Kameltreiber Ali beim Psychiater

Fortsetzung von Teil 14.

“Aus meiner bescheidenen Sichtweise beobachtet, schreibt Plato seine Schriften in Form von Dialogen und verwendet oft poetische Metaphern“, antwortete Salim-Al-Rashid lächelnd. „Darüber hinaus ist sein Denken nicht fest argumentiert, wie es bei Aristoteles der Fall ist.“

„In der Tat, edler Salim“, rief der Shrenk erfreut aus. „Oh wie wunderbar, einen so kultivierten und verständnisvollen Menschen anzutreffen mit dem ich endlich einmal zum philosophieren komme. Stundenlang versuchte ich dies meinem Freund Ali, in der Rub-Al-Khali klarzumachen, aber Ali schmetterte alles kategorisch ab. Die mythischen Elemente alter Kultreligionen werden ja bei Platons Schriften noch in weit gröβerem Umfang, als bei Aristoteles verwendet!“

„Bei Allah, dem Allmächtigen und Barmherzigen!“, entfuhr es Ali. „Wollen sie hier etwa Plato als antiquierten Mystiker darstellen, Doktor? Ich habe ihnen, werter Doktor Shrenk, tagelang klarmachen wollen, dass ihre Art von philosophieren nichts bringt!“ Ali sah den Shrenk hitzig an. „Sie haben es einfach nicht begriffen, Platons Höhlengleichnis! Wir werden den Gottesbeweis nicht in den Worten finden, werter Doktor. Auch wenn irgendwelche Sophisten die Wissenschaft der Wortverdreherei anwandten. Aber Diskursives Denken verstärkt nur die Dualität. Wir brauchen die Stille, um die Schleier zu lüften!“

Der Shrenk wurde blass. „Bitte Ali, hört auf über auch nur irgendwelche Höhlen zu sprechen.“

„Das kann nur an der Baqr-Salim Höhle gelegen haben und der Kamelstampede unserer liebestollen Kamele“, platzte Ali raus. „Womöglich haben sie da eine Art Trauma mitbekommen?“ Der Shrenk nickte stumm und putzte sich umständlich seine Brille.

„Sie schafften es auch nicht, Akhbar zu beruhigen. Da hatte ich mit Hilfe des achtfachen Pfades mehr Erfolg als sie mit ihrer Zwillingstherapie.“

Die Diener unterbrachen dank Allah das merkwürdige Gespräch zwischen Ali und dem Shrenk. Platten mit Lammbraten und Safranreis und verschiedene kleine Pasteten wurden auf dem niedrigen Tischchen vor sie hingestellt.

Während dem Ritus des Händewaschens, überlegte Ali, ob der Shrenk sein Trauma nicht eher von Mohammeds Einladung in seine afghanischen Höhlen habe, aber so ein kniffliges Thema, wie Pasch es vorhin erst nannte, wollte sie lieber doch nicht erörtern.

Salim sprach das Gebet und forderte seine Gäste auf: „Esst, im Namen Allahs, des Gnädigsten und Barmherzigen!“

Alis Geist hatte sich inzwischen beruhigt. Lag es an Salim-Al-Raschids Gebet oder waren es die Speisen? Speisen denen man als hungriger Pilger unmöglich widerstehen konnte. Ali langte herzhaft zu, auch der Shrenk und Pasch, ausgehungert von einem langen Tag des Fastens, machten sich an die leckeren Gerichte.

„Aristoteles widerspricht Plato nicht“, begann Salim Al-Rashid, zu Ali gewandt, erneut das Gespräch. „Aristoteles widerspricht grundsätzlich Plato nicht in seiner Methode. Er ergänzt und vollendet die platonische Vorgehensweise.“

Salim Al-Rashid war zu seiner Lieblingsbeschäftigung, der Philosophie, entflammt.

”Somit gilt Aristoteles gewissermaßen als Nachfolger, Vollender, Helfer und Ratgeber Platons.”

„Aristoteles versuchte, die Einheit Gottes zu beweisen“, antwortete der Shrenk. „Doch er tat dies von seiner Perspektive aus, die davon ausging, dass die Materie ewig sei, und darauf folgte zwangsläufig, dass Gott nicht der Schöpfer der Welt sein könne.“

„Ja, die Logik!“ Pasch, der bisher schweigend die Unterhaltung begleitet hatte, ergriff nun auch das Wort, und das klang, obwohl in englischer Sprache, leicht schwäbisch:

„Ibn Ruschd, sah in der Logik die einzige Möglichkeit des Menschen, glücklich zu werden. Die Logik des Aristoteles, lieferte ihm die Möglichkeit, aus den Daten der Sinne zur
Erkenntnis der Wahrheit zu kommen. Die Logik war für ihn das Gesetz des Denkens und der Wahrheit.“

Diener brachten Kaffee, Dattelkonfekt und Walnusskekse und eine blubbernde Wasserpfeife, die nun die Runde machte. Ali und der Shrenk bedankten sich, lehnten aber höflich ab.

Salim Al-Rashid nahm einen tiefen Zug aus der Pfeife.

„So wie Ibn Ruschd der Philosoph aus dem Westen genannt wurde, war damals der wichtigste Philosoph aus dem Osten, Ibn Sina. Ibn Sina ist in meinen Augen der ganz groβe Geist gewesen und war der berühmteste Mediziner seiner Zeit. Er schrieb das Gedicht über die Seele.“ Salim blickte fragend zu Ali und zum Shrenk. „Kennen sie das Gedicht?“ Der Shrenk und Ali verneinten.

„Das Gedicht beschreibt den Abstieg der Seele von der höheren Sphäre. - Ibn Sina spricht über die Unsterblichkeit der Seele mit klaren Hinweisen auf Platons «Haiden». Die Seele in diesem Gedicht ist mit dem „Licht“ verglichen, das Aristoteles in der dritten Abhandlung seines Buches «De anima», erwähnte.

„In dieser Aussage findet man die Hauptfähigkeiten der menschlichen Seele“, breitete Salim seine Gedanken weiter aus: „Das Denken und die Phantasie. Hier könnte man sich an das «Gleichnis der Höhle» von Platon erinnern, über den Unterschied zwischen dem Schatten oder der Wahrscheinlichkeit, das der Materie- und den physikalischen Phänomenen entspricht und dem Licht oder der Wahrheit, seiner Ideenwelt.“ Salim schwieg kurz und fuhr dann fort:

„So kam dieses Gedicht auf uns zu als leuchtender Beweis dafür, dass das Wissen das Leben des Geistes ist, das seinen Besitzer schrittweise von den praktischen Experimenten zu den geistigen Theorien, zu dem spirituellen Gefühle, zu Allah führt.“

„Bitte können wir das Gedicht hören, edler Salim?“ fragte der Shrenk.

„Gerne, Doktor Shrenk. Es ist mir eine Ehre.“ Worauf Salim sich räusperte und begann, das Gedicht über den Abstieg der Seele zu rezitieren:

„ Es stieg zu dir von dem erhabenen Platz eine Taube mit Stolz und Widerstand herab.

Jedem Auge eines mit der mystischen Erkenntnis Verstehen, verborgen bleibend,

sie, die sich frei und ohne Schleier zeigt.

Sie kam zu dir nicht freiwillig, und vielleicht verlässt sie dich genau so unfreiwillig und mit

Wehklagen.

Sie kam in ihre neue Heimat, aber konnte sich daran nicht gewöhnen…“

Auβer Salims Worten, war die Stille greifbar, die im Raum lag. Ali, der Shrenk und Omar Pasch, lauschten voller Konzentration, den vielen Strophen.

