Ich folge dem Ruf meines Herzens

Mein Geliebter


die Frage kannst du mir besser beantworten, ob zwei Menschen aus so unterschiedlichen Kulturen überhaupt zusammenpassen?
Orient und Okzident...
Ah ja, du sagst es, deine Tochter ist mit einem Mann verheiratet, der aus der Türkei stammt. Ja, aber bereits in Deutschland geboren und studierte in den USA. Und obendrein mit deiner Tochter, eine im Sternzeichen Widder geborene, hat dein Schwiegersohn, er ist Waage, es nicht immer leicht. Ich glaube ja, die Beiden waren bereits zusammen auf der Seidenstrasse inkarniert und jagten auf wilden Pferden über die mongolischen Steppen...

Nur soweit zu Stärke der Frau, zu ihrer weiblichen Kraft...
also schaun wir mal weiter, wie sich das Kismet enfaltet:


Stella erwachte am frühen Morgen und stellte fest, dass sie allein war. Die wenigen Möbel im Raum konnte sie kaum sehen. Erst ganz allmählich fiel mehr Licht durch die Vorhänge.
Stella fühlte sich besser und blickte neugierig umher.
Das Doppelbett, in dem sie lag, war ein einfaches Messinggestell. Am Fenster standen ein Tisch und zwei Stühle, an der Wand ein Kleiderschrank. Rechts und links führte je eine Tür nach draußen.

Da dachte sie an jenen ersten Tag zurück, als sie mit Mahoud in dieses Haus eintrat.

Komm mit mir“, hörte sie ihn sagen.

Durch einen offenen Bogeneingang kam man von der Eingangshalle aus ins Wohnzimmer. Die Einrichtung war arabisch. Granatrote Perserteppiche lagen auf dem Boden. An der linken Wand befand sich ein Kamin, in dem ein Feuer brannte. Zu beiden Seiten standen niedrige Sitzpolster aus goldbedruckter Seide, davor Tische mit kunstvollen Einlegearbeiten aus Perlmutt und Ebenholz. Die Nachmittagssonne schien durch die farbigen Butzengläser der Fenster und tauchte den Raum in goldenem Licht. Links in der Ecke war ein Erker, mit Seidenkissen ausgelegt. Mehrere Zierpalmen in glasierten Keramiktöpfen schmückten die Wand daneben. Von dort gelangte man durch einen weiteren Bogengang ins Esszimmer.

Die Einrichtung war für Stella beeindruckend in ihrer morgenländischen Ausstrahlung. Da entdeckte sie rechts eine halboffene Tür aus Glas, die zu einem Patio hinausführte. Stella schaute neugierig hinaus.

Draußen empfing sie ein kleines Paradies. Die Mitte des Innenhofs schmückte ein Springbrunnen in achtzackiger Sternform mit plätschernden Wasserfontänen. In jeder Ecke des großen Hofes wuchs ein Orangenbaum. Die daran hängenden Früchte bildeten als Farbtupfer einen sagenhaften Kontrast zum blauweißen Arabeskenmuster der Bodenkacheln.

Mahoud war hinausgekommen und setzte sich zu ihr auf den Brunnenrand. Die Sonne schickte ihre letzten Strahlen auf das Spiel von Myriaden Wassertropfen.

Stella musste wieder eingeschlafen sein, denn als sie die Augen aufschlug, war Nadja im Zimmer und öffnete die Vorhänge.

Stella blickte auf die schmalen, hohen Fenster.

Da kann man nicht heraus, dachte sie, das wird der Begrenzungsraum sein, von dem Mahoud sprach. Einer der verschlossenen Räume im obersten Stockwerk des Hauses, die er mir zeigen wollte. Aber dazu kam es ja nie...

Ihr schauderte.

Nadja brachte eine Schüssel mit warmem Wasser und wusch Stella. Dann zog Nadja ihr ein frisches Nachthemd an Als sie die junge Frau nach Mahoud fragte, schüttelte Nadja nur verneinend den Kopf und verschwand.

Im Raum war es inzwischen heller geworden. Die Strahlen der Vormittagssonne fielen durch die Butzenscheiben und tauchten das ‘Gefängnis‘ in goldenes Licht. Stella fragte sich, wie lange Mahoud vor habe, sie als Gefangene zu halten.





Ali Abdullah Juma war schon benachrichtigt worden, dass sein ehemaliger Chef und guter Freund Jochen ihn dringend sprechen wollte. Ali Abdullah schätzte Jochen sehr, weil der sich damals besonders für ihn einsetzte.
Ich hatte gerade die Universität absolviert und bekam den Job bei Bayer Dubai, dachte er und hörte heute noch, wie sein ehemaliger Boss zu dem Bayerdirektor aus Deutschland sagte: So einem tüchtigen und intelligenten jungen Mann müssen Sie eine Chance geben.
Ali Abdullah gehörte zur aufsteigenden Yuppie Generation, die Dubai vorwärts bringen will... Bayer gab ihm die Chance und holte ihn zu Fortbildungslehrgängen nach Leverkusen.

