Seal144
Sehr aktives Mitglied
Fortsetzung von Teil 14.
“Aus meiner bescheidenen Sichtweise beobachtet, schreibt Plato seine Schriften in Form von Dialogen und verwendet oft poetische Metaphern“, antwortete Salim-Al-Rashid lächelnd. „Darüber hinaus ist sein Denken nicht fest argumentiert, wie es bei Aristoteles der Fall ist.“
„In der Tat, edler Salim“, rief der Shrenk erfreut aus. „Oh wie wunderbar, einen so kultivierten und verständnisvollen Menschen anzutreffen mit dem ich endlich einmal zum philosophieren komme. Stundenlang versuchte ich dies meinem Freund Ali, in der Rub-Al-Khali klarzumachen, aber Ali schmetterte alles kategorisch ab. Die mythischen Elemente alter Kultreligionen werden ja bei Platons Schriften noch in weit gröβerem Umfang, als bei Aristoteles verwendet!“
„Bei Allah, dem Allmächtigen und Barmherzigen!“, entfuhr es Ali. „Wollen sie hier etwa Plato als antiquierten Mystiker darstellen, Doktor? Ich habe ihnen, werter Doktor Shrenk, tagelang klarmachen wollen, dass ihre Art von philosophieren nichts bringt!“ Ali sah den Shrenk hitzig an. „Sie haben es einfach nicht begriffen, Platons Höhlengleichnis! Wir werden den Gottesbeweis nicht in den Worten finden, werter Doktor. Auch wenn irgendwelche Sophisten die Wissenschaft der Wortverdreherei anwandten. Aber Diskursives Denken verstärkt nur die Dualität. Wir brauchen die Stille, um die Schleier zu lüften!“
Der Shrenk wurde blass. „Bitte Ali, hört auf über auch nur irgendwelche Höhlen zu sprechen.“
„Das kann nur an der Baqr-Salim Höhle gelegen haben und der Kamelstampede unserer liebestollen Kamele“, platzte Ali raus. „Womöglich haben sie da eine Art Trauma mitbekommen?“ Der Shrenk nickte stumm und putzte sich umständlich seine Brille.
„Sie schafften es auch nicht, Akhbar zu beruhigen. Da hatte ich mit Hilfe des achtfachen Pfades mehr Erfolg als sie mit ihrer Zwillingstherapie.“
Die Diener unterbrachen dank Allah das merkwürdige Gespräch zwischen Ali und dem Shrenk. Platten mit Lammbraten und Safranreis und verschiedene kleine Pasteten wurden auf dem niedrigen Tischchen vor sie hingestellt.
Während dem Ritus des Händewaschens, überlegte Ali, ob der Shrenk sein Trauma nicht eher von Mohammeds Einladung in seine afghanischen Höhlen habe, aber so ein kniffliges Thema, wie Pasch es vorhin erst nannte, wollte sie lieber doch nicht erörtern.
Salim sprach das Gebet und forderte seine Gäste auf: „Esst, im Namen Allahs, des Gnädigsten und Barmherzigen!“
Alis Geist hatte sich inzwischen beruhigt. Lag es an Salim-Al-Raschids Gebet oder waren es die Speisen? Speisen denen man als hungriger Pilger unmöglich widerstehen konnte. Ali langte herzhaft zu, auch der Shrenk und Pasch, ausgehungert von einem langen Tag des Fastens, machten sich an die leckeren Gerichte.
„Aristoteles widerspricht Plato nicht“, begann Salim Al-Rashid, zu Ali gewandt, erneut das Gespräch. „Aristoteles widerspricht grundsätzlich Plato nicht in seiner Methode. Er ergänzt und vollendet die platonische Vorgehensweise.“
Salim Al-Rashid war zu seiner Lieblingsbeschäftigung, der Philosophie, entflammt.
”Somit gilt Aristoteles gewissermaßen als Nachfolger, Vollender, Helfer und Ratgeber Platons.”
„Aristoteles versuchte, die Einheit Gottes zu beweisen“, antwortete der Shrenk. „Doch er tat dies von seiner Perspektive aus, die davon ausging, dass die Materie ewig sei, und darauf folgte zwangsläufig, dass Gott nicht der Schöpfer der Welt sein könne.“
„Ja, die Logik!“ Pasch, der bisher schweigend die Unterhaltung begleitet hatte, ergriff nun auch das Wort, und das klang, obwohl in englischer Sprache, leicht schwäbisch:
„Ibn Ruschd, sah in der Logik die einzige Möglichkeit des Menschen, glücklich zu werden. Die Logik des Aristoteles, lieferte ihm die Möglichkeit, aus den Daten der Sinne zur
Erkenntnis der Wahrheit zu kommen. Die Logik war für ihn das Gesetz des Denkens und der Wahrheit.“
Diener brachten Kaffee, Dattelkonfekt und Walnusskekse und eine blubbernde Wasserpfeife, die nun die Runde machte. Ali und der Shrenk bedankten sich, lehnten aber höflich ab.