„Sie ist diejenige, der die Zeit den Weg abgeschnitten hat, so dass sie wie die Sonne

untergeht, jedoch nicht aufzugehen.

Als wäre sie ein Blitz gewesen, der im Raum strahlte, dann aber sich

zurückzog, als hätte er nicht geleuchtet“, endete er.

Alle schwiegen. Es war, als ob der Geist Ibn Sinas anwesend war.

„Wie sie sehen, werter Ali“, führte Salim seine Gedanken zu Ende: „Gab es in der arabischen Welt immer Bemühungen, nicht eine direkte Vermittlung zwischen Plato und Aristoteles aufzubauen, aber eine Verbindung. Ich kann ihre Gedanken viel besser verstehen, als sie es ahnen, da ich Sufi bin, so wie Ibn Sina es auch war. Es geht um das Gleichgewicht zwischen Wechsel und Beständigkeit. Es geht um die Bewahrung von Traditionen aber auch die Akzeptanz der Gegenwart im Denken, sowie dem Pragmatismus in der Anwendung, und das nennen wir Al-Mizaan.“

„Al-Mizaan?“, fragte Ali. Al-Rashid nickte.

„Es war die Sonne des Aristoteles die damals aufging und wie ein Prisma in die islamische Welt hinein strahlte und den Islam befruchtete, den groβen Strom der Geistesgeschichte, in dem wir uns heute alle wieder finden.“

Pasch blickte auf seine Uhr. Es war weit nach Mitternacht geworden. Geschickt lenkte er das Gespräch in die Richtung von zwei Gläubigen, die sehr gläubig seien, aber eben offiziell doch keine Gläubigen waren und die unbedingt offiziell zum Islam überzutreten hätten.

„Allah, der groβe Barmherzige, hat euch zu mir gesandt. Ihr bekommt von mir die nötigen Papiere und geht damit morgen früh mit Omar zum Gericht. Dann steht eurer Hadj nichts mehr im Wege.“
 
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15.

„Ali, werter Ali. “Klang die erschöpfte Stimme des Shrenk. Ich kann nicht so schnell laufen und noch dazu bei dieser entsetzlichen Hitze!“ Ali drehte sich um, und erblickte einen völlig aufgelösten Doktor, der aus allen Poren schwitzte und nach Atem rang. „Halten sie durch, Shrenk. Wir haben es gleich geschafft“, versuchte Ali ihn aufzumuntern.

„So, mein Lieber, und nun wollen wir den Stein nochmals küssen, das ist ja wirklich nicht zu anstrengend.“

„Ali!“, warnte sie der Doktor. „Wir haben uns gebadet und die Haare geschnitten und sind geweiht, wir sind im Ihram. Also machen sie sich nicht über mich lustig, denn im Ihram ist uns jeglicher Streit untersagt.“ „Nein gar nicht, verehrter Doktor. Der kurze Haarschnitt steht ihnen viel besser und lässt sie jünger erscheinen. Warum sollte ich mich über sie lustig machen?“

„Auch ihnen steht der Igelschnitt“, verkündete der Doktor mit schwacher Stimme.

„Kommen sie, Doktor, im Namen des Allmächtigen!“

Ali und der Shrenk, tauchten erneut ein in die geheiligte Stimmung in Makka. In einem Meer hunderttausender von Gläubigen in der groβen Al-Haram Moschee, umrundeten sie die Kaaba bereits das dritte Mal. Die Kaaba, das Haus Abrahams. Ali und der Shrenk riefen zusammen mit den anderen wieder und wieder im Chor: „Allah ist der Höchste. Oh Allah, gewähre uns das Gute im hiesigen Dasein und das Gute im Jenseits und beschütze uns vor dem Leid des Höllenfeuers.“ Die Stimmen der Menschen schwollen mehr und mehr an und erfüllten den groβen Hof der Moschee.

„Ali“, erklang es erneut zaghaft. „So lauft doch etwas langsamer.“ Ali nahm den Shrenk bei der Hand. „Wir haben es gleich geschafft, die letzten vier Runden dürfen wir langsam gehen.“ „Wo ist Mohammed?“, fragte der Shrenk argwöhnisch.

„Mohammed und seine Freunde, haben wir im Stau vorhin verloren. Ich glaube, sie sind uns ein groβes Stück voraus, und das ist mir ganz lieb.“

„In der Tat, werter Ali. In der Tat.“

„Gleich kommt noch der Lauf zum Brunnen Zamzam.“

„Ja“, hauchte der Doktor.

„Sieben Mal haben wir zwischen den Hügeln Sava und Marwa hin und her zu laufen.“

„Ja“, hauchte der Doktor erneut.

Aber keine Bange, wegen der vielen Unfälle, Zusammenbrüche und Herzattacken von Pilgern, findet der Lauf inzwischen in einem klimagekühlten Gang statt. Abraham und Sara mussten damals sieben Mal in trocknen, steinigen und unwirtlichen Land und unter der glühenden Sonne herumirren, bis sie den Brunnen fanden, den Erzengel Gabriel mit Wasser für sie gefüllt hatte.“

„Allah ist groβ!“, riefen Ali und der Shrenk, wieder und wieder. Zusammen in einem nicht enden wollenden Pilgerstrom, befolgten sie genau die Anweisungen auf den groβen Schildern, die im Gang den Pilgern ankündigten, ob sie laufen oder gehen sollten.

„Allah ist groβ!“, erklang es überall. „Allahu Akhbar!“ Dann wurde der Shrenk erneut müde und begann weh zu klagen: „Ali, das ist mir zu anstrengend. Ich werde nun die Hadj unterbrechen müssen. Mir tun alle Knochen weh.“ Ali blieb abrupt stehen und pflanzte sich vor dem Shrenk auf. „Wer wollte unbedingt die Hadj machen?“, fragte sie ärgerlich.

„Na das waren sie, werter Ali. Ich erinnere mich genau, es war in der Rub-Al-Khali.“

„Nein, nein. Sie sprachen die Hadj bereits an, bevor wir in die Wüste zogen.“

„Nun reden sie doch leiser, die anderen Pilger schauen schon murrend zu uns herüber. Wir dürfen nicht streiten während der Hadj.“

„Einverstanden, aber hört sofort mit dem Wehklagen auf.“

Wächter näherten sich, worauf Ali geistesgegenwärtig Allahu Akhbar ausrief und sich erneut im Laufschritt ans Werk machte, gefolgt von einem humpelnden Shrenk.

Nachdem sie sieben Male hin und her gelaufen waren, durften sie den groβen Saal mit dem Kuppelförmigen Dach, betreten, wo sie vom heiligen Wasser des Brunnens Zamzam tranken.

„Das wäre dank Allah geschafft“, rief der Shrenk mit matter Stimme zu Ali, die sich mit dem Brunnenwasser ihre Kleider besprengte.

„So, mein lieber Doktor. Für heute sind wir erst einmal fertig. Wie fühlen sie sich?“

„Ich fühle mich Allah sehr nah.“

Der Doktor saβ mit Ali, auf Kissen im kühlen Abendwind vor ihrem klimatisierten Zelt, des Bin Awad Clans im Pilgertal Mina. Diener brachten ein bescheidenes Abendessen und entfernten sich. Von Mohammed und seinen Freunden, Allah sei Dank, keine Spur.

Ali gähnte. Beide aβen schweigend und blickten zu den Sternen.