Ali musste lächeln. Das ist auch schon wieder eine Weile her. Ich habe Bayer nicht enttäuscht. Er blickte aus dem Fenster seines Büros, beobachtete die Dhau Schiffe draußen auf dem Wasser und war zufrieden.
Dann wählte er die Nummer seines Freundes in Portugal.
„Hallo, Jochen. Das ist eine Überraschung, was kann ich für dich tun?“
„Erst einmal möchte ich gerne erfahren, wie es deiner Familie geht?“
„Danke. Es geht allen bestens“, erwiderte Ali Abdullah.
„Und was macht Dubai?“
„Dubai?“ Ali lachte. „Was hier bei uns passiert, mein Freund, kann nur noch in Superlativen beschrieben werden. Wir bauen fieberhaft an unseren beiden Palmen.“
„Zwei Palmen, Ali? Ich dachte eine.“
„Es sind zwei Palmen. Palm Jumeirah soll bereits 2005 fertig sein und Palm Jebel Ali
2007“, verkündete Ali Abdullah stolz.
„Das ist ja unglaublich.“
„Ja, Jochen. In der Tat! Man spricht von zusätzlich hundertzwanzig Kilometern Küste, die dadurch geschaffen werden. Du kannst dir also noch eine Villa kaufen, Jochen. Mit eigener Bootsanlegestelle.“
„Ach weißt du, Ali. Ich auf meine alten Tage bin in Süd-Portugal sehr zufrieden. Du solltest mich einmal besuchen.“
„Wer weiß. Es gibt einige Investoren aus der Golfregion bei euch. Soweit ich informiert bin, hat ein Kuwaiti das Sheraton an der Algarve gekauft.“
„Ja, Ali.“ Jochen seufzte. „Ihr schwimmt in Öl...“
„Nein, nein. Bei uns am Golf wird ernsthaft gearbeitet. Scheich Mohamed bin Raschid al-Maktoum hat gerade wieder über tausend Firmen nach Dubai geholt. Und dadurch 14000 neue Arbeitsplätze geschaffen.“ Ali lachte. „Bayer profitiert auch davon. Die Sparte Kunststoffe und Lacke hat letztes Jahr mit hervorragenden Ergebnissen abgeschlossen.“
„Ich gratuliere, Ali.“
Jochen machte eine kurze Pause. „Der Grund, warum ich anrufe ist, dass ich dringend deine Hilfe benötige.“
Er weihte Ali in die mysteriöse Geschichte seines Freundes ein und erzählte ihm von der Ankunft Stellas und Mahoud Habbas in Dubai am 30. Januar.
„Vor etwa zwei Wochen.“
„Am achten Februar kam der Anruf aus dem Hilton von Abu Dhabi.“ Jochen schwieg.
„Ali, erkundige dich bitte in Dubai, ob der Name Habbas dort bekannt ist.“
„Habbas“, wiederholte Ali Abdullah nachdenklich.
Kurze Pause.
„Ja, natürlich, Habbas! Ein reicher Libanese. Besitzer der DCC. Die Dubai Constructing Company. Das ist eine der großen Baugesellschaften hier. Ein guter Kunde von uns. Ich kenne Mohamed Habbas sehr gut. Werde ihm einen Besuch abstatten.“
„Mohamed?“, fragte Jochen. „Unser Mann heißt Mahoud. Er könnte ein Verwandter sein.“
„Jochen. Ich mache sofort einen Termin bei Mohamed. Du hörst von mir.“

Kismet
 
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Geliebter Freund

was für eine Geschichte, Kismet. Ich habe dir, als wir uns begegnet sind, die Hintergründe davon erzählt.
Ja und Mahoud? Dass ich ihn liebe, so wie ein paar andere wichtige Menschen in meinem Leben, die mir halfen mein Kismet selbst zu gestalten.
Da kommt auch die Frage hoch, was ist Liebe? Es gibt ja nur eine Liebe und sie ist die "Seins-Liebe"
Wir sind hier auf der Bühne des Lebens und spielen unsere Erdenspiele, solange, bis wir sie gelernt haben. Wir haben viel viel Zeit, denn im Grunde genommen existiert Zeit nicht, Zeit ein Hilfskonstrukt. Wir spielen lernen dabei, machen Erfahrungen. Und werden frei, dann fliegen wir...


Guten Morgen, Mister Ali“, begrüßte Mohamed Habbas seinen Gast. „Was verschafft mir so früh am Morgen schon die Ehre?“
„Ich komme in der Angelegenheit eines deutschen Freundes“, antwortete Ali und nahm in Mohameds Büro Platz.
„Da haben Sie Glück gehabt, mich hier zu treffen. Eigentlich wäre ich auf der Baustelle gewesen.“
Mohamed bestellte Kaffee und wartete.
Doch zunächst erkundigte sich Ali Abdullah höflich nach Mohameds Familienangehörigen. Dann begann er:
„Mein älterer Bruder Omar will mit seiner Frau in zwei Wochen nach Mecca pilgern und meine beiden Töchter mitnehmen.“
Ali seufzte. „Bei uns zu Hause herrscht große Aufregung. Shaila und Maha sind nur noch mit den Vorbereitungen für die Umrah beschäftigt.“
Er lachte. „Und das ist ja nur die kleine Pilgerreise nach Mekka. Wenn meine Töchter die Haj machen würden, könnte ich die ganze Unruhe noch verstehen.“
„Ich erinnere mich noch genau an meine erste Haj,“ antwortete Mohamed lächelnd. „Damals pilgerte ich zusammen mit meinem Bruder nach Mecca. Es war recht abenteuerlich. Natürlich gab es wieder einmal Unruhen. Aber ein überwältigendes Erlebnis war es dennoch. Ich war noch nicht verheiratet. Es ist gut, wenn die Töchter erst einmal die Umrah machen. Da sind nicht die vielen Menschen wie bei der Haj und es kommt nicht zu Unfällen.“
„Ja, so eine Pilgerreise prägt für das ganze Leben, lieber Mohamed.“
Ali machte eine kurze Pause.
„Ich wusste gar nicht, dass Sie einen Bruder in Dubai haben. Arbeitet er in Ihrer Firma?“
„Leider nein. Er macht etwas ganz anderes als ich. Mahoud lebt nicht in Dubai.“
„Ach so. Dann sehen Sie ihn sicherlich nur selten?“
Ali fragte so harmlos wie möglich, um sich an die gewünschte Information langsam heranzutasten.
„Er besucht mich ab und an in Dubai“, erzählte Mohamed. „Wir sind eine Familie mit Traditionen und halten zusammen. So hat es auch unser Prophet Mohamed befohlen. Allah sei ihm gnädig. In unserer Familie herrscht Einigkeit. Bei meinen Söhnen und Töchtern. Dank Allah.“
Ali trank seinen Kaffee aus und fragte, ob der Bruder im Libanon wohne.
„Nein. Er arbeitet in Dharan. Mahoud ist dort Ingenieur bei der Petromin.“