Salim Al-Rashid nahm einen tiefen Zug aus der Pfeife.
„So wie Ibn Ruschd der Philosoph aus dem Westen genannt wurde, war damals der wichtigste Philosoph aus dem Osten, Ibn Sina. Ibn Sina ist in meinen Augen der ganz groβe Geist gewesen und war der berühmteste Mediziner seiner Zeit. Er schrieb das Gedicht über die Seele.“ Salim blickte fragend zu Ali und zum Shrenk. „Kennen sie das Gedicht?“ Der Shrenk und Ali verneinten.
„Das Gedicht beschreibt den Abstieg der Seele von der höheren Sphäre. - Ibn Sina spricht über die Unsterblichkeit der Seele mit klaren Hinweisen auf Platons «Haiden». Die Seele in diesem Gedicht ist mit dem „Licht“ verglichen, das Aristoteles in der dritten Abhandlung seines Buches «De anima», erwähnte.
„In dieser Aussage findet man die Hauptfähigkeiten der menschlichen Seele“, breitete Salim seine Gedanken weiter aus: „Das Denken und die Phantasie. Hier könnte man sich an das «Gleichnis der Höhle» von Platon erinnern, über den Unterschied zwischen dem Schatten oder der Wahrscheinlichkeit, das der Materie- und den physikalischen Phänomenen entspricht und dem Licht oder der Wahrheit, seiner Ideenwelt.“ Salim schwieg kurz und fuhr dann fort:
„So kam dieses Gedicht auf uns zu als leuchtender Beweis dafür, dass das Wissen das Leben des Geistes ist, das seinen Besitzer schrittweise von den praktischen Experimenten zu den geistigen Theorien, zu dem spirituellen Gefühle, zu Allah führt.“
„Bitte können wir das Gedicht hören, edler Salim?“ fragte der Shrenk.
„Gerne, Doktor Shrenk. Es ist mir eine Ehre.“ Worauf Salim sich räusperte und begann, das Gedicht über den Abstieg der Seele zu rezitieren:
„ Es stieg zu dir von dem erhabenen Platz eine Taube mit Stolz und Widerstand herab.
Jedem Auge eines mit der mystischen Erkenntnis Verstehen, verborgen bleibend,
sie, die sich frei und ohne Schleier zeigt.
Sie kam zu dir nicht freiwillig, und vielleicht verlässt sie dich genau so unfreiwillig und mit
Wehklagen.
Sie kam in ihre neue Heimat, aber konnte sich daran nicht gewöhnen…“
Auβer Salims Worten, war die Stille greifbar, die im Raum lag. Ali, der Shrenk und Omar Pasch, lauschten voller Konzentration, den vielen Strophen.
„Sie ist diejenige, der die Zeit den Weg abgeschnitten hat, so dass sie wie die Sonne
untergeht, jedoch nicht aufzugehen.
Als wäre sie ein Blitz gewesen, der im Raum strahlte, dann aber sich
zurückzog, als hätte er nicht geleuchtet“, endete er.
Alle schwiegen. Es war, als ob der Geist Ibn Sinas anwesend war.
„Wie sie sehen, werter Ali“, führte Salim seine Gedanken zu Ende: „Gab es in der arabischen Welt immer Bemühungen, nicht eine direkte Vermittlung zwischen Plato und Aristoteles aufzubauen, aber eine Verbindung. Ich kann ihre Gedanken viel besser verstehen, als sie es ahnen, da ich Sufi bin, so wie Ibn Sina es auch war. Es geht um das Gleichgewicht zwischen Wechsel und Beständigkeit. Es geht um die Bewahrung von Traditionen aber auch die Akzeptanz der Gegenwart im Denken, sowie dem Pragmatismus in der Anwendung, und das nennen wir Al-Mizaan.“
„Al-Mizaan?“, fragte Ali. Al-Rashid nickte.
„Es war die Sonne des Aristoteles die damals aufging und wie ein Prisma in die islamische Welt hinein strahlte und den Islam befruchtete, den groβen Strom der Geistesgeschichte, in dem wir uns heute alle wieder finden.“
Pasch blickte auf seine Uhr. Es war weit nach Mitternacht geworden. Geschickt lenkte er das Gespräch in die Richtung von zwei Gläubigen, die sehr gläubig seien, aber eben offiziell doch keine Gläubigen waren und die unbedingt offiziell zum Islam überzutreten hätten.
