

Nun wandte sich König Duryodhanas Herz der Sünde zu, als er immer und immer wieder den Wohlstand der Pandavas und seine leidvollen Mißgeschicke dort bedachte. Er hatte gesehen, wie glücklich die Pandavas waren, wie gehorsam alle Könige der Erde ihnen folgten, und wie Jung und Alt ihnen allen nur Gutes wünschten. Er dachte an die herrliche Pracht und den prunkvollen Reichtum der ruhmreichen Söhne Pandus und wurde ganz bleich. Mit schwerem Herzen betrat er Hastinapur und konnte an nichts anderes denken, als an die unvergleichliche Versammlungshalle und die unerreichten Schätze Yudhishthiras. In Gedanken versunken sprach er nicht ein Wort zu Shakuni, auch als dieser ihn wieder und wieder ansprach.
 
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Dyuta Parva – Das Würfelspiel

48 – Shakuni schlägt das Spiel vor

Shakuni sprach: Oh Duryodhana, sei doch nicht so neidisch auf Yudhishthir. Die Söhne des Pandu erfreuen sich nun mal an dem, was sie aufgrund ihres guten Schicksals verdienen. Oh du Feindebezwinger und großer König, du konntest sie nicht vernichten, obwohl du es mit vielen Plänen und wiederholten Taten versucht hast. Es war mit Hilfe ihres guten Schicksals, daß diese Tiger unter den Männern jedesmal entkommen konnten. Sie gewannen sich Draupadi als Ehefrau und Drupada mit seinen Söhnen nebst dem ruhmreichen Vasudeva als Verbündete, mit denen sie die ganze Erde beherrschen können. Sie wurden nicht des Königreichs beraubt, bekamen ihren väterlichen Anteil und wuchsen aus ihrer Energie heraus. Warum leidest du deswegen?

Arjuna bekam den Bogen Gandiva, unerschöpfliche Köcher mit Pfeilen und viele himmlische Waffen, weil er Agni zu Diensten war. Durch die Kraft seiner Arme und wegen dieses vorzüglichen Bogens unterwarf er all die vielen Könige der Welt. Warum darüber klagen?

Nachdem er den Asura Maya mit Kraft und Geschick vor der Feuersbrunst gerettet hatte, erbaute er ihnen diese Versammlungshalle. Auf Befehl eben dieses Maya stützen nun die grimmigen Rakshasas namens Kinkars das Haus. Warum grämst du dich deswegen?

Du hast gesagt, oh König, du hättest keine Verbündeten. Doch das ist nicht wahr, oh Bharata. Deine Brüder folgen dir gehorsam. Der heldenhafte Drona, welcher den großen Bogen hält, sein Sohn, Karna, der große Krieger Kripa, ich selbst mit meinen Brüdern und König Saumadatti sind deine Verbündeten. Verbinde dich mit ihnen und erobere die ganze Welt.

Duryodhana antwortete: Oh König, mit dir und den anderen werde ich die Pandavas unterwerfen, wenn ihr es so wollt. Wenn ich sie bezwingen kann, wird die Welt mein sein! Und auch all die Monarchen und diese Versammlungshalle, die so überreich mit Schätzen angefüllt ist.

Shakuni sprach: Arjuna und Vasudev, Bhima und Yudhishthira, Nakula und Sahadeva, Drupada und seine Söhne – die können nicht im offenen Kampf besiegt werden. Nicht einmal die Himmlischen könnten das, denn sie sind alles treffliche Krieger, handhaben die größten Bögen, sind Meister aller Waffen und erfreuen sich am Kampf. Doch, oh König, ich kenne einen Weg, wie sogar Yudhishthir besiegt werden kann. Höre mir zu und folge meinem Rat.

Und Duryodhana bat: Oh erklär mir, Onkel, wie ich ihn ohne Gefahr für unsere Freunde besiegen kann.

