Lebenslänglich!

G

Garima

Guest
Liebe Freunde,

ich habe mal von einem traumdeutenden Psychiater (Friedrich W. Doucet, es gibt ein Buch) gelesen, dass er bei einem neuen Patienten den ersten erzählten Traum als eine Art lebensüberschattenden, wichtigsten Traum ansieht. So einen Traum hatte ich vor Jahrzehnten, könnte mindestens 25 Jahre her sein. Dieser Traum ist mir unvergesslich und ich habe bis heute noch keine so richtig klare Deutung dafür.

Ich reite auf einem Pferd durch eine Ortschaft. Links neben mir reitet ein Mann. Wir kommen an eine Ampel, die auf Rot steht. Der Mann neben mir hält sein Pferd an. Mein Pferd hält nicht, ich kriege es nicht zum Stehen.

Direkt hinter der Straßenkreuzung werde ich von der Polizei aufgehalten. Ich habe ja die Regeln übertreten. Die Polizei bringt mich an Ort und Stelle, also direkt an der Kreuzung, in ein Gefängnis. Dieses Gefängnis hat an den Fenstern kein Glas, so, wie ich es in billigen Hotels erlebt habe, wo ich in Indien länger wohnte.

Ich bin nun also in dem Gefängnis. Und ich weiß genau, hier werde ich nie wieder herauskommen. Es sei denn, der inzwischen verschwundene Mann käme zurück, um den Polizisten zu erklären, dass ich nicht absichtlich bei Rot über die Kreuzung geritten bin, sondern dass mein Pferd mir nicht folgte. Ich weiß aber auch, dass das nicht ganz die Wahrheit wäre. Denn ich hatte keine größeren Anstrengungen unternommen gehabt, um das Pferd zum Stehen zu bringen.


Es würde mich freuen, wenn ich neue Tipps für die Deutung bekäme.

Bisher habe ich den Traum immer so gedeutet, dass ich in meiner körperlich-sinnlichen Lebensfreude bzw. in meiner Sexualität über's Ziel hinausgeschossen bin und dass deshalb mein eigenes schlechtes Gewissen (Polizei) mich gefangen hält. Hierbei habe ich aber kein "Aha-Erlebnis", das ich normalerweise bei richtig gedeuteten Träumen spontan habe.

Dazu ist zu sagen, dass ich seit ca. 30 Jahren körperlich chronisch krank bin. Ich habe diese Krankheit, seitdem ich in Indien war. Chronisch wurde die Krankheit, nachdem mein damaliger Freund mich (ich weiß, bin selbst schuld) jahrelang daran hinderte, mich in einem Tropeninstitut untersuchen zu lassen.

Ich dachte deshalb öfter daran, dass dieses Gefängnis vielleicht meine Krankheit darstellen soll, die ich nicht mehr loswerde.
 
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Vielleicht wusste das Pferd, dass du stark genug für diese Aufgabe bist?
Und hat dich absichtlich über's Ziel hinausschießen lassen?
 
Du meinst also, dass ich "das Gefängnis" als meine Aufgabe ansehen könnte? Dass es also kein "Unfall" war, was passiert ist, sondern sozusagen Schicksal?
Das Pferd sehe ich allerdings nicht als mir übergeordnet an, sondern eher als meinen instinktiven Anteil, den ich eigentlich unter Kontrolle haben sollte.
 
Hallo!

Ich würde die rote Ampel als Grenze deuten.
Du hast vielleicht - ist jetzt nur eine Vermutung von mir, weil ich dich nicht kenne - die Grenzen deiner Mitmenschen nicht zur Kenntnis genommen - das Pferd, das über die rote Ampel hinausschießt. Deshalb hast du dich selbst in dieses lebenslängliche Gefängnis (Krankheit) gebracht. Die Lösung im Traum wäre, dass du lernst, die Grenzen anderer (und wahrscheinlich auch deine eigenen) zu wahren, um aus dem Gefängnis wieder herauszukommen.

Liebe Grüße
 
Hallo chanda,

ich denke, es geht hier in diesem Traum, um eine konkrete Situation in deinem Leben, die sich damals, bevor du diesen Traum hattest, ereignet hat.

Du reitest auf einem Pferd. Das Pferd steht hier für deine ungezügelte Energie auf deinem Lebensweg vorwärtszukommen. Der Mann, welcher neben dir reitet, untermauert die Symbolik dahingehend, als dass dieser Mann deinen Willen und Ehrgeiz widerspiegelt deine Ziele zu erreichen. Dieser Mann steht für deinen Verstand.

Damals ging es um eine Sache, bei der du voller Tatkraft warst und unbedingt ein Ziel erreichen wolltest und dich selbst durch Hindernisse (rote Ampel) nicht aufhalten ließt. Du hast "gesellschaftliche" Grenzen überschritten und Regeln gebrochen, in dem du diese rote Ampel im Traum überritten hast.

Dein Verstand dagegen sagte dir ganz deutlich: Halt! - denn dieser Mann (= dein Verstand) hielt an der Kreuzung an und hat diese rote Ampel (das Stopp deiner Umgebung, deines sozialen Umfeldes) akzeptiert. Nur du wolltest nicht anhalten, hast dich von deinen Trieben zur Grenzüberschreitung verleiten lassen und einen neuen Lebensweg eingeschlagen (Kreuzung).