„Ali?“

Ali wendete ihren Blick dem Doktor zu. „Ja?“

„Die Hadj ist das Schönste, das ich bisher erleben durfte.“

„Mir geht es auch so, werter Shrenk. Die Kraft der Hadj ist überwältigend. Wir sollten uns schlafen legen. Morgen ist ein langer Tag.“
 
16.

„Werter Ali“, entfuhr es dem Shrenk, während sie erneut die Kaaba umrundeten. „Beim allmächtigen Gott und seinem Propheten, aber warum nur ist der Muezzin so ärgerlich heute Morgen?“

Der Doktor strich sich mit der Hand über den Kopf und fuhr besorgt fort: „Haben wir nicht alles genau nach Plan gemacht? Wir hörten uns geduldig die zwei Stunden lange Predigt an, von der ich nichts verstand. Dann bestiegen wir den Berg Arafat. Tränen der Rührung und der Reue liefen uns über das Gesicht, als wir Gott um Vergebung baten. Auch schleppten wir die vielen Kieselsteine mit uns herum um sie an drei Tagen hintereinander an die Säulen zu werfen und den Teufel zu vertreiben. Wir lieβen das Lamm schlachten und gaben den meisten Teil für die Armen ab. Warum aber klingt die Stimme des Muezzin so ärgerlich mit uns armen Hadjis?“ Der Doktor blickte Ali verstört an. „Bei Allah dem Allmächtigen und dem Barmherzigen. Haben wir nicht alles getan, was bei einer Hadj gefordert wird?“

Ali lauschte konzentriert und bedeutete dem Shrenk zu schweigen, der inzwischen erneut in lautes Wehklagen gefallen war. „Oh Allah“ murmelte sie und wurde blass. Auch die anderen Pilger zuckten merklich zusammen und horchten auf die immer eindringlicher werdende Stimme, die hoch oben aus einem Lautsprecher vom Minarett erklang.

„Wir sollen dem neuen Mahdi huldigen!“, rief Ali dem Shrenk ins Ohr, denn der Geräuschpegel in der Al-Haram Mosche, steigerte sich nun zu einem ohrenbetäubenden Lärm. Die Pilger riefen für den Doktor unverständliche und aufgebrachte Worte und drängten sich in Richtung der Ausgänge. Ali und der Doktor aber blieben genau dort stehen, wo sie waren und das war neben dem Stein der Kaaba. Kopfschüttelnd übersetzte Ali: „Wir sollen Mohammed Ibn Abdallah, huldigen. Ibn Abdallah wird dieses Königreich von seiner Verkommenheit reinigen.“

„Reinigen?“ Der Doktor hatte das alles nicht richtig verstanden, da er nicht wie Ali, der arabischen Sprache mächtig war. „Was im Namen Allahs will dieser Ibn-Abdallah reinigen? Es kann sich da nur um den vielen Wüstensand handeln, aber das zu erledigen wird dem Ibn Abdallah nicht gelingen, auch wenn wir ihm huldigen.“

„Kommen sie Doktor, wir sollten die Gelegenheit beim Schopf packen und das Haus Abrahams nochmals küssen. So leer wie heute wird der Innenhof der Moschee während den nächsten Tagen der Hadj nie mehr sein!“ So küssten sie den schwarzen Stein und umrundeten weiterhin die Kaaba im Laufschritt des groβen Innenhofes der Al-Haram Moschee, die sonst mit über hundert Tausend Pilgern gefüllt war.

Erneut klang die Stimme aus dem Lautsprecher des Minaretts. Ali und der Shrenk hatten sich gerade erschöpft zum Gebet neben der Kaaba niedergelassen und horchten erschrocken.

„Was verkündet er jetzt?“, erkundigte sich der Shrenk und schnappte nach Luft.

„Hm.“ Ali lauschte dem frenetischen Redeschwall und versuchte etwas davon mitzubekommen. „Es scheint sich um Fundamentalisten zu handeln. Sie fordern das Verbot von Radio und Fernsehen, Bildern, Musik, Zigaretten, Alkohol, Fußball, den Stopp des Ölverkaufs an die Ungläubigen und den Ausschluss von Frauen von allen öffentlichen und geschäftlichen Tätigkeiten. - Immer die armen Frauen, die müssen meist zuerst dran glauben.“

In diesem Augenblick fielen Schüsse. Eine Massenpanik begann. Nur bei der Kaaba selbst, dem heiligen Zentrum der Moschee, war es menschenleer. „Wir bleiben hier und beten zu Allah“, beschlossen beide einstimmig.

„Die Tore der Moschee sind inzwischen sicher verrammelt. Gerade bei den Ausgängen entsteht gefährliches Gedränge. Hier sind wir in Sicherheit, Shrenk!“

Beide knieten nieder, berührten mit der Stirn den Boden und beteten innbrünstig zu Allah, der zu ihrer Rettung beitragen sollte.

„Im Namen Allahs!“, erklang es erneut aus dem Lautsprecher. „Ihr beiden Gläubigen da unten was macht ihr da?“ Ali stutzte und wendete vorsichtig den Kopf hoch zum Minarett.“

„Ja, genau“, erklang es aus dem Lautsprecher. „Dich meine ich, du mit dem blonden Haar.“

„Wir beten zu Allah!“, rief Ali zum Minarett hinauf.

Die Schüsse nahmen zu und beiβender Qualm von Schießpulver hing in der Luft. Dazu die ängstlichen Schreie der Gläubigen, die versuchten durch Ausgängen zu entkommen, es war Panik in der heiligsten der heiligen Moscheen ausgebrochen.

„Dich kenn ich doch! - Du bist Ali und neben dir, das ist der verschrobene Doktor aus London. Wir hatten euch schon vermisst, aber Allah hat auf wundersame Weise eure Wege und den meinen, erneut zusammengeführt“, erklang es erneut hoch oben aus dem Lautsprecher vom Minarett. Ali vermeinte sogar einen Ton der Freude in der Stimme zu vernehmen. „Bei Allah, dem Großen und Allmächtigen. Ihr beiden seid die einzig wahren Gläubigen in dieser Moschee. Bleibt dort wo ihr seid, ich komme gleich zu euch!“

„Ist es Mohammed?“, erkundigte sich der Shrenk. Ali nickte.

„Allah muss unsere innständigen Bitten sofort erhört haben, aber wen sendet er uns? Warum muss Allah uns ausgerechnet den gefährlichsten Terroristen der Welt zu unserer Rettung schicken?“

„Es ist uns unmöglich zu fliehen und dass Mohammed uns erkannt hat, ist erst einmal unsere Rettung.“

„Ich sehe uns erneut in diesen grässlichen dunklen Höhlen von Afgahnistan.“

„So hören sie endlich mit ihrer verdammten Schwarzmalerei auf, Shrenk!“

„Ali“, hauchte der Doktor. „Erstens sind wir im Ihram, zweitens sollen wir nicht fluchen und drittens nicht streiten.“

„Erstens haben sie ein Höhlentrauma, Doktor. Mohammed nannte sie eben gerade verschroben.“

„Verschroben? Bin ich das?“

„Das tut jetzt wirklich nichts zur Sache!“, schnaubte Ali. Ich bin noch nicht fertig.

Zweitens ist fluchen ab und zu mal ganz gesund. 60

Und drittens streiten wir nicht. Hier wird völlig demokratisch etwas ausdiskutiert!“

„Ob wir hier sterben sollen, oder besser erst in Afgahnistan?“, fragte der Shrenk inzwischen schon fast hysterisch.