Shakuni sprach: Der Sohn der Kunti wird ein Spiel nicht ablehnen, obwohl er nicht weiß, wie man würfelt. Wenn man ihn bittet, wird König Yudhishthir nicht in der Lage sein, sich zu weigern. Ich bin geschickt mit den Würfeln. Mir ist darin keiner ebenbürtig, nicht auf Erden und nicht in den drei Welten. So bitte ihn um ein Würfelspiel. Ich werde sein Königreich und seinen glänzenden Reichtum für dich gewinnen, oh Bulle unter den Männern. Doch Duryodhan, frage vorher König Dhritarashtra. Mit seiner Erlaubnis werde ich Yudhishthir ohne Zweifel all sein Vermögen abnehmen.

Da sprach Duryodhan: Oh Sohn des Suvala, erkläre du das meinem Vater Dhritarashtra, dem Anführer der Kurus. Ich werde nicht in der Lage sein, alles richtig zu erzählen.
 
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Dyuta Parva – Das Würfelspiel


49 – Der Geist ist schwer zufrieden zu stellen und Neid trägt viel dabei zu

Vaisampayana fuhr fort: So traten die beiden, Shakuni und Duryodhana, vor Dhritarashtra hin. Gandharis Sohn war noch ganz erfüllt vom großen Rajasuya Opfer König Yudhishthiras. Und Shakuni, welcher nun die Absichten Duryodhanas kannte und ihm wohl tun wollte, wandte sich an den thronenden Monarchen, dessen Auge seine Klugheit war.

Shakuni sprach: Wisse, oh großer König, daß Duryodhana, dieser Bulle der Bharatas, seine Gesichtsfarbe verloren hat, bleich, ausgemergelt und ein Opfer von Depression und Kummer ist. Warum fragst du deinen ältesten Sohn nicht nach der Quelle seiner Qualen und welches Leid ihm der Feind im Herzen verursacht?

Da fragte Dhritarashtra seinen Sohn: Duryodhana, was ist der Grund für deine Sorgen, oh Sohn der Kurus? Wenn es angemessen ist, daß ich davon erfahre, so sprich. Shakuni sagt, du bist bleich und traurig. Doch ich weiß nicht, warum. Meine großen Schätze gehören dir. Deine Brüder und alle unsere Verwandten tun nie etwas, was dir mißfällt. Du trägst die besten Kleider und genießt köstliche und reiche Nahrung. Die vorzüglichsten Pferde tragen dich. Was hat dich bleich und schwach gemacht? Kostbare Möbel, schöne Damen, herrliche Paläste mit allem Zierrat und die entzückendsten Vergnügungen warten nur auf dein Wort, wie es bei Göttern selbst der Fall ist. Warum also, oh du Stolzer, sorgst du dich, als ob du arm wärst?

Duryodhana antwortete: Ich esse, kleide mich und verbringe meine Zeit wie ein armer Wicht, denn ich bin ein Opfer von schneidendem Neid geworden. Nur der ist ein Mann, der den Stolz seines Feindes nicht erträgt und seine Untertanen kämpfend von der Tyrannei dieses Feindes erlöst. Genügsamkeit und Überheblichkeit gehen nicht mit Wohlstand Hand in Hand, oh Bharata. Und wer unter den Einfluß von Mitleid und Angst gerät, erreicht niemals etwas Hohes. Seit ich Yudhishthiras Wohlstand geschaut habe, stellt mich nichts mehr zufrieden. Der strahlende Glanz seiner Schätze läßt mich erbleichen. Auch wenn ich den Überfluß des Feindes gar nicht vor Augen habe, so sehe ich ihn doch in meiner Armut. Deswegen bin ich blaß, melancholisch und abgezehrt.

Yudhishthira bewirtete achtundachtzigtausend Snataka Brahmanen, welche ein häusliches Leben führen, und gab jedem von ihnen dreißig Dienerinnen. Außerdem essen täglich tausende Brahmanen in seinem Palast die köstlichsten Speisen von goldenen Tellern. Der König von Kamboja sandte ihm zahllose Felle in schwarz, dunkelbraun und rot vom Kadali Hirsch und Berge von hervorragenden Decken. Abertausende Elefanten- und Kamelkühe wandern innerhalb der Palasthöfe umher, denn die Könige der Erde brachten sie alle als Tribut in die Hauptstadt der Pandavas. Und, oh Herr der Erde, die Könige schenkten dem Sohn der Kunti zu seinem Opfer auch Berge von Juwelen, Edelsteinen und Perlen.