Warum nur will Ali derartige Einzelheiten über meinen Bruder wissen, überlegte Mohamed. Ihm wurde es langsam unbehaglich.
„Dharan ist ja nicht weit. Da kann er schnell mal herfliegen“, meinte Ali mit Unschuldsmiene.
„Ja. Er kam auch unlängst zu Besuch.“
„War das am 30 Januar?“, erkundigte sich Ali wie nebenbei.
„Ja, genau. Woher wissen Sie das?“
Mohamed strahlte Ali Abdullah an, aber in seinem Kopf klingelten die Alarmglocken. Er ließ sich jedoch nichts anmerken und schenkte noch einmal Kaffee ein.
„Das hat mir mein Freund berichtet. Jochen Bergmann, der ehemalige Chef von Bayer.“
Ali Abdullah sah ihn fragend an.
„Sie müssten Jochen eigentlich noch kenne. Er hat sich vor zehn Jahren zur Ruhe gesetzt und wohnt jetzt an der Algarve in Südportugal.“
Jetzt war sich Mohamed sicher. Stella kam aus Portugal! Nachdenklich fasste er sich ans Kinn, wollte Zeit gewinnen. Wieder ruhig werden.
Welche Frage kommt als nächste, dachte er.
„Jochen Bergmann. Ja natürlich! Ich erinnere mich.“
Sein Gesicht hellte sich auf. „Wie geht es ihm?“
„Meinem Freund geht es gut.“
Ali Abdullah schaute zum Fenster hinaus.
„Jochen hat einen Freund. Und dessen Frau soll spurlos verschwunden sein. Eine Stella Andreatti. Sie soll zusammen mit einem Mahoud Kamal Habbas nach Dubai geflogen sein.“
Ali sah Mohamed eindringlich an.
„Ein Flug am 30 Januar von Dharan nach Dubai? Mit Saudi Arabian Airlines?“
„Richtig. Die beiden waren unterwegs nach dem Oman.“
Mohamed schenkte ihm ein gewinnendes Lächeln.
„Sind mit dem Land Rover gefahren. Ich glaube, Ihr Freund braucht sich da wirklich keine Sorgen zu machen. Mein Bruder kennt den Oman, er war bereits mehrmals dort.“
Ali entschied sich, erst einmal das Hilton von Abu Dhabi nicht zu erwähnen.
„Ja, dann bin ich beruhigt. Werde das Jochen mitteilen.“
Er hob fragend die Brauen. „Wissen Sie, wann die beiden wieder zurück kommen?“
„Leider nein, mein lieber Ali.“
Mohamed zuckte bedauernd die Schultern.
„Wenn ich etwas erfahre, hören Sie von mir.“
„Danke, Mister Mohamed. Das ist überaus freundlich von Ihnen.“
Er lachte. „Diese Deutschen. Immer gleich böse Vermutungen. Dafür sind sie aber zuverlässige Geschäftspartner. Nur halt übertrieben vorsichtig.“
„Das ist wahr“, stimmte ihm Mohamed erleichtert zu. „Ihre Produkte sind aber von bester Qualität. Man kann sich auf die Deutschen verlassen, und die Geschäftsbedingungen sind fair.“ Mohamed strahlte. „Aus diesem Grund kaufen wir auch seit Jahren von Bayer.“
„Es freut mich, dies von Ihnen zu hören, Mohamed. Übrigens, Ihre Lieferung Makrolon wird gerade entzollt. Wenn alles wie vorhergesehen klappt, können wir morgen liefern.“
Ali stand auf. „Und jetzt muss ich mich verabschieden, lieber Mohamed. Ich danke für Ihre überaus freundliche Auskunft.“
„Keine Ursache, mein Freund.“
Mohamed geleitete ihn zur Tür.
„Salam Aleikum, lieber Ali.“
„Salam Aleikum, Mohamed.”
Mohamed saß lange Zeit unbeweglich da. Dann griff er zum Telefon und rief seinen Bruder Mahoud an.

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Stella wachte erneut auf. Sie hatte diesmal ruhiger geschlafen und fühlte sich besser.
Nach und nach verblasste das orangefarbene Licht der späten Nachmittagssonne, bis es schließlich völlig erlosch. Die Farben im Raum verschwanden. So spät ist es schon, dachte Stella. Ich muss lange geschlafen haben.
Nadja hatte ihr einen Teller mit Brot, Butter und Aprikosenkonfitüre hingestellt. Dazu einen Becher Tee. Der Tee war schon kalt geworden. Verwundert fragte Stella sich, wo Mahoud sei.
Ich stecke mitten in einem wichtigen Spiel, überlegte sie. Meine Gefangenschaft bezieht sich nicht nur auf diesen Raum. Ich bin gefangen in einem Strudel von Ereignissen. Da braucht man Distanz, um frei bleiben zu können...
Nachdenklich beobachtete sie, wie die Schatten im Zimmer immer länger wurden.
Kann man frei sein, wenn man eingesperrt wird?
Da huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Ihr erstes Lächeln seit Tagen. Ja. Man kann frei sein, obwohl man eingesperrt ist. Denn Freiheit ist eine innere Kraft. Sie ist ein Geisteszustand. Mein Freiheitsgefühl ist durch Erziehung und Vertrauen langsam gewachsen. Es kann durch Gefangenschaft nicht zunichte gemacht werden.

Lautlos hatte die Dunkelheit sich in das kleine Gefängnis hereingeschlichen. Da hörte Stella Schritte, die sich draußen näherten. Es wird Mahoud sein, dachte sie und stellte sich schlafend. Er schloss die Tür auf und kam an ihr Bett.
 
Mein Geliebter

ich liebe es dich zu lieben
Ist das der magische fliegende Teppich?
Hat er uns bis nach Saudi Arabien gebracht?
oder ist es der Traum, der gelebt werden muss?
und meine Leidenschaft für Abenteuer?
Der Traum ist jetzt, hier


„Stella“, sagte er leise und streichelte ihren Arm. „Ich war in Nagran und habe eingekauft. Wie geht es dir?“

Wahrscheinlich hat er noch mehr von diesen Beruhigungspillen gekauft, grübelte sie, doch diesmal behalte ich meine Gedanken für mich.

