Israel

Mm, ja Ruth Lapide scheint ähnlich fit zu sein, aber sie hat ein Trauma erlebt, als sie als Kind aus Nazideutschland fliehen musste 1938. Leibowitz war damals schon längst in der Schweiz, noch vor Hitlers Machtübernahme. Und man merkt, dass Ruth Lapide ihr Trauma noch nicht verarbeitet hat, ich sah ein Video, wo sie zu ihrem Leben befragt wurde. So ein Trauma könnte sich lebensverkürzend auswirken, hoffe ich natürlich nicht, aber es gibt entsprechende Statistiken, die darauf hinweisen.


Das kann natürlich sein, jedoch habe ich auch einen Bericht gesehen, in dem eine junge Deutsche ein soziales Jahr in Israel macht und dort in einem Altenheim arbeitet. Da sind einige wirklich alte Leute dabei, fast hundertjährige, Überlebende des Holocaust, die der jungen Frau von ihren schlimmen Erlebnissen erzählen. Also es gibt Leute, die trotz ihres Traumas auch sehr alt werden. Vielleicht hat da die neue Umgebung in Israel da mitgeholfen, ihnen gut getan. Wenn sie in Deutschland geblieben wären, wäre das wahrscheinlich schlimmer gewesen. Und jeder Mensch geht wahrscheinlich auch anders damit um.

In dem Kibbuz, in dem ich gearbeitet hatte, hatte ich auch einen Mann kennengelernt, der als Kind im KZ war. Ich wurde in die Wäscherei eingeteilt, musste morgens um 5 Uhr beginnen. Dort stellte sich mir ein Menachem vor, er sprach mit mir Englisch. Als er fragte, woher ich komme und ich sagte, dass ich aus Deutschland bin, war sein erster deutscher Satz:"Ich war in Auschwitz!" Und zeigte mir auch seine eintätowierte Nummer. Ich dachte zuerst, dass es ich dadurch eventuell mit ihm nicht leicht haben werde, aber im Gegenteil, er war so wunderbar und er wurde dort mein älterer, lieber Freund, seine Frau war auch sehr lieb und ich habe ihn immer wieder besucht, wenn ich in Israel war. Ich fragte ihn, ob er keine Hassgefühle hätte gegenüber Deutschen und er sagte, er hätte lange Zeit gehadert, aber irgendwann festgestellt, dass das nur ihn krank machen würde und das nichts bringen würde. Ich denke auch, dass er das wirklich für sich verarbeitet hat. Ich weiss aber, dass er inzwischen verstorben ist. Er ist leider nicht sehr alt geworden!:(
 
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Als er fragte, woher ich komme und ich sagte, dass ich aus Deutschland bin, war sein erster deutscher Satz:"Ich war in Auschwitz!"

Ich hab das ähnlich erlebt - in der Schweiz, wohin doch viele Israelis reisen, ist leichter, als direkt nach Deutschland zu fahren. Ich glaube, es liegt auch an der Sprache, es ist immerhin ihre Muttersprache. Da ist natürlich das Bedürfnis groß, sich endlich wieder in Deutsch mitzuteilen und in der Muttersprache den Kummer zu erzählen. Das verstehen dann oft ihre nichtdeutschsprachigen Angehörigen nicht so wirklich. Aber der Hunger ist groß, würde mir auch so ergehen, wenn ich im Ausland leben würde und nie Deutsch sprechen könnte mit meinem Umfeld. Da würde ich wohl sogar einen "Feind" umarmen, der auf einmal Deutsch mit mir spricht.

Ich glaube, es sind sehr gemischte Gefühle dabei, solange man jemanden nicht näher kennt. Man kann ja nicht wissen, ob der/die fremde Deutsche anders ist, wobei das bei einer Deutschen im Kibbuz schon wahrscheinlicher ist. ;)

Ich finde übrigens die Schwester von Leibowitz, den Du zitiert hast, interessant. Sie war ja Bibelwissenschaftlerin.
 
Ich hab das ähnlich erlebt - in der Schweiz, wohin doch viele Israelis reisen, ist leichter, als direkt nach Deutschland zu fahren. Ich glaube, es liegt auch an der Sprache, es ist immerhin ihre Muttersprache. Da ist natürlich das Bedürfnis groß, sich endlich wieder in Deutsch mitzuteilen und in der Muttersprache den Kummer zu erzählen. Das verstehen dann oft ihre nichtdeutschsprachigen Angehörigen nicht so wirklich. Aber der Hunger ist groß, würde mir auch so ergehen, wenn ich im Ausland leben würde und nie Deutsch sprechen könnte mit meinem Umfeld. Da würde ich wohl sogar einen "Feind" umarmen, der auf einmal Deutsch mit mir spricht.

Ich glaube, es sind sehr gemischte Gefühle dabei, solange man jemanden nicht näher kennt. Man kann ja nicht wissen, ob der/die fremde Deutsche anders ist, wobei das bei einer Deutschen im Kibbuz schon wahrscheinlicher ist. ;)

Ich finde übrigens die Schwester von Leibowitz, den Du zitiert hast, interessant. Sie war ja Bibelwissenschaftlerin.


Ja, das wird sehr ambivalent sein, mit der Sprache, es gibt aber auch Israelis, die nie wieder deutsch sprechen wollen.

Leibowitz selber war auch echt spannend, in seinem Vortrag sagte er, dass Israel als Staat eigentlich nicht rechtens sei. In seinem Vortrag saßen auch einige Palästinenser!:)
 
Leibowitz selber war auch echt spannend, in seinem Vortrag sagte er, dass Israel als Staat eigentlich nicht rechtens sei.

Am Ende hat er aber offenbar die zionistische Idee doch unterstützt. Ansonsten war Jeschajahu Leibowitz in Israel sehr umstritten. Ich denke, dass er anders gedacht hätte, wenn er selbst den Holocaust miterlebt hätte. Er emigrierte - wie übrigens auch mein Großvater - schon vorher in die Schweiz. Und von der Schweiz aus ist die Perspektive schon etwas anders. Die zionistische Idee wurde zwar auch in Basel entwickelt, aber von Flüchtlingsjuden. Ich persönlich finde die Friedensbemühungen zwischen Israelis und Palästinensern begrüßenswert - und die gibt es! - sehe es aber schon so, dass Israel rechtens ist, so wie die Schweiz. Es gibt viele Schweizer, die Israels Rechtsanspruch gut nachvollziehen können, auch solche aus rechten Parteien, denn die Schweiz musste sich auch zwischen großen Ländern behaupten und ihre Autonomie immer wieder demonstrieren, um nicht geschluckt zu werden von den umliegenden Ländern. :)
 
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