Niemals zuvor ward solch enormer Reichtum gesehen, wie er dem klugen Sohn des Pandu in diesem Opfer zuteil wurde. Nachdem ich diese Ansammlung von Schätzen gesehen habe, finde ich keinen Frieden mehr in meinem Geist, oh König. Hunderte Brahmanen, welche Yudhishthir mit Land und Kühen reich gemacht hatte, warteten mit ihren unzählbaren Gaben am Palasttor und konnten von den Wächtern nicht eingelassen werden. Auch als sie geklärte Butter in hübschen, goldenen Kamandalus brachten, wurde ihnen der Eintritt in den Palast verwehrt. Der Ozean selbst brachte ihm Krüge aus weißem Kupfer mit dem Nektar, der in seinen Wassern zu finden und so viel kostbarer ist, als der Saft, den die Blumen und Kräuter für Shakra geben.

Am Ende des Opfers brachte Vasudeva eine makellose Muschel, und badete Yudhishthira in Meereswasser, welches in tausenden, juwelenverzierten Goldkrügen herangeschafft worden war. Als ich das sah, fieberte ich vor Neid. Diese Gefäße waren am östlichen und südlichen Meeresufer gefüllt worden. Auch vom Ufer im Westen waren sie von starken Männerschultern herbeigetragen worden. Und niemand, oh Vater, außer den Vögeln kann in den Norden vordringen, doch Arjuna war dort und brachte reiche Beute heim. So höre denn, wie ich dir noch etwas Wunderbares berichte. Es war vereinbart, daß ein Chor von Muschelhörnern geblasen wird, wenn wieder hunderttausend Brahmanen bewirtet wurden.

Doch ich habe die Muschelhörner jeden Tag ununterbrochen gehört! Bei diesem Klang standen mir die Haare zu Berge. Die Palastanlage sah mit all den Monarchen als Zuschauern außerordentlich schön aus wie der wolkenlose Nachthimmel mit seinen strahlenden Sternen. Die Könige, die zum Opfer mit all ihren Geschenken gekommen waren, kümmerten sich wie Vaisyas um die Bewirtung der Brahmanen. Den prunkvollen Überfluß, den ich bei Yudhishthira sah, den findet man nicht beim Anführer der Himmlischen, noch bei Yama oder Varuna oder dem Gott des Reichtums. Seitdem brennt mein Herz, und ich kann mich keines Friedens erfreuen.

Shakuni meinte dazu: Oh höre, Duryodhana, wie du dir diesen unvergleichlichen Reichtum, den du bei Yudhishthira geschaut hast, zu eigen machen kannst. Oh du, welcher die Wahrheit als Kraft besitzest, ich bin ein Meister im Würfeln und darin allen auf Erden überlegen. Ich weiß, wann ein Wurf erfolgreich ist oder auch nicht, und wann man setzen kann und wann nicht, denn ich habe besondere Kenntnisse in diesem Spiel. Der Sohn der Kunti hat darin wenig Erfahrung. Und wenn man ihn bittet, ob zum Spiel oder zur Schlacht, wird er sicher vortreten. Dann werde ich ihn besiegen und bei jedem Wurf täuschen. Ich verspreche, all seinen Reichtum zu gewinnen, und du, Duryodhana, mögest dich am selbigen erfreuen.

Ohne einen Augenblick verstreichen zu lassen sprach Duryodhana zu seinem Vater Dhritarashtra:
Shakuni ist wahrlich ein Experte im Würfelspiel und bereit, die Reichtümer der Pandavas zu gewinnen. Oh König, gewähre ihm die Erlaubnis, es zu tun.

Doch Dhritarashtra entgegnete: Ich folge immer den Ratschlägen meines weisen Beraters Vidura. Ich werde mich mit ihm beraten und dich dann wissen lassen, wie ich mich entschieden habe. Er ist mit weiser Voraussicht gesegnet, hat immer die Moral vor Augen und wird raten, was gut und angemessen für beide Seiten ist und was in dieser Angelegenheit getan werden sollte.