„Es geht mir etwas besser“, meldete sie sich endlich betont verschlafen. „Ich bin nur müde.“

Mahoud schaltete die Nachtischlampe ein und betastete vorsichtig Stellas Hinterkopf.

„Die Beule an deinem Kopf ist zurück gegangen.“

Er setzte sich zu ihr aufs Bett.

„Mahoud?“, fragte sie leise.
„Ja, mein Liebling?“
„Sage mir eines...“ sie stockte.
„Ich will nur von dir wissen, ob du es mit mir getan hast, als ich bewusstlos war. Hat es dir Vergnügen bereitet, sich an einer Wehrlosen zu vergreifen?“
„Stella!“

Mahoud sah sie betroffen an.

„Für wen hältst du mich? Ich habe es nicht getan. Es tut mir leid. Ich bin mit der Situation nicht mehr fertig geworden und gebe zu, sie geriet außer Kontrolle.“
„Du musst einfach noch ein bisschen Erfahrungen sammeln, wie man Frauen kidnappt.“

„Ich will sonst niemanden, nur dich Stella.“

„Ich aber will dich nicht mehr, weil du mein Vertrauen missbraucht hast.“

Sie schwieg und dachte an ihre Gespräche im Oman. Über den Propheten und über Allah.

„Du erzähltest mir im Oman von Allah.“ Sie hob die Brauen, „glaubst du wirklich, du kommst mit meiner Gefangennahme bei Allah durch? Bist du so verblendet zu glauben, du könntest ihn hereinlegen? Wir können Gott nicht täuschen, Mahoud, nur uns selbst.“

Stella sah ihn an. Schenkte ihm dieses für ihn so verwirrende Lächeln. Diesmal war es, als strahlte es direkt in sein Herz, und er fühlte die Liebe zu ihr.

Es geht ihr besser, dachte er erleichtert. Sie ist friedlich. Abgesehen von den Vorwürfen schreit sie nicht und ist auch nicht aggressiv. Ich brauche ihr diesmal keine Tablette zu geben.

„Mahoud, kannst du mir bitte etwas zum Schreiben bringen?“

Er reichte ihr Block und Kugelschreiber und fragte:

„Möchtest du noch Tee?“
„Ja gerne.“

Sie schaute ihm nach, als er zur Tür hinausging. Dann nahm sie den Block und begann zu schreiben.


„Meine Hände sind leer,
meine Gedanken ohne Hoffnung,
meine Augen stumme Verzweiflung.
Ich weiß nicht, wer ich war,
ich weiß nicht, wer ich bin,
ich lebe nicht, ich bin ein Schatten...“

Stella legte den Block müde zur Seite und schlief ein.

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Byblos​

Als Mahoud zurück kam, setzte er sich zu ihr aufs Bett und betrachtete sie.​

Da entdeckte er den Block. Er fragte sich, was sie wohl geschrieben hatte und begann zu lesen. Betroffen sah er sie an. Sie schlief unruhig.

Dann fuhr sie plötzlich hoch. Besorgt strich er ihr übers Haar.

„Du zitterst, Stella. Was hast du?“

Mahoud reichte ihr den Teebecher. „Komm, trink einen Schluck. Es wird alles gut.“
„Ich hatte einen Traum“, sprach sie leise.

Da waren sie wieder. Die Bilder von der Flussmündung. Spanien, der Fluss. Das Schiff, dass sie nach Byblos entführte... Und sie begann zu begreifen.

„Was hattest du für einen Traum, willst du ihn mir erzählen?“
„Ich will nicht darüber sprechen.“ Sie schüttelte den Kopf, „nicht heute.“
„Deine Verse haben mich sehr betroffen gemacht.“

Er nahm ihre Hand, „ich will nicht, dass du unglücklich bist.“

„Das wolltest du einmal vor langer, langer Zeit auch nicht.“

Stella lächelte.

„Wer prüft hier wen, Mahoud? Du sagst, es sei alles geschrieben. Du wolltest mich in deiner arabischen Nacht auf die Probe stellen, wie weit du mit mir gehen kannst. Aber kam nicht vielleicht ich zu dir, um dich zu prüfen?“

Sie schwieg und sah ihn lange an.

„Wir haben dieses Spiel schon einmal gespielt, Mahoud. Wie oft wollen wir es wiederholen? Gefangene unserer eigenen Verhaltensmuster. Noch einmal und noch einmal. - Du hältst mich gefangen und ich bin darüber unglücklich.“

Mahoud schüttelte verständnislos den Kopf. Sie hatte ruhig gesprochen und versucht, ihm etwas zu erklären, was er nicht verstand.

„Wir könnten die Spielregeln ändern“, schlug sie vor. „Ich käme freiwillig zu dir und du würdest endlich Vertrauen in mich finden.“

Sie lächelte.

„Wenn wir dieses Spiel gut zu Ende spielen, dürften wir ein neues beginnen. Das wäre eine riesige Chance, findest du nicht?“
Er wusste immer noch nicht, wovon sie sprach, sie sah es an seinen Augen.

„Ich möchte zuerst mein Leben mit Miguel Angelo abgeschlossen haben. Und dann will ich dich heiraten. Wenn ich dafür zu deinem Glauben übertreten soll, bin ich auch dazu bereit. Ich glaube, das mit meinem Gewissen vereinbaren zu können.“

Er saß mit regloser Miene da und schwieg.

„Ich meine es ehrlich, Mahoud. Aber sag mal, wie willst du mich eigentlich hier festhalten? Du musst doch in Dharan arbeiten?“

„Ich komme am Wochenende hierher.“
„Das kannst du alles einfacher haben.“

Sie verzog spöttisch den Mund. „Ich brauche ein halbes Jahr, um alles abzuschließen, das wäre im August...“

„Ich bin nicht gewillt, solange zu warten“, unterbrach er sie erregt.
„Gewillt?“

Sie musste lachen. „Ich glaube, wir sprechen zwei verschiedene Sprachen. Wie so oft bei Mann und Frau. Du sprichst von Willen und ich von Liebe.“

Mahoud gab keine Antwort. Er dachte daran, wie schön es sei, zu unterdrücken. Zu sehen, wie sie schwach ist und ihn anfleht. Ja, dann fühle ich meine Macht.

