Kommissar Larix löst den Fall Loreley

Was mir beim Studium der Akten auffiel:

Jene Schiffe waren alle hoch versichert, und trugen angeblich alle besonders kostbare Fracht.
Die Versicherungen zahlten anstandslos.
Aus heutiger Sicht erscheint das seltsam.
Denn Nixen als Grund von Schiffs-Untergängen, das passt nicht zu unserem Verständnis der Welt.
Im 19. Jahrhundert aber war man noch nixinnen- und nixen-gläubig.
Und so konnte es zu einem Versicherungsbetrug von gigantischen Ausmaßen kommen, den ich post facto aufzuklären imstande war.
 
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Was mir auffiel:

Als Eigner der verunglückten Schiffe waren wechselnde Firmen eingetragen.
Meist mehr oder weniger unbekannte internationale Konzerne.
Doch tauchte bei den Vorstandsmitgliedern jener Konzerne immer wieder Namen dieser Art auf:

Michael Holländer
Michi Holländer
Micaela Holländer
Michael Niederländer
Flying Dutchman
Michelangelo Dutch
und sogar ein gewisser Dutch Schultz (eigentlich: Arthur Flegenheimer)

Also sagte ich mir: Mafia, ick hör dir trappsen!
 
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Nixen, Nixinnen, und Nöcks!

Mir wurde bald klar, dass ich da einem historischen Versicherungs-Schwindel auf der Spur war.
Als Drahtzieher vermutete ich einen gewissen Michael Holländer, vulgo auch Holländermichel genannt.
Ein ausgebuffter Krimineller, if ever there was one!

Und als Komplizin vermochte er eine gewisse Lore Lay zu gewinnen, ihres Zeichen eine sehr schöne und liebenswerte Schwarzwaldnixe.
 
So sah das raffinierte Geschäftsmodell des Michael Holländer aus:

Frau Lore Lay sollte sich immer mal wieder in der Umgebung des Felsens zeigen, der dann später nach ihr benannt wurde. Und dabei mit nichts weiter bekleidet als mit ihren schönen langen blonden Haaren. Sowohl unbekleidet als auch unbegleitet. Eine eindrucksvolle Erscheinung, wie ich bemerken möchte. Die Nachricht von ihrer über-irdisch schönen Erscheinung verbreitet sich wie ein Lauffeuer im Gebiet des Mittel-Rheines aus, und auch darüber hinaus.

Ihr Erscheinung war aber nur eine Tarnung. Sie sollte den von Michael Holländer bestochenen und korrupten Rhein-Schiffern einen Vorwand und eine Ausrede liefern, wenn sie ihre Schiffe mit voller Absicht gegen den Felsen steuerten!

Bei grober Fahrlässigkeit und/oder Trunkenheit am Steuer-Rad hätten die Versicherungen nicht gezahlt. Aber mit dem Argument der Ablenkung durch Zauberkräfte ließen sich die Versicherungs-Gesellschaften übertölpeln - im 19. Jahrhundert jedenfalls noch.
 
Anyway, diese Geschäftsidee des Michael Holländer wurde ein großer Erfolg!
Der Rubel rollte - wie Michi es wollte - und niemand schmollte .

Michi und Lore hatten ein sehr schöne Zeit.
Der Rheinwein floss in Strömen!

Aber - wie ein altes Sprichwort sagt: Die Bäume wachsen nicht in den Himmel.
Als Heinrich Heine dichtete: "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten ..."
- da war die hohe Zeit der Lore Lay erreicht - und schon fast etwas überschritten.
Es gab misstrauische Nachfragen - da und dort grummelte es im Volk ...
 
Die zuständige Polizeidirektion Koblenz erteilte Anweisung, der Sache nachzugehen.
Und so machten sich 2 Dorfpolizisten aus Bacharach und Lorch schließlich eines schönen Morgens auf, um Frau Lore Lay zu interviewen.

Kein offizielles Verhör, nein nein.
Nur eine erste vorsichtige Sondierung, ein freundliches Gespräch.
Haftbefehl lag ja keiner vor.
 
Als die zwei Polizisten in die Nähe des Loreley-Felsens kamen, mussten sie nicht lange suchen. Frau Lore Lay weilte gerade an ihrem Stammplatz.
Ja, sie saß dort oben wunderbar. Ihr goldnes Geschmeide blitzte, und sie kämmte ihr goldenes Haar.