Da widersprach Duryodhana heftig: Wenn du dich mit Vidura berätst, wird er dich davon abbringen. Doch wenn du mir meine Wünsche verwehrst, oh König, werde ich mich sicher töten. Und wenn ich tot bin, dann sei glücklich mit Vidura. Dann kannst du dich an der ganzen Erde erfreuen. Welche Verwendung hast du schon für mich?

Dhritarashtra hörte die bewegenden Worte seines Sohnes mit gemischten Gefühlen, und entschloß sich dann, ihm Genüge zu tun. Er befahl seinen Dienern:
Laßt sogleich von Handwerkern und Künstlern eine schöne, angenehme und weiträumige Halle erbauen mit hundert Eingängen und tausend Säulen. Schafft Zimmerleute und Schreiner herbei, und laßt sie die Wände mit kostbaren Steinen bedecken. Macht alles schön und einfach für den Gebrauch. Und berichtet mir, wenn alles fertig ist.

Bereits entschlossen, Duryodhana zu Genüge zu tun, sandte der König dennoch Boten zu Vidura und ließ ihn rufen. Denn niemals wollte er eine Entscheidung treffen, ohne Vidura zu befragen. Obwohl er von den bösen Seiten des Würfelspiels wußte, lag es doch auf der Hand, daß er von dem Plan angezogen war. Als der kluge Vidura von allem erfuhr, wußte er sofort, daß die Ankunft Kalis (aktueller Zeitalter) bevorstand. Er sah, wie sich die Pforte der Zerstörung zu öffnen begann, und eilte unverzüglich zu Dhritarashtra. Er trat vor seinen älteren Bruder, verneigte sich zu dessen Füßen und sprach folgende Worte:
Hoher König, ich billige keinesfalls den Entschluß, den du bereits geformt hast. Für dich, oh König, ziemt es sich so zu handeln, daß sich zwischen deinen Kindern kein Streit erhebt wegen eines Würfelspiels.

Dhritarashtra antwortete: Oh Khatta, wenn uns die Götter gewogen sind, wird sich niemals Streit unter meinen Söhnen erheben. Daher, ob nun glücksverheißend, wohltuend oder auch nicht, laß die freundschaftliche Herausforderung zum Würfeln zu. Denn das Schicksal hat es uns ohne Zweifel so bestimmt. Außerdem, wenn ich in der Nähe bin, nebst Drona, Bhishma und du, wird nichts Böses geschehen, auch wenn es uns das Schicksal zugedacht hätte. Laß die windesschnellen Pferde anspannen, besteige deinen Wagen, eile noch heute nach Indraprastha und bring Yudhishthira her. Ja, Vidura, das ist mein Entschluß. Sag nichts dazu. Ich erachte das Schicksal als Höchstes, welches uns dies alles bringt.

Vidura lauschte den Worten des Königs, war nun sicher, daß der Untergang seines Geschlechts bevorstand und begab sich traurig zum weisen Bhishma.
 
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Dyuta Parva – Das Würfelspiel


50 – Uneinigkeit ist der Untergang eines Königreichs und Neid der Untergang der Lebewesen

... Nachdem Dhritarashtra die Meinung Viduras gehört hatte, rief er nochmals Duryodhan zu sich und sprach vertraulich zu ihm:
Oh Sohn der Gandhari, du solltest vom Würfelspiel ablassen. Vidura spricht nicht gut darüber. Er ist wahrlich weise und würde mir niemals etwas raten, das schlecht für mich ist. Und ich erachte Viduras Meinung als außerordentlich nützlich für mich. Sei folgsam, mein Sohn, denn ich bin überzeugt, daß es auch für dich gut ist. Vidura kennt alle Mysterien und Künste, welche der ruhmreiche und weise Vrihaspati, dieser himmlische Rishi und spirituelle Führer von Indra, seinem Schüler entfaltet hat. Ich akzeptiere immer, was Vidura rät, mein Sohn. Der kluge Vidura wird unter den Kurus geachtet wie der weise Udhava unter den Vrishnis. Daher mein Sohn, laß ab vom Würfelspiel. Jeder weiß, daß die Würfel Streit bringen. Und Uneinigkeit ist der Untergang eines Königreichs.