„Ich liebe dich Stella. Bleib bei mir“, bat er. „Wir können über alles reden.“

Sie schmiegte sich an ihn. Sanft, zärtlich. So zärtlich, wie sie vorher zu ihm gewesen war. Unsere Liebe wird alles heilen, dachte sie. Sie ist unsere einzige Chance.

Er sah sie misstrauisch an. Fragte sich, warum sie auf einmal so nachgiebig sei. Traute ihrem plötzlichen Sinneswandel nicht. Sie provoziert mich, dachte er verärgert und packte sie am Handgelenk. Mahoud hielt sie genauso brutal fest, wie in der Nacht vor drei Tagen.

„Ich will dich besitzen und nehmen, Stella, wann immer ich will!“, fuhr er sie an. „Und nicht nur dann, wenn du es willst.“

Stella wehrte sich nicht. Sie flehte ihn auch nicht an. Sie war glücklich.

„Mahoud, ich liebe dich. Und ich weiß, dass du mich liebst. Komm zu mir. Ich bin dein.“



In dieser Nacht träumte Stella wieder von den weiten Hochebenen Tibets. Die Landschaft war ihr inzwischen vertraut. Weit in der Ferne grüßten die schneebedeckten Gipfel der Himalajas. Diesmal war der Traum anders, hatte eine andere Dimension. Sie flog hoch oben in der Unendlichkeit des kobaltblauen Himmels, getragen vom Wind. Und sie wusste, sie war ein Adler. Sie war frei.
 
Corbin über persische Sufis: »Der Weg von der menschlichen Liebe zur Liebe Gottes besteht nicht darin, von einem Gegenstand zu einem anderen überzugehen. Vielmehr handelt es sich um eine Metamorphose des Subjektes der Liebe.«
 
Mein Geliebter

der Sinn meines Lebens ist zu lieben
und mein Herz offen zu halten
was immer geschieht
Ich halte mein Herz offen
Ich kenne dich in tausend Namen
Ich kenne dich mit meiner Seele und meinem Körper
Denn ich bin DU
Ich bin alle Blumen
Ich bin ein Tropfen Tau im Morgenlicht
Ich bin die Vögel, die in den Himmel fliegen und dich loben
Ich bin der wilde Ozean
Ich bin der friedliche stille Morgen im Nebel über den Feldern
Ich bin die Rose und ihr süßer Duft
Ich bin der Regenbogen, der in allen Farben scheint
Ich bin Staub von Sternen aus fernen Galaxien
Ich bin das Feuer des Universums
Ich bin der Fluss der Unendlichkeit
Ich bin die Quelle


Es war bereits Freitag.
Noch immer keine Neuigkeiten, dachte Miguel Angelo enttäuscht. Er war auf dem Weg zu Marco. Der Junge war davon überzeugt, dass seine Mutter, wie verabredet, nach Hause kommen würde. Er wollte mit Marco einkaufen gehen.
Der Sturm war vorbei gezogen. Endlich war der Himmel wieder klar. Jetzt musste die Sonne erst einmal die Wände der feucht gewordenen Häuser trocknen.
Das Telefon klingelte, es war Cristina.
„Endlich! Da bist du ja. Ich mache mir große Sorgen. Hoffentlich gibt es eine Neuigkeit“, sprach er schnell.
„Ja Papa. Wir haben die Spur von Patna in Indien aufgenommen. Lufthansa fand heraus, dass Mama am 28.01. zusammen mit Mister Habbas von Patna nach Delhi geflogen ist.“
Sie schwieg. Miguel Angelos Nerven waren aufs Äußerste angespannt.
„Und weiter, Cristina?“
„Am 29.01 Ankunft um 5 Uhr 31 auf Bahrain mit Flug Nummer GF 131. GF bedeutet Gulf Air, Papa.”
Cristina schwieg wieder.
Da Miguel Angelo nichts antwortete, fuhr sie fort:
„Auch hier wieder kein Anschlussflug. Meine Kollegen meinten, die beiden könnten einen Leihwagen genommen haben und von Bahrain aufs Festland gefahren sein. Nach Dharan.“
„Bahrain?“, fragte er mit tonloser Stimme. „Ist das alles?“
„Nein! Das Beste kommt noch. Hör gut zu, Papa. Da ist ein Flug für Mama am 16.02 gebucht. Flugnummer 19 mit Gulf Air von Bahrain nach Paris um 2.01 Uhr. Ankunft in Paris Charles de Gaulles um 7.55 Uhr... Na, was sagst du jetzt?“
„Ich sag gar nichts“, antwortete er. „Ich sag erst etwas, wenn ich übermorgen ihre Stimme am Telefon höre.“

Stella saß mit Mahoud im Patio. Sie hatten ausgiebig gefrühstückt und Stella betrachtete nun den Brunnen. Beobachtete, wie die Wassertropfen im Licht der Morgensonne aufblitzten, um dann an der Wasseroberfläche abzuperlen. Ein unermüdliches Spiel von Licht, Wasser und Bewegung. Und sie dachte daran, dass sie eigentlich zufrieden sei.
„Das hier ist wirklich ein kleines Paradies“, sprach sie leise, mehr zu sich.
„Es ist alles für dich, Liebste.“
Mahoud legte seine Hand auf ihren Arm.
Er war erleichtert, dass sie sich so leicht gefügt hatte. Ein wenig seltsam, ihr Geisteswandel, dachte er. Aber wer verstehe schon die Frauen wirklich. Ich habe sie diese Nacht ins Schlafzimmer zurückgeholt. Sie hat keine Panik mehr gezeigt und auch keine Fluchtversuche unternommen.
Ja, dachte er, sie wird freiwillig bei mir bleiben. Stella ist intelligent genug, um sich auszurechnen, dass sie keine Chance hat, von hier zu entkommen.
„Gehen wir zusammen zum Olivenbaum?“, hörte Mahoud sie fragen.
„Sicher, mein Vögelein.“