„Allah, der groβe Barmherzige, hat euch zu mir gesandt. Ihr bekommt von mir die nötigen Papiere und geht damit morgen früh mit Omar zum Gericht. Dann steht eurer Hadj nichts mehr im Wege.“
“Aus meiner bescheidenen Sichtweise beobachtet, schreibt Plato seine Schriften in Form von Dialogen und verwendet oft poetische Metaphern“, antwortete Salim-Al-Rashid lächelnd. „Darüber hinaus ist sein Denken nicht fest argumentiert, wie es bei Aristoteles der Fall ist.“
„In der Tat, edler Salim“, rief der Shrenk erfreut aus. „Oh wie wunderbar, einen so kultivierten und verständnisvollen Menschen anzutreffen mit dem ich endlich einmal zum philosophieren komme. Stundenlang versuchte ich dies meinem Freund Ali, in der Rub-Al-Khali klarzumachen, aber Ali schmetterte alles kategorisch ab. Die mythischen Elemente alter Kultreligionen werden ja bei Platons Schriften noch in weit gröβerem Umfang, als bei Aristoteles verwendet!“
„Bei Allah, dem Allmächtigen und Barmherzigen!“, entfuhr es Ali. „Wollen sie hier etwa Plato als antiquierten Mystiker darstellen, Doktor? Ich habe ihnen, werter Doktor Shrenk, tagelang klarmachen wollen, dass ihre Art von philosophieren nichts bringt!“ Ali sah den Shrenk hitzig an. „Sie haben es einfach nicht begriffen, Platons Höhlengleichnis! Wir werden den Gottesbeweis nicht in den Worten finden, werter Doktor. Auch wenn irgendwelche Sophisten die Wissenschaft der Wortverdreherei anwandten. Aber Diskursives Denken verstärkt nur die Dualität. Wir brauchen die Stille, um die Schleier zu lüften!“
Der Shrenk wurde blass. „Bitte Ali, hört auf über auch nur irgendwelche Höhlen zu sprechen.“
„Das kann nur an der Baqr-Salim Höhle gelegen haben und der Kamelstampede unserer liebestollen Kamele“, platzte Ali raus. „Womöglich haben sie da eine Art Trauma mitbekommen?“ Der Shrenk nickte stumm und putzte sich umständlich seine Brille.
„Sie schafften es auch nicht, Akhbar zu beruhigen. Da hatte ich mit Hilfe des achtfachen Pfades mehr Erfolg als sie mit ihrer Zwillingstherapie.“
Die Diener unterbrachen dank Allah das merkwürdige Gespräch zwischen Ali und dem Shrenk. Platten mit Lammbraten und Safranreis und verschiedene kleine Pasteten wurden auf dem niedrigen Tischchen vor sie hingestellt.
Während dem Ritus des Händewaschens, überlegte Ali, ob der Shrenk sein Trauma nicht eher von Mohammeds Einladung in seine afghanischen Höhlen habe, aber so ein kniffliges Thema, wie Pasch es vorhin erst nannte, wollte sie lieber doch nicht erörtern.
Salim sprach das Gebet und forderte seine Gäste auf: „Esst, im Namen Allahs, des Gnädigsten und Barmherzigen!“
Alis Geist hatte sich inzwischen beruhigt. Lag es an Salim-Al-Raschids Gebet oder waren es die Speisen? Speisen denen man als hungriger Pilger unmöglich widerstehen konnte. Ali langte herzhaft zu, auch der Shrenk und Pasch, ausgehungert von einem langen Tag des Fastens, machten sich an die leckeren Gerichte.
„Aristoteles widerspricht Plato nicht“, begann Salim Al-Rashid, zu Ali gewandt, erneut das Gespräch. „Aristoteles widerspricht grundsätzlich Plato nicht in seiner Methode. Er ergänzt und vollendet die platonische Vorgehensweise.“
Salim Al-Rashid war zu seiner Lieblingsbeschäftigung, der Philosophie, entflammt.
”Somit gilt Aristoteles gewissermaßen als Nachfolger, Vollender, Helfer und Ratgeber Platons.”
„Aristoteles versuchte, die Einheit Gottes zu beweisen“, antwortete der Shrenk. „Doch er tat dies von seiner Perspektive aus, die davon ausging, dass die Materie ewig sei, und darauf folgte zwangsläufig, dass Gott nicht der Schöpfer der Welt sein könne.“
„Ja, die Logik!“ Pasch, der bisher schweigend die Unterhaltung begleitet hatte, ergriff nun auch das Wort, und das klang, obwohl in englischer Sprache, leicht schwäbisch:
„Ibn Ruschd, sah in der Logik die einzige Möglichkeit des Menschen, glücklich zu werden. Die Logik des Aristoteles, lieferte ihm die Möglichkeit, aus den Daten der Sinne zur
Erkenntnis der Wahrheit zu kommen. Die Logik war für ihn das Gesetz des Denkens und der Wahrheit.“
Diener brachten Kaffee, Dattelkonfekt und Walnusskekse und eine blubbernde Wasserpfeife, die nun die Runde machte. Ali und der Shrenk bedankten sich, lehnten aber höflich ab.