... Oh du Starkarmiger, täglich regierst du das Reich, welches von Menschen und Reichtümern überquillt. Du strahlst wie der Anführer der Himmlischen und du bist klug. Erklär mir, was der Grund für deinen Kummer und die Quelle deiner Melancholie sein kann.

Duryodhana antwortete: Solange ich esse und trinke und den Wohlstand meines Feindes betrachte, bin ich ein sündiger Narr, oh König. Denn es wird gesagt, daß der Mann ein Narr ist, der ohne Ärger das Wohlergehen seines Feindes betrachten kann (Politische Wissenschaft). ... Der Himavat, der Ozean, die Regionen der Meeresufer und zahllose andere Länder, welche Juwelen und Edelsteine hervorbringen, dünken sich arm im Vergleich zu Yudhishthiras Haus. ... Nun, Yudhishthir empfing mich respektvoll und gab mir dann die Aufgabe, all die geschenkten Perlen und edlen Steine in Empfang zu nehmen. Ach Bharata, ich habe niemals zuvor solch wertvolle und auserlesene Schätze gesehen. Meine Hände waren schnell müde im Empfangen. Und als ich mich ausruhte, da warteten die Gäste geduldig, bis ich wieder in der Lage war, meine Aufgabe zu erfüllen.

Als der Asura Architekt Maya den Palast für die Pandavas erbaute, schuf er eine makellose, wassergleiche Fläche aus Kristall und brachte dazu Perlen aus dem See Vindu (Bindu) herbei. Als ich die künstlichen Lotusblüten darin sah, dachte ich, sie wären echt und meinte fälschlicherweise, hier wäre Wasser. Doch als ich meine Kleider hob, damit sie trocken blieben, lachte mich Bhima aus, weil er meinte, ich Armer würde keine Juwelen erkennen können und wäre verwirrt beim Anblick des Überflusses meines Feindes. Wenn ich nur könnte, würde ich Bhima dafür sofort töten. Doch, oh König, wenn wir versuchen würden, Bhima zu schlagen, wäre uns Sisupalas Schicksal gewiß. Oh Bharata, diese Demütigung durch den Feind brennt in mir. ...
 
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51 – Der neidische Duryodhan beschreibt den Reichtum der Pandavas

Duryodhana fuhr fort: Höre nun, oh Bharata, von all den kostbaren Geschenken, welche die König der Erde den Söhnen des Pandu brachten. Als ich diese Pracht sah, verlor ich den Verstand und kannte mich kaum selbst wieder. Es gab dort alles zu sehen, was Handwerker erschaffen und auch Bauern erwirtschaften können.

Der König von Kamboja gab unzählige Felle der besten Sorte und wollene Decken aus dem weichen Haar von Mäusen und anderen Tieren, die unter der Erde leben, auch aus dem Haar von Katzen und alle waren mit Goldfäden durchwirkt. Auch gab er dreihundert Tittiri und Kalmasha Pferde, deren Nasen wie Papageienschnäbel geformt waren. Dann gab er noch dreihundert Kamele und genauso viele Eselinnen, die mit Pilusha und Oliven fett gefüttert waren.

Viele Brahmanen waren mit Viehhüten oder anderen niedrigen Arbeiten dem gerechten und ruhmreichen Yudhishthira gefällig. Auch warteten viele von ihnen vergeblich am Palasttor, um Berge von Geschenken zu bringen. Hunderte über Hunderte Brahmanen, welche von den Kühen und dem Land lebten, welches ihnen Yudhishthira gegeben hatten, kamen mit goldenen Kamandalus randvoll mit geklärter Butter, und konnten trotz dieser kostbaren Gaben nicht in den Palast eingelassen werden.