Es war ein milder Tag, dieser vierzehnte Februar. Ein bedeutsamer Tag im Leben von Stella und Mahoud. Sehr still war es hier oben an den Ausläufern des Asir Gebirges. Nur der Wind rauschte. Er kam vom Roten Meer. Sie gingen schweigend den Weg hinauf zum Olivenbaum, jeder in sich gekehrt. Nachdem sie sich gesetzt hatten, begann Stella:
„Mahoud, erinnerst du dich an den Traum, den ich im Flugzeug hatte?“
Sie sah ihn aufmerksam an. „Auf dem Flug von Delhi nach Bahrain?“
Er nickte.
„Ich träumte damals von Spanien und stand am Ufer einer Flussmündung. Den Rest hatte ich vergessen.“
Sie machte eine kurze Pause, überlegte.
„Gestern Abend, als du mir den Tee holtest, muss ich kurz eingeschlafen sein. Da träumte ich den Traum zu Ende. Du sagst, es sei alles geschrieben. Bitte sei nicht schockiert, aber du warst die Hauptperson in meinem Traum.“
Stella erzählte ihm, wie Phönizier sie auf das Schiff entführten und nach Byblos gebracht hatten.
„Mahoud“, sprach sie leise. „Du hast mich damals geliebt und mich geheiratet. Das war vor dreitausend Jahren.“

Die Zeit schien aufgehoben. Beide hatten den Eindruck, als befänden sie sich in einem Raum von schwindelerregender Größe. Dort war es ihnen vergönnt, für einen Augenblick in das Netzwerk der Jahrtausende zu schauen. In dieser gemeinsamen Vision sahen sie auf ein feines, hellgolden schimmerndes Gewebe aus feinstem Gespinst, aber gewaltig in seiner Struktur und unendlich in seiner Dimension...
Das Schauspiel war vorbei, fast ehe es begonnen hatte. Sie hörten noch ein starkes Rauschen, wie das Rauschen des Windes, dann war es vorüber. Sie sahen sich an. Langsam zeichnete sich die Erkenntnis in Mahouds Gesicht ab. Erst staunend, dann aber hatte er begriffen.
„Jetzt verstehe ich den Samstagmorgen im Libanon“, rief er aus. „Damals, als ich die Zeder in den Bergen holte. Da war doch so ein seltsames Gefühl, als ich bei Byblos vorbei kam.“
„In meinem Traum“, fuhr Stella ernst fort, „habe ich meine Heimat nie mehr wiedersehen dürfen. Willst du, dass sich alles noch einmal wiederholt? Oder willst du vertrauen?“
„Bei Allah! Ich vertraue, Stella.“

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Nie endende Liebe

Ich habe dich scheinbar in zahllosen Formen geliebt, unzählige Male ...
Im ewigen Leben, im ewigen Alter, für immer.
Mein gebanntes Herz hat die Halskette der Lieder gemacht und neu gemacht,
Nimm sie als Geschenk, um sie in vielen Formen um deinen Hals zu tragen
Leben nach Leben, für immer.
Heute ist es zu deinen Füßen gehäuft, es hat sein Ende in dir gefunden
Die Liebe aller Tage des Menschen, Vergangenheit und für immer:
Universelle Freude, universelle Trauer, universelles Leben.
Die Erinnerungen aller Liebe verschmelzen mit dieser einen unserer Liebe -
Und die Lieder eines jeden Dichters früher und für immer.

Rabindrath Tagore


Stella ging langsam in Richtung Passkontrolle. Sie hatte es nicht eilig. Beschloss, nachher Miguel Angelo anzurufen.
„Hallo Miguel Angelo“, meldete sie sich wenig später.
„Endlich, Stella. Ich bin gerade in Paris gelandet.“
Pause.
Miguel Angelo atmete erleichtert auf.
„Ich komme mit Air France um 15 Uhr aus Lissabon an.“
„Ich hole dich ab, Stella. Geht es dir gut?“
„Ja, danke. Mir geht es gut. Also dann, bis später.“

Sie kaufte einen Capuccino und setzte sich in die Wartehalle. Beobachtete, wie der Himmel über Paris langsam heller wurde. Stella lächelte. Ich glaube, ich habe einen Engel. Sein Name ist Nicolas, der Sohn meiner Freundin. Er liegt um diese Zeit in seinem Bett in London und schläft.
„Komm mit nach Indien“, sagte er zu mir damals. Es war Silvester und ich war traurig und allein. Da ergriff ich die Chance, mein bisheriges Leben hinter mir zu lassen! Weg von allem.
Stella wurde alles klar. Sie sah Nicolas in Bodh Gaya zwei Mal. Beide Male an heiligen Plätzen. Zuerst vor dem Mahabodhi Tempel. Und noch einmal nach der Initiation mit dem Dalai Lama. Nicolas in seinem langen, schwarzen Mantel. Er tauchte in Gesellschaft einiger Mönche plötzlich vor mir auf und tippte mir auf die Schulter.
Hallo Stella. Wie geht’s?
Nicolas?
Ich war überrascht.
Es geht mir gut, antwortete ich und schenkte ihm ein glückliches Lächeln.
Nicolas, du bist mein Engel.
Er lächelte mich an. Und weg war er.


E P I L O G


Hallo Fremder, wurde er begrüßt. Willkommen auf der Iberischen Halbinsel.

Seit einer Woche war Mahoud der glücklichste Mensch auf Erden. Da hatte Stella ihn angerufen. Er versprach ihr, von Beirut aus los zu fliegen. Sie wollte es unbedingt so haben. Ich komme, so schnell ich kann. Dann hatte er den Flug gebucht. Mit Syrian Arab Airlines von Beirut nach Madrid.