Laute Schritte hallten auf dem Marmorhof der Moschee wieder und näherten sich der Kaaba. Es war Mohammed in Begleitung seiner fünf Freunde. In ihren weiβen Pilgerkitteln sehen sie wesentlich freundlicher aus, dachte Ali. Das einzige was den friedlichen Anblick stört, sind die Schnellfeuergewehre. Sie richtete sich auf um Mohammed zu begrüβen.

„Allahu Akhbar!“, rief Mohammed aus.

„Allahu Akhbar!“, antworteten Ali und der Shrenk, wie aus der Pistole geschossen.

„Allah ist der Höchste. Oh Allah, gewähre uns das Gute im hiesigen Dasein und das Gute im Jenseits und beschütze uns vor dem Leid des Höllenfeuers“, rief Mohammed mit leuchtenden Augen. „Und jetzt kommt mit uns, wir sind hier fertig. Den Rest erledigen die anderen Gotteskrieger. Und es sind weit über hundert, die hier bereit sind für ein reines Königreich zu sterben.“ Mohammed belohnte Ali und den Shrenk mit einem bewundernden Blick. „Ihr seid wahre Gläubige. Allah wird wichtige Gründe haben, euch erneut an dem heiligsten Platz aller Plätze, mit mir zusammenzuführen. Ihr seid wahrhaftig mutige Dschihadhis und werdet gegen die Ungläubigen an meiner Seite kämpfen.“

„Dschihadhis?“, fragte der Shrenk erschrocken. Ich wusste es, ich hatte es geahnt, ich habe es kommen sehen, jagte es durch den Shrenk seinen Kopf. Und nun scheint sich dieses unheilvolle Kismet zu erfüllen.

„Dschihadhis“, bejahte Mohammed mit feierlicher Stimme und rezitierte aus einem

Koran-Vers:

„Ihr Lohn bei ihrem Herrn sind die Gärten von Eden, durcheilt von Bächen, ewig und immerdar werden sie darin verweilen. Allah ist mit ihnen wohlzufrieden und sie sind wohlzufrieden mit Ihm. Dies ist für den, der seinen Herrn fürchtet. - Und nicht nur das!“, vernahmen Ali und der Shrenk. „Zweiundsiebzig Jungfrauen erwarten euch dann im Paradies.“

Ein sanftes Lächeln umspielte Mohammeds Lippen. „Na, was sagt ihr dazu? Ist Allah der Allmächtige nicht groβzügig in seiner Liebe zu den wahren Dschihadhis?“

„Zweiundsiebzig Jungrauen?“ Des Shrenks Stimme wurde heiser. „Das wären sechsunddreiβig Jungfrauen für jeden?“ 61

„Nein, bei Allah dem groβherzigen und Allmächtigen. Es sind zweiundsiebzig Jungfrauen für jeden von euch!“

„Hm.“, rechnete der Shrenk. „Somit Hundertvierundvierzig insgesamt?“

Mohammed nickte und maβ den Doktor mit einem prüfenden Blick.

Sechsunddreiβig Jungfrauen sind mir einfach zu viel, überlegte der Shrenk und geriet dabei noch mehr in Panik als er schon war. Ich frage mich ob meine Libido überhaupt so einem Ansturm gewachsen ist? - Andererseits wurden meine Triebwünsche und Phantasien ja bereits in meiner Kindheit unterdrückt und sind meinem Unbewussten anheim gefallen. Hm. Hab ich die Triebe nicht die ganze Zeit in Schach gehalten? In Schach halten müssen? Hm. Womöglich lauter faule Kompromisse? Bekanntlich werden ja sexuell-libidinöse Bestrebungen in Arbeit oder ähnliche ehrgeizigen Anstrengungen umgeleitet. Vielleicht vermag ich es dann doch mit zweiundsiebzig Jungfrauen? Ein scheues Lächeln huschte über sein Gesicht. Er schien sich gerade mutig durchgerungen zu haben, zu zweiundsiebzig Jungfrauen...

Da aber blickte Mohammed auf seine Uhr und trieb seine Männer zur Eile an: „Wir müssen los, bevor die Polizei und die Spezialeinheiten anrücken. Kommt mit mir. Unser Wagen wartet hinter der Moschee.“

„Wohin geht es?“, versuchte Ali, Mohammed zu entlocken, während sie schnellen Schrittes neben ihm in Richtung eines von Gotteskriegern bewachten Ausgangs eilte.

„Es geht nach Al-Madina, Al-Munawwara.“

„Kennt ihr Al-Madina, werte Ali?“, fragte leise der Shrenk, der versuchte mit Ali Schritt zu halten.

„Medina, die Stadt des Propheten, die erleuchtete Stadt“, raunte ihm Ali zu.

Mit Kalaschnikows bewaffnete Gotteskrieger, öffneten die Tür und geleiteten sie zum wartenden Auto. Mohammed winkte ihnen noch einmal zu. „Allahu Akhbar! Haltet durch, es ist für unser Königreich. Für ein reines Königreich! Unbefleckt und rein, so wie Allah es liebt!“
 
18.

Der Fahrer startete. „Wir besuchen zuallererst das Grab des Propheten, in Al-Madina“, verkündete Mohammed, während der Fahrer den silberfarbenen Explorer sicher durch den brodelnden Verkehr von Makka in Richtung Autobahn steuerte. „Es ist mir eine Ehre, euch Dank Allahs, bei mir zu haben. Allah ist groβ. Eine wahre Hadj ist ohne den Besuch vom Grabe des Propheten keine wahre Hadj.“

Ein Handy summte. Mohammed meldete sich und lauschte. Ein Lächeln umspielte seinen Mund.

„Die tapferen Dschihadhis verteidigen unsere Al-Haram Moschee und lesen den Gläubigen die Traktate vor, währenddessen die Polizei die Moschee stürmt. Sie werden die Pilger leider als Geiseln behalten müssen, aber Allah will es so, er hat es mir in einem Traum offenbart.“ Er bedeutete dem Fahrer beim nächsten Parkplatz anzuhalten.

Als der Wagen hielt, stiegen alle aus bis auf Ali, sie lehnte dankend ab. Kaum waren die Männer entfernt genug, griff sie zum Handy das Mohammed auf der Bank liegen gelassen hatte und wählte Paschs Nummer. Sie hatte diese Nummer auswendig gelernt. „Wenn ihr mal irgendetwas braucht“, hatte Pasch gemeint und ihr den kleinen Zettel gereicht. Es läutete. Geh dran, dachte Ali aufgeregt. „Pasch“, meldete sich seine Stimme.

„Wir sind von Mohammed in der Al-Haram Moschee, entführt worden und auf dem Weg nach Al-Madina“, sprach Ali aufgeregt. „Ich kann nicht lange sprechen.“

„Ich komme nach Madina“, sagte Pasch in seinem gemütlichen, schwäbelnden Tonfall. „Wir treffen uns in der Moschee selbst. Allahu Akhbar.“

„Allahu Akhbar.“ Ali legte auf und löschte die Anzeige des Gesprächs.