Die Sudra Könige aus den Ländern am Meeresufer übergaben hundert tausend Karpasika Dienerinnen mit schönen Gesichtern, zarten Taillen, glänzendem Haar und mit Gold geschmückt. Außerdem brachten sie als Tribut für König Yudhishthira unzählige Felle vom Ranku Hirsch, die eines jeden Brahmanen würdig waren. Die Vairamas, Paradas, Tungas, Kitavas und all die anderen Stämme, welche in den Gegenden der Meeresstrände geboren waren, in den Wäldern oder in Ländern von der anderen Seite des Ozeans, ob sie nun von Getreide lebten, welches vom Regen aus dem Wolken oder von Flußwasser getränkt wurde – sie alle warteten am Palasttor vergeblich auf Einlaß, obwohl sie Ziegen und Kühe, Esel und Kamele, Honig und Decken, Juwelen und edle Steine als Geschenke bei sich trugen.

Der große Kriegerkönig Bhagadatta, der tapfere Herrscher von Pragjyotisha und der gewaltige Souverän der Mlechas warteten an der Spitze einer riesigen Anzahl von Yavanas am Tor und kamen nicht herein mit ihrem prächtigen Tribut von windesschnellen Pferden der besten Zucht. Schließlich konnte König Bhagadatta nicht länger auf den Einlaß warten. Er ging wieder fort und hinterließ prachtvolle Schwerter mit Griffen aus reinstem Elfenbein und den schönsten Diamanten geziert.

Alle Völker waren dort am Palasttor versammelt, um Tribut zu zahlen, und vielen wurde der Eintritt verwehrt. Da waren Menschen mit zwei oder auch drei Augen, manche hatten ihre Augen auf der Stirn und manche der Wartenden hatten nur ein Bein, oh König. Da waren Aushnikas, Nishadas, Romakas und auch Kannibalen. Deren Herrscher führten als Tribut zehntausend schöngefärbte Esel mit sich mit schwarzen Nacken und riesigen Körpern, die alle an der Küste von Vankhu geboren waren. Allerorten lobte man sie für ihre Schnelligkeit und Fügsamkeit.

Die meisten Könige gaben Yudhishthira Gold und Silber, doch nur manche von ihnen erhielten Einlaß in den Palast. Die einbeinigen Völker brachten Yudhishthira wilde Pferde. Manche von ihnen waren so rot wie Marienkäfer, andere trugen alle Farben des Regenbogens und andere glichen Abendwolken. Sie alle waren so schnell wie der Gedanke und trugen das beste Gold zu Yudhishthira. I

ch sah auch zahllose Chins, Shakas, Uddras und Barbarenvölker aus den Wäldern, sowie Vrishnis, Hara-hunas und die düsteren Leute vom Himavat neben vielen Nipas am Palasttor warten. Die Menschen von Valhika gaben dem König zehntausend Esel, welche am Tag zweihundert Meilen schafften. Sie waren von vorzüglicher Gestalt, wohltrainiert und überall gut angesehen, wegen ihrer ebenmäßigen Proportionen, ihren schönen Färbungen und dem weichen Fell, welches sich sehr angenehm anfühlte.

Die Valhikas gaben auch noch Berge von wollenen Decken, welche in Chin gefertigt worden waren, Ranku Hirschfelle und Kleider aus Jute und Seide. Viele der weichen Kleider waren aus anderen Fasern als Baumwolle gefertigt und waren so schön gefärbt, wie der Lotus. Auch gaben sie warme Schaffelle zu tausenden, scharfe und lange Schwerter, Dolche, Krummsäbel und scharfkantige Streitäxte, die in den westlichen Ländern gefertigt worden waren. Mit all ihrem Parfüm, den Juwelen und Diamanten warteten sie am Tor des Palastes, und konnten doch nicht eingelassen werden.

Die Shakas, Tukharas, Kankas, Romakas und Männer mit Hörnern brachten als Tribut große Elefanten, zehntausend Pferde, Millionen Goldmünzen und warteten wie alle anderen auf Einlaß. Die Könige der östlichen Länder präsentierten kostbare Teppiche, Wagen, Betten und Rüstungen, alles mit Gold, Elfenbein und Juwelen in allen Farben verziert, und auch Waffen und Streitwagen verschiedenster Formen und Größen und von der schönsten Handwerkskunst, wohltrainierte Pferde, die mit Tigerfellen bedeckt waren, reiche und bunte Decken für Elefanten, Perlen, Gold und Edelsteine, und sie erhielten die Erlaubnis, in den Palast der ruhmreichen Pandavas einzutreten.
 