Gemeinsam schoben sie den Gepäckwagen zum Parkhaus. Stella hatte einen silbernen Seat Toledo gemietet, der dort bereitstand.
„Ich glaube, Madrid wird dir gefallen. Unser Hotel ist im Zentrum“, verriet sie ihm. „Morgen habe ich vor, dich durch den Prado zu führen. Ich will dir die spanischen Meister zeigen.“
„Ich freue mich auf alles“, antwortete er und fuhr nach ihren Anweisung in die Innenstadt.
„Übermorgen geht es nach Cordoba und weiter nach Granada.“ Sie sah ihn von der Seite an. „Wir werden die Al-Hambra besichtigen. Bist du einverstanden?“
„Großartig.“ Er strahlte. „Und was hast du in den nächsten Tagen noch mit mir vor?“
„Lass dich überraschen...“

Vier Tage später fuhren sie von Almeria die Küstenstrasse hinauf, bis zur Mündung des Ebros. Es war September. Ein heißer Tag. Stella trug eine orangefarbene Bermuda und ein gleichfarbiges T-Shirt mit Blumenmuster, er eine weiße Leinenhose, dazu ein rotkariertes Hemd.

„Hier könnte es gewesen sein.“ Stella deutete auf eine lange Sandbank. Schilf wuchs am Ufer, der Fluss trieb an dieser Stelle träge dahin.
Sie befanden sich in einem Vogelschutzgebiet, am rechten Ufer des Ebro. In der Mitte des Flusses liegt eine große Insel, sie wird Buda genannt.
Ein Parkaufseher kam vorbei. Stella bat ihn, ein Foto von ihnen zu machen, zeigte, wie es ginge und gab ihm ihre Digital Kamera. Später setzten sie sich ans Ufer, badeten ihre Füße im Wasser und beobachteten die Flamingos.
„Morgen beginnt unsere gemeinsame Reise, von Madrid aus.“
Mahoud warf ein paar Steine ins Wasser.
„Wohin geht später unsere Reise, Fremder?“
Sie schaute über den Fluss. Er ist inzwischen versandet, dachte sie...
„Nach Beirut“, hörte sie ihn sagen. „Von dort weiter nach Jebail.“
„Jebail?“
„So heißt heute die Stadt Byblos.“
Er nahm ihre Hand.
„Genau so, wie du es dir gewünscht hast. Und dann zu meinen Eltern.“
„Oh. Da haben wir viel vor. Und dann?“
„Dharan.“
Sie antwortete nichts darauf.
Heute können hier keine Schiffe mehr herein, dachte sie.
„Und du bleibst für immer bei mir?“, fragte er.
Sie sah zu ihm herüber.
Er schaute sie an. Ihre Blicke vereinten sich und drangen bis in die Tiefe ihrer Seelen.
Wer bist du, Fremder, fragte Stella sich. Bist du mein Freund? Bist du mein Feind? Ist es nicht alles das Gleiche?
„Ja“, antwortete sie. „Ich bleibe für immer bei dir. Insha Allah.“

Kismet

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Zuletzt bearbeitet:
Mein Geliebter

Hier sind wir auf der Erde um zu leben und zu lieben.
Sind wir schon im verheißenen Land angekommen?
Ganz und gar nicht, wir kommen nie an auf unserer Reise durch die Ewigkeit, stellen wir uns den Herausforderungen des Abenteuers um mit unserem Qashqai zu den fernen Ufern fliegen.

Zusammen mit der Sonne fliegen wir und schweben über den Tälern, lauschen dem Flüstern der Erde, wenn der Morgenwind weht und die Geburt des Tages bringt.

In meinen Träumen erfahre ich den Weg, das ist der Ruf nach Shamballa.
Melchisedek, mein geliebter Melchisedek, ich weiss, dass du mich führst. Ich brauche das Heilige, es ist mir wichtige Nahrung die mir dazu verhilft nach Hause zu gelangen: in mein Herz.

Wir lieben die Wellen, mein Geliebter. Wellen die sich ausgleichen im Meer.

Die Wellen unseres Schicksals, die Gezeiten verstehen lernen und mit ihnen handeln und nie gegen sie.
Unsere Geschichten werden von uns selbst gewebt, unsere Drehbücher schreiben wir selbst.

"Hallo", rufe ich hinunter zu einem Lama. Oder ist es gar kein Lama? Ein Inka in Bolivien? Mein Gott, Bolivien. "Geht es hier nach Shamballa?" Der Inka spielt auf der Flöte, eine traurige Melodie spielt er. Als er mich hört, schaut er verwundert zu uns hoch und deutet mit der Hand in nördliche Richtung.

Ich empfinde all meine Erinnerungen als tief, keine
Zeit kann sie jemals auslöschen. Ich liebe diese Melodie,
glücklich und traurig und magisch.

Seit Stunden saß er regungslos am Westhang des Illampu und beobachtete den Kondor, der ruhig unter ihm seine Kreise zog und bald zur Dämmerung sein Nest aufsuchen würde.
Tief unter ihm schimmerte der Titicacasee mit seinen Inseln. Er konnte mit bloßem Auge, die Sonnen und Mondinsel erkennen, denn er besaß die scharfblickenden Augen seiner Vorfahren. Auf der anderen Seite des Sees, erhoben sich gen Westen wieder die gewaltigen Sechstausender. Dort, wo die Sonne gerade unterging.
Er, Huayna, der letzte Nachkomme des großen Atahualpa. Sonnenkönig der Inkas, blickte hinab auf sein Reich, welches sich einmal von Chile bis Ecuador erstreckte. Links Tihuanaco, uralt und geheimnisvoll. Es besaß seine Hochblüte lange vor der Zeit der Inkas...
Die Dämmerung begann, der Kondor hatte sein Nest aufgesucht. Huayna, legte sich eine Decke über die Schultern.
Hier oben, unter dem Gipfel des Illampu, war sein magischer Ort, wo er immer wieder hinkehrte, um seine Gedanken in eine feste geordnete Form zu bringen. Huayna kannte sie alle, die Berge seines Reiches, den Illimani, Ausangate, Apolobamba, den Corupuna.
Er war in den Anden geboren, nördlich von Cuzco, in dem kleinen Bergdorf Ollantaytambo.
Die Berge waren seine Lebensgefährten und er machte sich seine Herberge zu ihren Füßen.