Als du deinen Fehler bemerktest, schlich sich dein Gewissen ein (Polizei) und du musstest vor dir selbst Rechenschaft ablegen, denn du bist dir dessen bewusst, dass diese Grenzüberschreitung nicht in Ordnung war.

Dein Gewissen sperrt dich in ein Gefängnis und dieses Gefängnis ist in dir drin. Das Gefängnis symbolisiert ähnlich wie das Haus deine Seele - nur mit dem Unterschied, dass man selbst einsperrt ist. Es geht um eine Strafe, die man sich selbst auferlegt hat aufgrund deines schlechten Gewissens damals einen Fehler gemacht zu haben und zu weit gegangen zu sein.

Lebenslänglich bedeutet, dass du Zeit deines Lebens mit diesem Fehler leben musst und du dir das bisher selbst nicht verziehen hast - da dein Verstand damals wusste, dass du dabei bist einen Fehler zu begehen und trotzdem hast du nichts unternommen (nicht dein Pferd gezügelt) um diese Straftat zu verhindern.

Du bestrafst dich selbst und es geht darum dir selbst diesen Fehler zu verzeihen. Der Grund warum dich nur dieser Mann aus dem Gefängnis befreien kann, ist die Erkenntnis, dass du die Vergangenheit nicht mehr ändern kannst (Mann=Verstand und damit das verstehen, dass du damals so gehandelt hast, wie du gehandelt hast). Es geht darum zu verstehen, dass es ein Fehler war übers Ziel hinauszuschießen, ABER auch dir selbst zu verzeihen und dich aus deinem selbstgemauerten Gefängnis mithilfe deines Verstandes zu entlassen.

Liebe Grüße
Alissa
 
Hallo Mongol,

das ist schon auch eine gute Annäherung, das mit der Grenze. Allerdings habe ich in meinem Leben hauptsächlich meine eigenen Grenzen nicht gewahrt. Ich habe mich hauptsächlich immer an meinen eigenen Bedürfnissen und Interessen versündigt

Mir liegt es nahe, den im Traum unbekannten Mann vielleicht mit dem früheren Freund in Verbindung zu bringen, mit dem ich in Indien und danach in Deutschland zusammen war. Der blieb also stehen an der Kreuzung. Das heißt aber auch, dass er einen anderen Weg gewählt hatte als ich. Eine Kreuzung sollte ja auch eine Entscheidungssituation sein, man könnte da rechts oder links abbiegen.

Vielleicht soll der Mann aber auch mein eigener innerer männlicher Anteil sein. Der mir abhanden gekommen ist. In der Tat habe ich wohl meine Weiblichkeit immer viel stärker ausgelebt und vor meinem inneren Mann eher Angst gehabt.

Ich sollte vielleicht noch dazu sagen, dass der frühere Freund mir einmal in einer extrem aggressiven Stimmung Krebs an den Hals bzw. in den Bauch gewünscht hatte. Was sensible Seelen womöglich sogar als Verfluchung ansehen könnten.
 
Danke Alissa,
für diese interessante Deutung! Das hatte ich noch nicht in meinem Traumvokabular, dass ein Mann auch für den Verstand stehen kann. Sehr interessant!

Ich müsste dann nur noch herausbekommen, welchen Fehler ich mir selbst nicht verzeihe.
 
...ich glaube, das exakte Ereignis, das mir damals den Traum auslöste, bekomme ich nicht mehr heraus. Zu viele Jahre sind schon vergangen. Aber ich kann den Traum als wichtigen Hinweis darüber sehen, dass ich mir meine Fehler verzeihen muss. Wichtig muss das deshalb sein, weil ich den Traum einfach nicht vergessen kann.
 
Hallo chanda,

ja das ist etwas schwierig im nachhinein eine Erklärung für den Traum zu finden, wenn er schon Jahrzehnte her ist, denn die Ursache für diesen Traum kann auch eine ganz banale Auseinandersetzung sein, wo du hinterher gedacht hast, ich hätte nicht so übers Ziel hinausschießen und mich etwas mehr zügeln sollen. Aber das ist nach so langer Zeit nicht mehr nachvollziehbar. Es ist schade, aber es ist so. Und die Quintessenz dieses Traumes ist sicherlich, sich nicht selbst für irgendwelche Dinge, die man hätte anders machen können, zu bestrafen - sondern sich selbst diesen Fehler zu vergeben und versuchen, es das nächste Mal besser zu machen.

Liebe Grüße
Alissa

PS: Das führen eines Traumtagebuches kann helfen, solche Erinnerungslücken zu vermeiden:)
 
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PS: Das führen eines Traumtagebuches kann helfen, solche Erinnerungslücken zu vermeiden

Ich führe seit vielen Jahren Traumbücher. Diese haben sich schon zu ganzen Ordnern ausgewachsen. Wäre vermutlich für einen Traumforscher hochinteressant. Aber man schafft es nie, wirklich jeden Traum aufzuschreiben. Manchmal, wenn der Wecker klingelt oder die Türklingel oder wenn der Hund plötzlich bellt, dann ist man so abrupt wach, dass man den ganzen tollen Traum vergessen hat.
 
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