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52 – Duryodhana erzählt weiter von den Völkern und ihrem Tribut beim Opfer

Duryodhana fuhr fort: Oh Sündenloser, höre mir zu, wie ich dir die Mengen von Reichtum beschreibe, wie sie die verschiedensten Könige der Erde Yudhishthira als Tribut mitbrachten. Die Khashas, Ekasanas, Arhas, Pradaras, Dirghvenus, Paradas, Kulindas, und all die Tanganas, welche in der Nähe des Flusses Shailoda leben, wie er zwischen der Bergen Meru und Mandara fließt, und welche sich am erfrischenden Schatten der Kichaka Bambushaine erfreuen, brachten Berge von Gold in ganzen Krügen herbei. Dieses Gold war von Ameisen aus der Erde gewonnen worden und trägt auch ihren Namen.

Die kraftvollen Stämme der Berge brachten zahllose weiche Chamaras, manche schwarz und andere so weiß wie die Strahlen des Mondes, weiterhin süßen Honig von den Blumen des Himavat und von Mechelia Champaka, Blumenkränze aus der nördlichen Kuru Region, und Kräuter aus dem Norden, sogar vom Kailash. Sie warteten mit geneigten Köpfen am Palasteingang und erhielten keinen Eintritt. Ich sah auch viele waffenstrotzende Anführer der Kiratas, welche immer zu heftigen Taten neigen, Früchte und Wurzeln essen, in Felle gehüllt sind und an den nördlichen Hängen des Himavat leben, am Fuße des Berges, hinter dem die Sonne aufgeht, in der Region um Karusha am Meeresufer und an beiden Flanken des Lohita Gebirges.

Sie hatten Wagenladungen von Sandel, schwarzer Aloe, kostbare Felle, Gold und Parfüme mitgebracht, weiterhin zehntausend Dienerinnen aus ihren eigenen Reihen, viele schöne Tiere und Vögel aus fernen Ländern. Auch sie warteten am Tor, ohne Einlaß zu erhalten. Die Kairatas, Daradas, Darvas, Shuras, Vaiamakas, Audumvaras, Durvibhagas, die Paradas mitsamt den Vahlikas, die Kashmiras, Kumaras, Ghorakas, Hansakayanas, Shivis, Trigartas, Yaudheyas, die Herrscher der Madras und Kaikeyas, die Amvashtas, Kaukuras, Tarkshyas, die Vastrapas und auch die Palhavas, die Vashatayas, Mauleyas, Kshudrakas, Malavas, Paundryas, Kukkuras, Shakas, Angas, Vangas, Pundras, Shanavatyas und die Gayas – all diese edlen und wohlgeborenen Kshatriyas, welche wohlgeordneten Klans angehören und im Waffengebrauch geübt sind, brachten König Yudhishthira Berge von Tribut.

All die Vangas, Kalingas, Magadhas, Tamraliptas, Supundrakas, Dauvalikas, Sagarakas, Patrornas, Shaishavas, und viele, viele Karnapravaranas präsentierten sich am Palasttor. Ihnen wurde auf Geheiß Yudhishthiras von den Wächtern gesagt, daß ihnen der Einlaß gewährt würde, wenn sie warten könnten und guten Tribut mit sich führten. So schenkten die Monarchen jener Völker tausend lotusgleiche Elefanten mit Stoßzähnen wie Pflugscharen, Gurten aus Gold und feinen Decken geschmückt. Sie waren alle dunkel und stark wie Felsen, allseits brünstig, kamen aus der Gegend des Kamyaka Sees und waren ringsum gepanzert. Sie waren sehr geduldig und von feinster Zucht. Mit diesem Tribut erhielten die Könige die Erlaubnis zum Eintritt in den Palast.