Der Wagen fuhr mit weit über hundert über die Autobahn, aber die vierhundert Kilometer bis Al-Madina zogen sich dahin. Drauβen zeigte sich eine karge Halbwüstenlandschaft, unter wolkenlosem Himmel in flirrender Hitze, von der im klimatisierten Wagen dank Allah, nichts zu spüren war. Im Radio erklangen immer wieder Nachrichten über den Überfall auf die heiligste Moschee aller Moscheen in Makka. Mohammed war davon wenig beeindruckt. „Mach das mal leiser“, bat er den Fahrer und begann aus der Hadith zu rezitieren:

„Niemand im Paradies möchte wieder zurückkehren, mit Ausnahme des Märtyrers, der im Kampf für die Sache Gottes gefallen ist. Er möchte auf die Erde zurückkehren, um noch zehnmal getötet zu werden, nach all den Ehrenbezeigungen, die ihm im Paradies zuteil wurden.“

„Ist Hassan-Ibn Sabbah, euer Vorbild?“, fragte Ali Mohammed. „Es waren die Hashshashin, die Persien vor fast tausend Jahren in Angst und Schrecken versetzten.“

„Ihr meint den Alten vom Berg?“ Ali nickte.

Mohammed überlegte. „Im Gegensatz zu Hassan-Ibn Sabbah, reise ich durch die Welt, und ob es uns Menschen gefällt oder nicht, es ist eine Welt. Hassan-Ibn Sabbah hat Alamut nie verlassen. Er betete, fastete, übersetzte und verfasste viele Schriften. Aber warum fragt ihr?“

„Weil heute, genau wie damals, das Ziel der Anschläge war, die gerechte Ordnung aus der Zeit des Propheten Mohammed wieder herzustellen. Auch die Versprechen des Paradieses und genau wie damals, die Selbstmordattentäter, die für eine gerechte Sache sterben.“

„Wir haben keine hierarchische Gliederung. Dank Allah, dem Allmächtigen, haben wir viel gelernt und arbeiten als Netzwerk.“ Er lächelte ein wenig spitzbübisch. „Wir sind was unsere Methode anbelangt, moderner. Aber darüber sprach ich bereits. Wir brauchen auch keine Jünglinge betäuben und das Paradies vortäuschen, so wie damals. Wenn das überhaupt der Wahrheit entspricht. - Heute sprechen wir die Sprache aus dem heiligen Koran und überzeugen die jungen Männer. Ich bin nicht der groβe Anführer, wie Hassan-Ibn Sabbah damals in Alamut. Ich bin kein Despot. - Damals wurde Alamut von den Mongolen zerstört und aus war es. Wir aber sind, dank Allah dem Allmächtigen und Weisen, viele unabhängige Zellen und somit unbesiegbar.“

„Ich glaube nicht an einen gerechten Kampf durch Gewallt“, wagte Ali sich vorsichtig vor. „Für mich zählt eher der Dschihad des Herzens. Ein innerer Kampf der in einem selbst stattfinden soll. Ein spiritueller Kampf gegen die eigen Untugenden und Verführungen, verwerflicher Taten und vor allem der Ignoranz.“

„Ignoranz?“ Mohammed fasste sich lachend an die Stirn. „Ignoranz der Menschen, genau. Aber hat sich etwas geändert? Sind die Ungläubigen besser geworden oder weniger ignorant? Es ist zu spät, die Frist ist endgültig abgelaufen.“

„Aber warum kann man den Dschihad nicht durch das ständige Sprechen der Wahrheit auf friedlichem Wege führen?“, mischte sich nun der Shrenk auch in das Gespräch ein.

Mohammed hob die Schultern und seufzte. „"Ich bin einer der Diener Allahs und ich gehorche seinen Befehlen. Einer davon ist, für das Wort Allahs zu kämpfen.“

„Kämpfen?“, fragte der Shrenk. Mohammed nickte. „Heute gibt es im Irak mehr als 50 Millionen Waffen, 5 Millionen Tonnen Munition und viel Geld, das Saddam Hussein für den bewaffneten Kampf zurückgelassen hat. Überall wird gekämpft, im Namen Allahs, und ihr erhaltet nun diese Ehre von Allah, mit mir zu kämpfen. Allah sei gepriesen.

Ihr tapferen Dschihadhis. Ihr werdet kämpfen, an meiner Seite!“
 
6.

Der Shrenk wischte sich den Schweiβ von der Stirn, die Temperaturen stiegen heute wieder ins unerträgliche. Ali ritt wie immer voraus, und in der flimmernden Hitze kam sie ihm fast unwirklich vor. Er seufzte und versuchte vergeblich sein Kamel anzuspornen. Aber Suleika hatte die Ruhe weg und wurde noch langsamer. „Was mache ich hier nur?“, murmelte der Shrenk vor sich hin. „Diese Frage stelle ich mir heute nicht zum ersten Mal.“ Ganz in seine Gedanken vertieft, wurde er etwas lauter:

„Gewiss ist es nicht jedem Menschen vorbestimmt, durch die Wüsten mit Ali zu reiten und sich mit Kamelen zu unterhalten.“

Suleika gab ein leises Wiehern von sich. Es schien, als habe sie den Shrenk verstanden.

„Suleika?“, rief der Shrenk freudig aus. Suleika wieherte erneut und fiel darauf in einen leichten Galopp.

„Suleika. - Glaubst du auch, dass Psychologie einem allenfalls helfen kann, sich etwas besser an sich selbst anzupassen und an seine Umgebung?“

Der Shrenk schüttelte den Kopf und trank aus seiner Wasserflasche. Dann aber wandte er sich erneut mit lauter Stimme seiner Kamelstute zu: “Suleika! Angeblich hilft dir Psychologie nicht, dich zu individualisieren. Ein individueller Mensch sein heißt, auf sich selbst gestellt gehen. Ähm. Reiten.“

Ali drehte sich erstaunt nach dem Shrenk um, der laut vor sich hin deklamierend, im leichten Galopp näher rückte. Seitdem wir in der Rub-Al-Khali sind, hat sich das Verhalten des Doktors, auf eine geradezu dramatische Weise verändert. Er spricht seitdem mit den Kamelen und glaubt wohl, er müsse sie therapieren. Ali zuckte mit den Schultern, diese Shrenks sind ja bekanntlich alle ein wenig verrückt.

„Na, Doktor? Was erzählen sie alles der guten Suleika?“

„Ach, meine liebe Ali, ich dachte nur laut.“

„Doktor Shrenk, wir sind hier um das Denken sein zu lassen. Darum suchen wir die Stille auf. Verstehen sie das, Doktor Shrenk? Philosophie ist wunderbar, wenn sie ein bisschen vor sich hin spinnen wollen. Dafür ist Philosophie groβartig!“

„Ich sprach aber gerade über Psychologie, werte Ali.“

Ali sah zum Doktor herüber und hörte ihm einmal wieder nicht zu.

„Müsst ihr denn ständig an eurem Bart herumfummeln und nachdenken?“

Der Doktor hatte sich in der Wüste diesen Bart wachsen lassen und zwirbelte ihn ständig, wenn er nachdachte, was Ali auf die Palme brachte. Auch wenn gar keine Palmen da waren.

„Es gibt so vieles zu denken und bedenken.“

„Seit mindestens fünftausend Jahren philosophieren die Menschen über alles und jedes und nicht eine einzige Frage wurde gelöst.“

„Ali! Was ist mit den Werten unser Gesellschaft?“

„Werte, Doktor? Meine Werte sind die Stille, der Sand und die endlosen Dünen der Wüste. Der flüsternde Wind und wir auf unseren Kamelen.“

In diesen Augenblick geschah etwas auβergewöhnliches. Akhbar rannte wie ein wild gewordener los. Akhbar stürmte die nächste Sanddüne hinauf und erneut hinunter. Das ging so weiter und so fort. Ali versuchte Akhbar zu zügeln, aber das konnte sie vergessen, denn Akhbar hatte seinen Kopf!

