Joyce Meyer

Meyer's Predigten üben insbesondere auf sensitivere junge Menschen, die inmitten der Phase des Suchens und Strebens nach Sinn und Lebensfülle sind, eine enorme erweckende, begeisternde und ermutigende Magie aus. Sie wird als eine dem alltäglichen Dasein starke und gewachsene lebenserfahrene Autorität empfunden, deren Ansichten, Mahnungen, Ratschlägen und Weisungen man sicher glauben und vertrauen darf. Diesen Eindruck erweckt sie sogar schon rein äußerlich: Ihr Kleidungsstil entspricht ganz dem Körpertyp und dem eigenwilligen Charakter. Sie wirkt - zumal als Frau - verhältnismäßig groß und kräftig, die Haltung ist aufrecht und gestreckt, der Gang lässig und dennoch selbstsicher und würdevoll. Gesichtsausdruck und Mimik lassen keine Zweifel zu: Was sie sagt, ist unumstößlich wahr und jeglichem Widerspruch gewachsen, und das wird durch ihre sonore tiefe Stimme noch einmal bekräftigt.
Als junger Mensch wäre ich von ihr sehr abgeschreckt gewesen und im Grunde genommen bin ich das auch heute noch, nur bin ich etwas älter geworden und sehe die Dinge differenzierter als einst.
Die äußerliche Erscheinung wirkt männlich dominierend und gar nicht weiblich, wenngleich sie immer wieder von ihren Kindern spricht, die sie großgezogen hätte.
Wer äußerlich aufrecht geht, so heißt das nicht unbedingt, dass aus dem Munde Wahrheit und Wahrhaftigkeit spricht. Schon wenn eine Frau sich wie ein angeberischer Mann verhält, ist das suspekt.

Wenngleich Meyers Predigten sich inhaltlich als recht hausbacken darstellen und nicht sehr auf spirituellem Niveau liegen, gerade aber deshalb dem allgemeinen Fühlen und Denken dem Gros ihrer Zuhörer besonders entgegenkommen, sollte die gott-gewollte Mission ihres öffentlichen Wirkens erkannt und keineswegs unterschätzt werden. Allein die Tatsache, dass ihren Auftritten regelmäßig tausende Menschen mit lauterem Herzen und guten Absichten folgen und noch mehr über Funk, Fernsehen und Video gespannt und sehnsüchtig an ihren Lippen hängen, ist ein deutliches Zeichen hierfür.
Ich erkenne gar kein spirituelles Niveau, vielmehr sind ihre Interpretationen der Bibelstellen profan.
Naja, mit der Interpretation eines "Gott-gewollten" bin ich sehr vorsichtig, denn dann müsste ja alles Perverse und Sadistische vom Göttlichen gewollt sein. So kann ich mir nicht denken, dass die fürchterlichen Umtriebe der Nazis vom Göttlichen gewollt waren.

Diese Menschen herablassend zu belächeln, sie rechthaberisch "aufzuklären" oder takt- und herzlos eines "Besseren" zu belehren, würde ihr religiöses Empfinden zutiefst verletzen den Zorn der Götter beschwören. Als spirituell Fortgeschrittene und werdende Christen aber erweisen wir uns, sofern wir uns in die seelisch-geistige Befindlichkeit unsere "jüngeren" Mitbrüder auf ihrer gegenwärtigen Reifestufe verstehend hineinfühlen und und ihren augenblicklichen inneren Bedürfnissen liebevoll begegnen.
Ein religiöses Empfinden kann ich nicht erkennen, soweit ich die Sendungen gesehen habe, sondern die übliche Verwechslung des Profanen mit Religiösem.
Naja, liebevoll begegnen, was heißt das nur, wo beginnt das, wo hört das auf? Gehört es denn nicht zur Verantwortung, dem jeweiligen Reifegrad auf die Sprünge zu helfen, etwa wie ein Lehrer in der Schule dem Schüler dazu verhilft, in die nächste Klasse zu kommen? - Oder soll der liebe Gott alles machen und wir anthroposophisch Orientierten stehlen uns aus der Verantwortung?
 
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Joyce Meyer hatte ich auch schon ein paarmal angeschaut – mir ist sie aber zu klerikal. Besser gefällt mir Bobby Schuller aus „Hour of Power“, mit dessen Gedanken auch der weniger Gläubige etwas anfangen kann. Schuller hat mehr Hintergrundwissen in Sachen Christentum, das er aber nur sehr anschaulich und locker mit in seine Predigt einfließen lässt.

Merlin
 
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