Salim Al-Rashid nahm einen tiefen Zug aus der Pfeife.
„So wie Ibn Ruschd der Philosoph aus dem Westen genannt wurde, war damals der wichtigste Philosoph aus dem Osten, Ibn Sina. Ibn Sina ist in meinen Augen der ganz groβe Geist gewesen und war der berühmteste Mediziner seiner Zeit. Er schrieb das Gedicht über die Seele.“ Salim blickte fragend zu Ali und zum Shrenk. „Kennen sie das Gedicht?“ Der Shrenk und Ali verneinten.
„Das Gedicht beschreibt den Abstieg der Seele von der höheren Sphäre. - Ibn Sina spricht über die Unsterblichkeit der Seele mit klaren Hinweisen auf Platons «Haiden». Die Seele in diesem Gedicht ist mit dem „Licht“ verglichen, das Aristoteles in der dritten Abhandlung seines Buches «De anima», erwähnte.
„In dieser Aussage findet man die Hauptfähigkeiten der menschlichen Seele“, breitete Salim seine Gedanken weiter aus: „Das Denken und die Phantasie. Hier könnte man sich an das «Gleichnis der Höhle» von Platon erinnern, über den Unterschied zwischen dem Schatten oder der Wahrscheinlichkeit, das der Materie- und den physikalischen Phänomenen entspricht und dem Licht oder der Wahrheit, seiner Ideenwelt.“ Salim schwieg kurz und fuhr dann fort:
„So kam dieses Gedicht auf uns zu als leuchtender Beweis dafür, dass das Wissen das Leben des Geistes ist, das seinen Besitzer schrittweise von den praktischen Experimenten zu den geistigen Theorien, zu dem spirituellen Gefühle, zu Allah führt.“
„Bitte können wir das Gedicht hören, edler Salim?“ fragte der Shrenk.
„Gerne, Doktor Shrenk. Es ist mir eine Ehre.“ Worauf Salim sich räusperte und begann, das Gedicht über den Abstieg der Seele zu rezitieren:
„ Es stieg zu dir von dem erhabenen Platz eine Taube mit Stolz und Widerstand herab.
Jedem Auge eines mit der mystischen Erkenntnis Verstehen, verborgen bleibend,
sie, die sich frei und ohne Schleier zeigt.
Sie kam zu dir nicht freiwillig, und vielleicht verlässt sie dich genau so unfreiwillig und mit
Wehklagen.
Sie kam in ihre neue Heimat, aber konnte sich daran nicht gewöhnen…“
Auβer Salims Worten, war die Stille greifbar, die im Raum lag. Ali, der Shrenk und Omar Pasch, lauschten voller Konzentration, den vielen Strophen.
„Sie ist diejenige, der die Zeit den Weg abgeschnitten hat, so dass sie wie die Sonne
untergeht, jedoch nicht aufzugehen.
Als wäre sie ein Blitz gewesen, der im Raum strahlte, dann aber sich
zurückzog, als hätte er nicht geleuchtet“, endete er.
Alle schwiegen. Es war, als ob der Geist Ibn Sinas anwesend war.
„Wie sie sehen, werter Ali“, führte Salim seine Gedanken zu Ende: „Gab es in der arabischen Welt immer Bemühungen, nicht eine direkte Vermittlung zwischen Plato und Aristoteles aufzubauen, aber eine Verbindung. Ich kann ihre Gedanken viel besser verstehen, als sie es ahnen, da ich Sufi bin, so wie Ibn Sina es auch war. Es geht um das Gleichgewicht zwischen Wechsel und Beständigkeit. Es geht um die Bewahrung von Traditionen aber auch die Akzeptanz der Gegenwart im Denken, sowie dem Pragmatismus in der Anwendung, und das nennen wir Al-Mizaan.“
„Al-Mizaan?“, fragte Ali. Al-Rashid nickte.
„Es war die Sonne des Aristoteles die damals aufging und wie ein Prisma in die islamische Welt hinein strahlte und den Islam befruchtete, den groβen Strom der Geistesgeschichte, in dem wir uns heute alle wieder finden.“
Pasch blickte auf seine Uhr. Es war weit nach Mitternacht geworden. Geschickt lenkte er das Gespräch in die Richtung von zwei Gläubigen, die sehr gläubig seien, aber eben offiziell doch keine Gläubigen waren und die unbedingt offiziell zum Islam überzutreten hätten.
„Allah, der groβe Barmherzige, hat euch zu mir gesandt. Ihr bekommt von mir die nötigen Papiere und geht damit morgen früh mit Omar zum Gericht. Dann steht eurer Hadj nichts mehr im Wege.“