Chitraratha, der König der Gandharvas und Freund Indras, gab vierhundert windesschnelle Pferde. Der Gandharva Tumburu gab freudig hundert Pferde von der Farbe der Mangoblätter und mit Gold verziert. Und, oh du aus dem Geschlecht der Kurus, die gefeierten Könige der Mlechas, Shukaras genannt, gaben hundert vorzügliche Elefanten. Virata, der König der Matsya, gab zweitausend vor Kraft und Saft strotzende Elefanten mit goldenem Geschirr. König Vasudana aus dem Königreich der Panshu bot dem Sohn des Pandu sechsundzwanzig Elefanten nebst zweitausend Pferden, alle mit Gold geschmückt, schnell, stark und in der Blüte ihrer Jugend, und viel anderen Reichtum an. Yajnasena schenkte dem Sohn des Pandu vierzehntausend Mädchen als Dienerinnen, auch zehntausend Diener mit ihren Ehefrauen, viele hundert hervorragende Elefanten, sechsundzwanzig Streitwagen und sein ganzes Königreich.

Vasudeva aus dem Geschlecht der Vrishnis gab vierzehntausend vorzügliche Elefanten, um Arjunas Würde zu vergrößern. Wahrlich, Krishna ist die Seele Arjunas, und Arjuna ist die Seele Krishnas. Was auch immer Arjuna aussprechen mag, Krishna wird es sicher vollbringen. Krishna würde für Arjunas Wohl dem Himmel selbst entsagen, und Arjuna für Krishna sein Leben opfern.

Die Könige von Chola und Pandya brachten zahllose goldene Gefäße mit duftender Sandelpaste aus dem Malaya Bergen, Aloe von den Dardduras Hügeln, viele große Brillianten von strahlender Schönheit und treffliche, golddurchwirkte Kleidung, und doch wurde ihnen der Einlaß verwehrt. Der König von Singhalas gab den besten meerschaumgeborenen Lapislazuli, Berge von Perlen und hundert Elefantendecken. Viele dunkelhäutige Männer mit kupferroten Augenwinkeln standen in juwelendurchwirkter Kleidung mit ihren Geschenken am Tor, neben Scharen von Brahmanen, besiegten Kshatriyas, auch Vaisyas und dienenden Shudras, welche voller Liebe zu Yudhishthira mit Geschenken auf ihn warteten. Auch all die Mlechas führte Liebe und Respekt an den Hof von Yudhishthira. So machten all diese verschiedenen Klassen und Rassen von Menschen, gute, niedere, mittelmäßige und aus unterschiedlichsten Ländern den Hof Yudhishthiras zum Inbegriff der Welt.

Als ich Tag für Tag mit ansah, wie die Könige der Erde meinem Feind all diese kostbaren Geschenke brachten, da wünschte ich mir vor Kummer den Tod. Doch laß mich nun von den Dienern der Pandavas erzählen und den Menschen, für die Yudhishthira alle Arten von Essen zubereiten ließ. Es hatten sich hundert tausend Millionen von Elenfanten mit ihren Führern versammelt, Kavallerie und hundert Millionen Wagen nebst unzählbaren Fußsoldaten. An manchen Orten wurde rohes Essen vorbereitet, an anderen gekochtes und wieder an anderen Orten alles ausgegeben und verteilt. Der Klang des Festes war überall zu hören. Unter allen Menschen aller Kasten sah ich im Hause Yudhishthiras nirgends einen einzigen, welcher nicht ausreichend Essen, Trinken und Ornamente zur Verfügung gehabt hätte.

Achtundachtzig Snataka Brahmanen, welche dank Yudhishthira ein bequemes Hausleben mit jeweils dreißig Dienerinnen führen, sind mit dem König vollauf zufrieden und beten ununterbrochen für die Vernichtung seiner Feinde. Zehntausend asketische Brahmanen mit beherrschtem Lebenssaft essen täglich von goldenen Tellern in Yudhishthiras Palast. Bevor sie selbst Nahrung zu sich nimmt, sorgt Yajnaseni (Draupadi) täglich dafür, daß alle genügend zu essen haben, auch die Verunstalteten und Zwerge. Nur zwei Parteien leisteten dem Sohn der Kunti keinen Tribut, oh Bharata. Einmal die Panchalas wegen ihrer Verbindung durch Heirat und dann die Andhakas und Vrishnis wegen ihrer Freundschaft.
 
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