Knigge I. >kontra< Konstantin VII.

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Lincoln

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Schluss mit Lug und Trug

Im Laufe der Zeit wird sich hier ein Kontroversum auftun, um zu zeigen, was war, was wahr, was wurde und was ist. Wenn wir uns beide näher anschauen, werden wir erfahren können, wozu das Weshalb geschehen sollte. Ausserdem dass das Eine nicht gleich das Andere ist. Zu Beginn ein kleiner Einblick dorthin, wo herkommt, was dem Einen untergeschoben ward, jedoch vom Andern kommend war.

Aus der Zeit Konstantin VII. (7) oströmischer Kaiser in Byzanz. )

02.09.0905 bis 09.11. 0959

Diese Einstellung setzte
sich zunächst auch im oströmischen Kaisertum fort, ließ sich allerdings nach Anerkennung
des christlichen Glaubens als Staatsreligion in dieser Form nicht mehr aufrecht
erhalten. So wurde der byzantinische Kaiser fortan zum Stellvertreter Gottes auf Erden
und konnte als solcher wiederum kniefällige Verehrung einfordern. Dadurch kam es
101 PLUTARCH, Griechen und Römer, 78f.
102 SUETON, Leben der Caesaren, 198.
103 SUETON, Leben der Caesaren, 141. In einer Fußnote ergänzt er jedoch, dies wäre vor allem aufgrund
einer ansteckenden, aus dem Orient eingeschleppten Hautkrankheit, von welcher der Kaiser selbst befallen
gewesen wäre, geschehen.
104 PLINIUS d.J., Panegyrikus, 53.
105 SUETON, Leben der Caesaren, 239.
106 ALFÖLDI, Monarch. Repräsentation, 59. Er bezieht sich vor allem auf das Verhältnis der Kaiser zu
den Untertanen: Um die religiöse Weihe, die das Kaisertum umgab, zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen,
dass die Sphäre des Göttlichen in der Gedankenwelt der Antike unvergleichlich niedriger
anfängt als in der unsrigen. Ebenda, 30.
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weiterhin zu einer Überhöhung des Kaisers „von Gottes Gnaden“ und zu einem dementsprechend
gestalteten Zeremoniell, sowohl für Untertanen als auch für Besucher des
byzantinischen Hofes. In diesem wurde auch genau festgelegt, wer zu welcher Gelegenheit
zum Fuß-, Knie-, Hand- oder Wangenkuss zugelassen wurde.
Seine schriftliche Kodifizierung erfuhr dieses komplizierte Gebilde im Zeremonienbuch
des Kaisers Konstantin VII. Porphyrogennetos, daher nicht vor dem 10. Jahrhundert
nach Christus, eher aber später. Es handelt sich dabei um eine Zusammenfassung
bereits bestehender Texte zu zeremoniellen Abläufen am kaiserlichen Hof, ergänzt
durch wesentlich später hinzugekommene anonyme Schilderungen, den so genannten
Pseudo-Kodinos, vermutlich aus dem 14. nachchristlichen Jahrhundert107.
Kaiser Konstantin VII. begründete den von ihm erteilten Auftrag zur Niederschrift
dieses Werkes mit folgenden Worten: Manche, die sich nicht um wichtige Dinge
kümmern, könnten dieses Kompendium vielleicht als überflüssig erachten. Für uns aber
ist es angenehme Pflicht, äußerst erstrebenswert und persönliches Anliegen, da aufgrund
einer löblichen Ordnung die kaiserliche Herrschaft noch erhabener und ansehnlicher
erscheint und aus diesem Grunde von Fremden wie auch unserer Bevölkerung
bewundert wird. Denn viele Dinge werden vergessen im Laufe der Zeit […]. Dazu gehört
auch jenes große und ehrwürdige Gut des Ablaufs und der Überlieferung des Kaiserzeremoniells.
Da man sie vernachlässigte und sie sozusagen erloschen war, sah man
die Herrschaft ihrer Zier und Erscheinung beraubt. So wie man einen missgestalteten
Körper, dessen Glieder ohne Ordnung zusammenhängen, ungeordnet nennt, so verhält
es sich auch mit der kaiserlichen Herrschaft, die nicht ordnungsgemäß ausgeübt wird;
sie unterscheidet sich in nichts von dem Betragen eines Teilglieds ohne Führung108.
Die Entwicklung des Zeremoniells lässt sich aus den Eintragungen in diesem Zeremonienbuch
ablesen. Im Umgang mit Untertanen ist als Beispiel dafür die Ernennung
von Würdenträgern kennzeichnend: Im 6. Jahrhundert nach Christus übergab der Kaiser
dem neu Ernannten an einem beliebigen Tag die diesbezügliche Urkunde und dieser
küsste ihm zum Zeichen des Dankes die Füße109. Weitaus aufwändiger gestaltete sich
der gleiche Vorgang im 10. Jahrhundert.
 
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