Und Suleika, angesteckt von Akhbars Eifer, stürmte hinterher. Der Doktor musste wohl oder übel, mit seiner Suleika, auf diesem halsbrecherischen Ritt folgen und umklammerte krampfhaft ihren Hals. Der frenetische Ritt wollte kein Ende nehmen. „Was hat Akhbar?“, erkundigte sich der Shrenk ganz auβer Atem bei Suleika.

„Das ist wegen Miriam“, antwortete sie. „Miriam wartet drei Dünen weiter vorne und Akhbar will sie schnellstens wieder sehen. Er hat Sehnsucht nach ihr.“

„Oh, meine liebe Suleika.“, begann der Doktor erneut laut nachzudenken. „Dieser, na wie heiβt er, der amerikanische Hirnforscher? Hm. Andrew Newberg, der versuchte das Numinose im Kernspintomografen festzuhalten. - Auflösung des normalen Zeitgefühls, zentrale Erfahrung mystischer Ekstasen. Das lässt sich kaum auf das räumliche Orientierungsareal zurückführen.“ Doktor Shrenk hielt sich mit der linken Hand an Suleikas Hals fest, während er versuchte, sich mit der rechten Hand hinter seinem Ohr zu kratzen. „Suleika!“

Die Kamelstute war wieder etwas langsamer geworden und wieherte, sie hörte dem Shrenk gerne zu.

„Die Frage Suleika, ist warum die verringerte Aktivität im Gehirn zu jenem allumfassenden Glücksgefühl führen soll, das in der Unio mystica erfahren wird, diese Frage bleibt völlig ungeklärt.“

Der Doktor dachte weiter nach, es gab vieles zu bedenken. - Beispielsweise, dass der Zustand der Erleuchtung auf einen Verlust des egozentrierten Selbstbildes zurückführt, der Ich-Perspektive, wie Austin dies nennt. Doch zugleich zeigt er, dass für diese Selbstaufgabe eben nicht ein einziges Hirnareal verantwortlich gemacht werden kann, sondern dass daran mindestens drei Hirnbereiche beteiligt sind. Er begann mit Hilfe seiner Finger aufzuzählen: die Amygdala, der Hypothalamus und das Mittelhirn. Die Worte Amygdala, Hypothalamus und Mittelhirn, sprach er betont laut aus, dass Suleika interessiert ihre Ohren spitzte.

„Leider, meine liebe Suleika, gibt es keinen Rosetta-Stein, der die subtil verschlüsselte Sprache des Gehirns in die direkte persönliche Erfahrung außergewöhnlicher Bewusstseinszustände übersetzen könnte, sage ich völlig desillusioniert!“

Wie recht du hast Ali, so viel Weisheit, boah da blüht mein Herz auf :kuesse::blume::kiss4:
 
Ich finde echt ein paar geniale Wesen in "Aufgeschrieben", stillschweigend und in sich gekehrt erzählen sie der Welt durch wunderschöne Blumen den Duft des Lebens.
hm......schön, sehr schön das euch diese Welt hat

Danke dir und es sind deine Weisheiten die ich so sehr liebe
denn sie kommen aus dem Herzen. Ich habe eine ganze Weile das Schreiben mehr oder weniger unterbrochen bzw. mehr in Gedichtform oder sagen wir verdichtert und in Englisch geschrieben. Dadurch gelangt man in eine hoehere Schwingung. Man hat ja vor gar nicht mal so langer Zeit mehr Aufmerksamkeit auf Gamma Wellen gegeben:

dass Gammawellen mit hochrangiger Informationsverarbeitung und Durchbrüchen von Erkenntnissen verbunden sind.

hier der Link, ich befasse mich seit vielen Jahren mit Gehirnfrequenzen und glaube, dass wir dadurch in hoehere Dimensionen gelangen....

https://transinformation.net/wie-deine-gehirnwellen-deine-realitaet-erschaffen-und-formen/

LG Ali:)
 
Nicht das Offensichtliche bewegt meine Seele, dachte der Shrenk, während der Fahrer die letzten zwanzig Kilometer in Richtung Medina fuhr. Es geht um die Zeichen die ich mit dem inneren Auge erkenne. Al-Madina erscheint in der Ferne und sie ist keine einfache Stadt. Al-Madina, das ist die ganze Kraft des Glaubens und ihre Quelle. Die Palmen die ich erblicke, sind keine einfachen Palmen, ich sehe nicht mehr nur mit den Augen sondern durch die Kraft meines Herzens nehme ich wahr. „Allahu Akhbar“, sprach der Shrenk in Gedanken. Ich gehöre dazu, zu dieser groβen Bruderschaft und bin auf der Reise zum Propheten und seinem Haus, der Moschee. Aber bitte, oh Allah, rette uns vor diesen wilden Kriegern. Denn ich weiβ, du bist weise und allmächtig.

Während Mohammed und die Gotteskrieger zusammen mit Ali, die Lobgesänge auf den Propheten sangen, rückte Al-Madina näher und näher.

Sie erreichten die Stadtgrenze, wurden sofort durch die Kontrolle gewunken.

„Das ist die Masjid al-Quba Moschee.“ Mohammed deutete auf den groβen Bau rechter Hand: „Die älteste von Muslimen erbaute Moschee.“

Als in der Ferne die ersten dünnen Minarette der Prophetenmoschee, der Masdschid an-Nabawi sichtbar wurden, sprach Mohammed feierlich:

„Heute begrüβen wir dich und nehmen gleichzeitig Abschied!“ Tränen der Rührung bildeten sich dabei in seinen Augen. „Wir fliegen noch heute Nacht.“

Der Shrenk zuckte unmerklich zusammen.

Erneute Kontrollen unterbrachen Mohammeds Worte. Auch hier durften sie gleich passieren. Dann waren sie auf einmal da, erblickten als erstes eine gewaltige grüne Kuppel, die sich über dem Grab Mohameds wölbte.

Der Fahrer hielt an und entlieβ sie ins gleiβende Licht der Mittagszeit. Kaum hatten sie den Hof der Moschee betreten lieβ Mohammed sich inmitten der vielen tausend Pilger auf die Knie nieder und rief:

„Hier bin ich, Oh Allah, hier bin ich – hier bin ich, es gibt keine Gottheit außer Dir, hier bin ich – alles Lob und alle Huld sind Dein, und alle Herrschaft – es gibt keinen Gottheit außer Dir.”

Ali tat es ihm nach, der Shrenk zögerte auch nicht lange und versuchte so gut er es vermochte, den Bismillah mitzusprechen.

Der Pilgerstrohm nahm sie in ihrer Mitte auf, in einem Meer von Menschen gelangten sie langsam ins Innere der Moschee.

Angenehme klimatisierte Kühle empfing sie und oh Wunder! Die berühmte Towbeh Säule tauchte vor ihnen auf, worauf Ali sofort ausrief:

„Allahu Akhbar! Ich möchte hier mein Gebet verrichten.“ Mit groβer Verehrung sank sie auf die Knie, worauf der Shrenk schnell das gleiche tat.

Mohammed nickte. „Betet zu Allah.“ Seine Augen blickten Ali voller Mitleid an. „Es ist gut, zu bereuen und wieder zu bereuen. Wir Gotteskrieger haben nichts vor Allah zu bereuen in unserem heiligen Krieg. So betet und bereut! Wir warten auf euch am Grabe des Propheten.“

Ali hatte bereits ihre Stirn auf den Boden gesenkt und beobachtete erleichtert, wie Mohammed und seine fünf Freunde sich langsam entfernten.