Aber sie kämmte es nicht etwa mit einem normalen Kamme, nein, sie kämmte es mit einem goldenem Kamme.
Und sie sang ein Lied dabei. Das hatte eine wundersame, gewaltige Melodei.

Ergriff es die beiden Polizisten mit wildem Weh? Nein, sie waren im Dienst.
Und sie hatten auch eine ungefähre Ahnung, was das alles bedeuten sollte.
Ja, im Gegensatz zu Heinrich Heine wussten sie sogar recht gut, was das alles bedeuten solle .....
 
Die beiden Polizisten stiegen nun also den Berg hinan und stellten sich vor, wie man das von "Inspektor Barnaby" kennt. Sie zeigten ihre Ausweise, und der Chef sagte knapp und sachlich: "Polizei-Obermeister Fritz ... und hier mein Assistent Polizei-Meister Schmitz. Wir sind von der Polizei-Inspektion Bacharach am Rheine. Haben wir die Ehre mit Frau Lore Lay?"

Lore sang auf ihre wunderbare Weise:

"Ich bin die Lore,
ich bin hier gebore,
ich weiß von nix,
ich bin bloß e Nix."

Polizei-Obermeister Fritz lachte gutmütig und sagte: "Bloß e Nix? Untertreiben Sie mal nicht. Oder meinten Sie: nackt und bloß? Ist ja nicht zu übersehen. Aber wir wollen's mal übersehen, wir sind nicht deswegen hier. Bei den Berliner Preußen kriegten Sie vielleicht jetzt eine Klage wegen Unsittlichkeit an ihren schönen Hals, aber wir Rheinpreußen - ja, Gott sei's geklagt, gehören wir ja auch zu Preußen - also wir sind da liberal. Nein, wir sind hier wegen des Straftatbestandes: Gefährliche Eingriffe in den Schiffsverkehr. Wir wollen uns diesbezüglich mal umhören. Könnten Sie uns da eventuell weiterhelfen?

Und Lore sang:

"Ich glaube, am Ende verschlangen
die Wellen Schiffer und Kahn!
Und das hat mit seinem Prangen
der steile Fels getan!"
 
Polizei-Obermeister Fritz lachte wieder gutmütig und sagte: "Der steile Fels .... so so .... und der Wind, der Wind, das himmlische Kind, nicht wahr .... aber steile Felsen können wir nicht verhaften, nur steile Menschen ... kennen Sie da vielleicht einen solchen ....

Und was ich noch sagen wollte: Zu Bacharach am Rheine wohnt eine Zauberin, wie es im Lied heißt. Zu Bacharach am Rheine wohnt aber auch ein Anwalt, der wo was kann halt! Ein scharfer Hund! Er treibt's fast z' bunt ..... eh man sich versieht, hat man eine Klage wegen turbatione possessionis am Hals - wegen Besitzstörung also, wenn er's nit gar mit dem interdictum unde vi anpackt, wie ein bayrischer Anwalt namens Ludwig Thoma mal so schön und treffend bemerkte ..... ich will Sie nur warnen .... ich mein's gut mit Ihnen ....
 
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Ich erzähle weiter:

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Die beiden Polizisten, POM Fritz und PM Schmitz, stiegen dann wieder den Felsen hinab und begaben sich per Schiff nach Bacharach.

Frau Lore Lay verließ den Felsen ebenfalls und begab sich an einen geheimen Ort zu einem geheimen Geheimtreffen mit Herrn Michael Höllander.

Und dies sagte sie ihm: "Lieber Michi, ich habe das Gefühl, man ist uns auf der Spur. Dieser POM Fritz ist nicht dumm .... ob es nicht an der Zeit wäre, unsere Zelte hier abzubrechen?"

Und Michi sprach: "Zwei Genies und ein Gedanke! Ja, ich habe schon länger darüber nachgedacht. Unsere nette kleine Geschäfts-Idee wird nicht ewig halten. Man muss halt mit der Zeit gehen ... flexibel sein .... und so .... Ich schlage vor, du ziehst dich wieder an - und ziehst an oder besser in den Mummelsee, und ich versuche mein Glück in der Neuen Welt, in den USA ...."

Michi also ließ die Lore am Ende schmählich im Stich. Lore hatte an ein gemeinsames Zelt irgendwo gedacht. Michi aber dachte eher an zwei getrennte Zelte ...

Also an eine Trennung von Tisch und Zelt.
 
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