Für uns, die wir Kinder der Berge sind, dachte er, sind sie lebendige Wesen. Und wir sind es zu ihnen und erahnen ihre Gefühle. Wir achten ihre Macht. Wenn sie sich zornig schütteln, dann bleiben wir ihnen fern.
Ein anderes Mal wieder, heißen sie uns willkommen, mit ihrer unerschütterlichen Ruhe, sprechen zu uns in heiliger Stille und erinnern uns Menschen daran, wie klein und verletzbar wir sind.
Es war bereits dunkel geworden. Linkerhand, weit in der Ferne, begannen die Lichter von
La Paz aufzuleuchten.
Huayna, dachte daran, dass der Monat Kojay Raymi, sich näherte, der Monat des Festes der Kaiserin und sich nun das Orakel erfüllen würde.
Sie würde zu ihm kommen. Aqlla-Cuna, seine Auserwählte, seine Prinzessin, die er immer geliebt hat. Mit dem Flugzeug wird sie kommen. Über das große Wasser, aus einem Land in der Mitte Europas.

aus:
Die Tränen des Ticci Viracocha

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Mein Geliebter

Ich kann die Bilder meines Lebens einfach fliessen lassen und mich gefühlsmässig hineingleiten lassen in einen sanften Strom, vergleichbar dem leisen Rauschen des Windes in den Eukalyptusbäumen und beobachten wohin die Reise führt. Warum diese Sehnsucht? Was ist damit?

Ich kann sie nicht verdrängen, denn sie ist ein wichtiger Teil meines Seins. Auch wenn ich noch so viel loslasse.
Die Sehnsucht ist die Kraft die mich vorwärts bringt auf meiner Reise zu mir selbst.
Aber da ist noch etwas.: „Sehnsucht ist eine Kraft die mir dabei half, meine Träume zu verwirklichen!
Ich träumte nicht nur, ich verwirklichte die meisten meiner Träume.“

Noch ein letztes mal werde ich in dem shuttle an Bord der Spiritchallenger heute nacht sein.

Ich sitze gerade neben dem Captain in einem A330
der Qatar Airwyas und studiere die Wetterkarte.

Der Himmel unbedeckt... klarer wolkenloser Himmel
auch am persischen Golf Idealbedingugen für den Start
der Spiritchallenger

Und auch im Weltraum scheint es heute Nacht ruhig zu werden.
Der Captain ist momentan mit dem A-Check beschäftigt
und wartet auf den start slot.
Inzwischen werden 5 Tonnen Catering an Bord geladen
....die Passagiere sollen in den nächsten Minuten
ihre Sitzplätze einnehmen...

ja... es geht gleich los
ich freue mich und liebe Nachtflüge

Man sieht dann hinunter auf die Erde und alles dort wird so bedeutungslos.
Die Passagiere haben bereits ihre Sitzgurte festgeschnallt
die A 330 der Qatar Airways rollt langsam in Richtung Startbahn.

Da kommen in mir so einige Gedanken hoch was diesen
Flughafen betrifft...ich kann es gar nicht mehr zählen
wie oft ich hier abflog... und meine Tochter noch öfter
und meine Schwester... ja... lach Zigeunerfrauen sind wir, beide arbeiteten als Stewardess.

Inzwischen laufen die Triebwerke und die Maschine dreht sich in Richtung der Startbahn...oh ich liebe dieses Beschleunigen, die Geschwindigkeit... schneller und immer schneller!
Und dann heben wir ab und steigen steil in den Nachthimmel von Frankfurt auf.

Unten verschwinden mehr und mehr die Lichter wir nehmen Kurs auf Dohar.

Die Spiritchallenger wartet schon...
hoffentlich gibts nicht schon wieder Kartoffelberei
ich bins langsam leid...


euer Ali...
.... on duty flying into the deep blue space:liebe1: :liebe1: :liebe1:

Ja, das schrieb ich genau vor zwölf Jahren und beschrieb meinen Flug in den Oman via Dohar-Qatar.

Wir landeten damals frühmorgens in Qatar.
Diesmal fliegen wir direkt und es wird ein Tagflug sein.

So viel ist in diesen zwölf Jahren mit mir geschehen. Und immer wieder Reisen, als ob ich es nie müde würde. Ein Nomade in den Welten, eine Kraft die mich drängt.
Gerade als Nomade lernt man das loslassen, denn es wiegt nur unnötig und bremmst das Vorankommen.

Was ist mit Bolivien und Shamballa? fragst du mich. Das sollte jetzt unbedingt hintenan gestellt werden.
Jetzt, wo ich voll auf den Oman eingestellt bin. Das Traumland aus Tausend und einer Nacht....

Gewiss ist dort im Oman nicht Shamballa, aber ich sage heute einmal ganz forsch: Shamballa ist in uns selbst.

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Shamballa ist in uns und wir sind auf dem Weg dorthin

Unsere Welt, ein riesengrosses Orchester....

wir finden Shamballa dann, wenn wir unsere Instrumente so stimmen, dass sie alle in sympathischer Harmonie miteinander schwingen.
Menschen die bereit sind, sich auf die neue Musik einzustellen, werden mit zunehmender Welle der Harmonie schneller berührt sein. Mit jedem neuen Musiker, der in Tonart spielt, wächst die Musik und das Tempo steigt.

Die Menschen die es nicht schaffen, sich auf die neue Frequenz einzustimmen, müssen ihr Instrument aufnehmen und gehen. Die Probe ist vorbei.

Das ist unser Orchester des Bewusstseins, und wenn wir alle im Einklang spielen, wird sich der Vorhang öffnen und wir werden unsere kollektive Musik spielen, während wir in eine neue Ära geleiten.:flower2:
 
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