„Oh Allah, du Allmächtiger und weiser Gott! Du hast mir diese Eingebung gegeben. Du hast mich geleitet auf weisem Pfade, direkt zu dieser Säule des Bereuens und dies werden wir nun auch tun.“ Damit kniff sie den Shrenk in den Arm. „Haben sie gehört, Doktor?“

Der Shrenk nickte. „Ich habe Allah bereits mehrmals um Vergebung gebeten, auf noch ein weiteres Mal soll es mir nicht ankommen, wenn dies zu unserer Rettung beiträgt.“

„Einerseits müssen wir uns vor Mohammed und seinen Kumpanen verstecken, aber anderseits müssen wir die Augen aufhalten um Pasch zu finden. Aber Allah ist weise und wird uns helfen in unserer Not und zu unserer Rettung vor Mohammed und den Gotteskriegern beizutragen.“

„Inshallah“, murmelte der Shrenk.

„Und nun wollen wir nochmals alles, aber auch wirklich alles bereuen. Allahu Akhbar.“

„Ja, in der Tat, werter Ali. In der Tat, das wollen wir. Akhbar?“, wiederholte der Doktor verständnislos. „Akhbar fehlt auch mir, Ali. - Und Miriam, Suleika und Omar. Oh Allah, bitte bring uns zurück zu unseren edlen Kamelen. Wir sind verloren in dieser Welt ohne unsere Kamele. Meine geliebte Suleika!“

„Jetzt hören sie doch auf, Shrenk!“, fuhr Ali ihn an. „Sie sollen bereuen und Allah anbeten, nicht unsere Kamele!“

„Ali!“, wie könnt ihr es wagen. Ihr stellt mich seitdem wir die Hadj machen, als Trottel hin. Ich habe zwar viel in letzter Zeit erlebt und viel ist mir widerfahren, aber soweit ich weiβ, bin ich ein berühmter Psychiater.“ Er räusperte sich. „Ähm. Ihr Psychiater, falls ihr das vergessen habt.“

„Wir sollen bereuen, Shrenk. Was haben sie nur für ein aufgeblasenes Ego. Das ist ja nicht auszuhalten“, machte sich Ali Luft. „Kommen sie, es ist besser, wir verschwinden erst mal von hier, ehe Mohammed kommt, um uns zu suchen.“
 
19.

„Wisst ihr, Doktor“, begann Ali dem Shrenk zu berichten. Ali und der Shrenk hatten sich erneut unter die vielen Pilger gemischt. Sie wandelten innerhalb der Moschee in Richtung der Sofeh-Terrasse. Versteckt in einer unüberschaubar groβen Pilgerzahl, wodurch sie am wenigsten auffielen.

Endlich vor der erhöhten Plattform angekommen, der Eywane Sofeh, fuhr Ali fort:

„Wie damals zog der Prophet von Makka nach Al-Madina, und diese Reise wird die Hidschra genannt.“

„In der Tat, lieber Ali.“ Der Doktor räusperte sich. „Wie damals, ja. Aber was hat das mit uns zu tun?“

„Ganz einfach, guter Doktor. Ich habe das sichere Gefühl, dass Al- Madina uns gut gesinnt ist. Auch wir zogen von Makka nach Al-Madina und sind auf der Hidschra.“

„Ist das nicht etwas weit hergeholt?“, fragte der Shrenk skeptisch.

„Glaube versetzt Berge, Shrenk. - Allah wird zu unserer Rettung beitragen.“

„Hm.“

Allahu Akhbar.“

Zusammen unter den anderen Pilgern knieten beide ehrfürchtig vor der Sofeh-Terrasse nieder.

„Es lebten einmal zu Anfang, noch zu Mohammeds Zeiten, viele Gläubige aus Makka, die hier Schutz fanden. Man nannte sie die Sofeh Leute. Es waren die ersten opferbereiten Muslime, die alle Schwierigkeiten auf sich nahmen, aber nicht bereit waren, ihren Glauben aufzugeben. Daher suchen die Pilger, die zur Moschee des Propheten in Al-Madina kommen gerne diese Stelle auf.“

Ali und der Shrenk berührten in Andacht mit ihrer Stirn den Boden.

„Wenn ihr nicht diese blonden Haare hättet, wäre es eine Kleinigkeit, sich zu verstecken“, raunte der Shrenk zu Ali. „Aber mit eurem blonden Bürstenschnitt fallt ihr auf wie ein bunter Hund.“

„Durch meinen falschen Bart ist es nun wirklich nicht so schlimm!“, wehrte sich Ali. „Der Bart steht mir und verleiht mir den Anschein eines weisen Mannes. Im Gegensatz zu ihnen. Ihr Bart, Doktor ist dagegen, wollen wir es einmal so ausdrücken, ein wenig mickrig, ja er ist gegenüber meinem geradezu kümmerlich.“

„Ist es euch eigentlich schon einmal aufgefallen, dass ihr bei jeder Niederwerfung vor Allah, mit mir zu streiten beginnt?“ Das Gesicht des Shrenk war puterrot vor Zorn. „Es kann sich da nur um eure unbewussten autonomen Komplexe handeln, die zusehends eine Eigendynamik durch die Nähe des Fuβbodens erhalten.“ Der Doktor hüstelte. „Sie sind in Wahrheit nicht in der Lage, sich zu verbeugen, sie fassen dies als Erniedrigung auf!“

„Doktor!“, zischte Ali.

„Nein, jetzt lasst mich einmal ausreden. Ihr projiziert euer Unbewusstes auf mich. Ausgelöst durch diese spannungsgeladenen Umstände welche zu einem Neurosen generierendem Verhalten führen!“

„Doktor! Es ging eindeutig um unsere Bärte und darum dass meiner von prächtigerem Wuchs ist. Fehlt nur noch, das ihr das mit dem Penis Neid in Verbindung bringt.“ Ali kicherte. „Dazu handelt es sich ohnehin um einen falschen Bart. Aber was blieb mir anderes übrig? Nachdem wir uns in Mikat die Haare schnitten, blieb mir nur diese Wahl, denn während des Ihram ist es strengstens verboten sich die Haare zu schneiden oder sich zu rasieren. Also wäre es längst aufgefallen, dass ich keinerlei Bartwuchs habe.“

„Das sind nur Ausflüchte! In Wirklichkeit begegnet ihr euren verdrängten Seelenanteilen und nicht gelebten psychischen Zügen. Diese ganzen Streitigkeiten zeigen ganz klar auf, dass ihr euch darstellt, als habt ihr nur Gutes im Sinn, während ihr die schlechten Eigenschaften auf mich projiziert!“

„Shrenk! Es reicht! Es ging um unsere Bärte, und darum. Dass mein Bart schöner ist als ihrer. Das ist ja wohl eine Tatsache. Sie sind in Wirklichkeit nur neidisch auf meinen Bart. Und vorhin ging es darum, dass sie Allah huldigen sollten und nicht unseren Kamelen. Ich gestehe, dass auch ich Sehnsucht nach meinem Akhbar habe, aber im Gegensatz zu ihnen nie auf die Idee käme, ein Kamel anzubeten!“

„Ein Kamel anbeten“, murmelte der Shrenk und schüttelte fassungslos den Kopf. „Dann sollten wir endlich zu Allah dem Allwissenden beten, werter Ali. Allah weiβ genau dass ich im Recht bin, und ihr nicht.“

Ali und auch der Doktor hatten sich im Eifer des Gefechts längst aufgerichtet. Beide knieten sich gegenüber und blickten einander feindselig in die Augen. Beide warfen sich wütende Blicke zu.

„Shrenk. Seid ihr schon einmal auf die Idee gekommen, dass ihr derjenige seid, der massiv projiziert? Ihr seid es, der durch die Nähe des Fuβbodens anscheinend so stark getriggert werdet. Es muss der Fuβboden sein der euch zu diesem aggressiven Verhalten drängt!“ Alis Stimme wurde merklich lauter.

„Ihr wollt immer Recht behalten, darum geht es.“

„Nein! Das seid ihr, werter Shrenk. Doch ich werde mich besinnen und endlich zu Allah beten.“

„Oh Wunder!“, vernahmen beide. „Bei Allah und seinem weisen Propheten Mohammed! Zwei die so laut und hitzig diskutieren und dazu in Deutsch, dabei kann es sich nur um euch handeln.“ Pasch musste lachen. „Überall habe ich nach euch gesucht. Allah meint es gut mit uns allen, wenn ich das nicht wüsste, würde ich glatt durchdrehen! Euer Anblick hat schon von weitem auf sich aufmerksam gemacht!“
 
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„Bei Allah dem Barmherzigen! Unser Hans Omar Pasch erscheint in wahrhaftiger Gestalt.“ Ali erhob sich und umarmte erleichtert Pasch.

„Verzeiht unseren kleinen Disput.“ Der Shrenk versuchte ein Lächeln zustande zu bringen, was ihm nicht richtig gelingen wollte. Aber das war jetzt ziemlich unwichtig. Pasch sah auf die Uhr und fragte: „Wart ihr beim Grab des Propheten?“ Ali und der Shrenk verneinten.

„Wir zogen es vor, an der Towbeh Säule Busse zu tun und zu bereuen“, klärte der Shrenk Pasch auf. „So konnten wir uns von unserer gefährlichen Begleitung befreien, indessen Mohammed und seine Freunde zum Grab des Propheten vorgegangen sind.“

„Gut. So geleite ich euch noch dorthin. Dann geht‟s zurück nach Dschidda.“

„Was ist mit Mohammed?“, erkundigte sich der Doktor vorsichtig.

„Mohammed ist längst nicht mehr da. Ich komme vom Grab des Propheten und da war kein Mohammed mehr.“ Pasch dachte kurz nach. „Wenn sie euch suchen, so suchen sie überall, nur nicht mehr am Grab, denn dort wart ihr verabredet, oder?“ Ali nickte.

„Wenn Mohammed euch sucht, dann nicht am Grab Mohammeds. Also los. Ich kenne das hier alles wie meine Westentasche, habe ich doch vor fünfzehn Jahren die Prophetenmoschee umgebaut.“ Pasch deutete nach oben. „Das sind siebenundzwanzig fahrbare Kuppeln. Sie machen die Höfe darunter wandelbar, entsprechend dem Schatten, den wir bei der Hitze so dringend benötigen.“

„Das ist in der Tat groβartig, einfach genial. Und wie werden die Kuppeln bewegt? Die sind bestimmt sehr schwer.“

„Ja, Doktor. Jede Kuppel wiegt achtzig Tonnen. Sie sind auf einem Fahrgestell aus Stahl gebaut und mit vier Motoren von je 1400 Watt ausgerüstet, die so die 400 qm großen Kuppeln in 70 Sekunden öffnen oder schließen können.“ Pasch strahlte. „Nachher zeige ich euch noch etwas besonders schönes.“ Worauf er sich den Weg mit seinen Schützlingen zum Zentrum der Moschee bahnte.

„Dort!“, rief der Shrenk. Er wurde blass und zeigte in die Richtung der Hananeh Säule. Dort stand Mohammed, der sich an die Säule gelehnt hatte und sprach zu seinen Freunden.

„Runter mit euch!“, warnte Pasch, der stehen blieb und Mohammed beobachtete. „Er hält eine kleine Ansprache, genau wie unser Prophet es damals an dieser Säule gerne tat.“

Ali und der Shrenk hatten sich inzwischen hin geduckt und legten ihre Stirn auf den Boden. „Lass uns beten, Ali“, hauchte der Shrenk. „Aber ohne Streit. Allahu Akhbar.“

„Allahu Akhbar“, sprach auch Ali. Worauf Pasch leise warnte: „Aufgepasst! Sie kommen in unsere Richtung!“ Entschlossen zog er Beide hinter eine Säule. „Und jetzt heiβt es hurtig zu verschwinden. - Dort ist eine Tür“, deutete Pasch auf eine unscheinbare Nische. „Los, los, beeilt euch.“ Den Wächter dort begrüβte er freundlich, er kannte Pasch und lieβ ihn ohne groβ zu fragen passieren. In einem Treppenhaus folgten Ali und der Shrenk, dem Pasch nach unten. Er öffnete eine Stahltür. Der Lärm summender Motoren kam ihnen entgegen „Das ist der Maschinenraum. - Hier solltet ihr in Sicherheit sein.“ Pasch sichtlich erleichtert, winkte einem Monteur zu. „Das sind Freunde von mir und Karim Bin Awad, also behandelt sie auch entsprechend höflich.“

Pasch pustete die Luft aus. „Eines weiβ ich mit gröβter Sicherheit. Allah meint es gut mit uns allen, wenn ich das nicht wüsste, würde ich glatt durchdrehen!“

„Was machen wir jetzt?“, klang es einheitlich aus des Shrenk und Alis Mund.

„Ihr wartet hier, der weil ich mich oben nach Mohammed umsehe.“ Pasch grinste. „So gut wie ich kennt keiner diese Moschee. Drei Jahre lang war ich ständig hier um nach dem Rechten zu sehen. Ich kenne hier jeden Winkel. Also werde ich Mohammed schon irgendwo auftreiben und beobachten, was er vorhat. Ihr bleibt unbedingt hier, ich komme bald!“ Damit flitzte Pasch zur Tür hinaus.

„Warum redet ihr nicht, werter Ali?“

„Weil ich nicht nochmals mit euch in Streit geraten möchte. Auβerdem ist hier genug Motorenlärm.“

„Hm.“ Der Shrenk wischte sich den Schweiβ vom Gesicht.

„Ratet einmal an was ich gerade denke, Shrenk.“

„An unsere Bärte?“

„Nein, ich dachte an die vielen goldenen Kronleuchter in den Wirtschaftsimperien der Prince-Abdul Aziz-Street von Dschidda.“

„Was in eurem Geist nur so alles umgeht.“ Der Shrenk schüttelte missbilligend den Kopf und atmete schwer.

„Was habt ihr, Shrenk?“

„Es ist stickig hier. Ich glaube, ich brauche frische Luft.“

„Kommen sie, Doktor.“ Ali erhob sich und half dem Doktor aufzustehen. „Dann gehen wir einfach mal kurz an die frische Luft.“

Sie verlieβen den Maschinenraum und gelangten auf einen langen Korridor. In der Hoffnung einen anderen Ausgang zu finden, als den mit dem sie zusammen mit Pasch gekommen waren, gingen sie auf dem Korridor weiter. Mehrere Türen führten in Räume, aber ein Ausgang war nirgends zu sehen.

„Halt! Stehen bleiben, was habt ihr hier zu suchen?“ Zwei Polizisten, es handelte sich um Mutawas, die in Saudi Arabien so gefürchteten Religionspolizei, standen bedrohlich vor ihnen. „Zeigt mir eure Umhängetaschen! – Habt ihr nicht gehört?“

Einer der beiden Beamten verpasste Ali einen Stockhieb. „Ich möchte eure Taschen sehen.
 
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