Joey
Sehr aktives Mitglied
Asylanträge sind eh Einzelfallentscheidungen. Insofern muss kein tatsächlich verfolgter Roma befürchten, dass er nicht aufgenommen und sein Antrag geprüft wird.
Oh, sein Antrag wird vielleicht geprüft, aber ziemlich schnell a priori abgelehnt:
http://www.spiegel.de/politik/ausla...e-irrtuemer-ueber-asylbewerber-a-1046504.html
spiegel schrieb:Der Begriff "politisch verfolgt" ist dehnbar und wird je nach Staat unterschiedlich ausgelegt. Besonders deutlich zeigt sich das am Beispiel der Sinti und Roma, die einen Großteil der Flüchtlinge vom Balkan ausmachen: In Frankreich sind sie regelmäßig Diskriminierung ausgesetzt, in Ungarn ist der rassistische Hass ebenso offenkundig wie in Bulgarien und auf dem gesamten Balkan, in Italien hetzten sogar einflussreiche Oppositionspolitiker gegen sie.
Kein Wunder also, dass neben Kriegsflüchtlingen auch Tausende Sinti und Roma nach Mitteleuropa kommen wollen. Nach Angaben des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma verlassen viele von ihnen ihre Heimat notgedrungen und gegen ihren Willen. Würden sie nicht diskriminiert, würden sie wohl bleiben. Wie sie schließlich aufgenommen werden, hängt dabei vom Land ab, in dem ihre Flucht endet: Frankreich etwa erkennt laut "Süddeutscher Zeitung" Sinti und Roma als "gruppenspezifisch Verfolgte" an - Deutschland nicht.
http://www.proasyl.de/de/home/gemeinsam-gegen-rassismus/fakten-gegen-vorurteile/
proasyl schrieb:Viele Asylsuchende kommen derzeit aus den Balkanstaaten Albanien, Kosovo u.a. In der Öffentlichkeit scheint das Urteil schon gefällt: Bei den Balkanflüchtlingen handele es sich nicht um „echte“ Flüchtlinge, sondern um Personen „ohne Schutzbedarf“. In der Realität ist die Sache so einfach nicht.
Insbesondere Roma sind massiven Bedrohungen ausgesetzt: Die EU-Kommission hat festgestellt, dass Roma in allen Balkanstaaten einer Rundum-Diskriminierung unterliegen, die sie daran hindert, ein normales Leben zu führen: Sie erhalten keine Wohnungen und leben deshalb in Slums, oft sogar ohne Strom und Heizung. Sie haben kaum Zugang zu Bildung, zu Arbeit, zu Gesundheitsversorgung. Nach Angaben der serbischen Regierung haben 30 Prozent der Roma in Serbien kein sauberes Trinkwasser, 70 Prozent keinen Zugang zur Kanalisation. Laut UNICEF haben Roma-Kinder eine um ein Drittel geringere Chance, das erste Lebensjahr zu überstehen als andere Kinder. Immer wieder werden Roma Opfer rassistischer Gewalt. (Alle Quellen im PRO ASYL-Gutachten)
Generell sind die Staaten, die aus dem jugoslawischen Bürgerkrieg hervorgegangen sind, noch heute von massiven Problemen und politischen Spannungen geprägt. Ein Beispiel: Zur „Stabilisierung“ des Kosovo schickt Deutschland aktuell rund 700 Soldaten in den Kfor-Einsatz – fast genauso viele wie nach Afghanistan. Die individuellen Fluchtgründe von Balkanflüchtlingen können in ihrem Zusammenwirken durchaus zur Asylanerkennung führen. Doch sie werden in Deutschland gar nicht mehr gewissenhaft geprüft. In Schnellverfahren werden die Anträge regelmäßig als „offensichtlich unbegründet“ eingestuft und abgelehnt. Die absehbare Folge dieser Politik – eine Anerkennungsquote nahe Null – wird von einigen Politikern populistisch als „massenhafter Missbrauch“ den Betroffenen untergeschoben.
Andere Staaten sehen genauer hin: In der Schweiz erhielten 2014 rund 37 % der serbischen und 40% der kosovarischen Antragsteller einen Schutzstatus. Finnland gewährte 43% der Flüchtlinge aus dem Kosovo Schutz. In Frankreich wurden 20% und in Belgien 18% der Schutzsuchenden aus Bosnien und Herzegowina, in Großbritannien 18% der albanischen Asylsuchenden als schutzbedürftig eingestuft.
http://www.tagesschau.de/inland/balkan-fluechtlinge-105.html
tagesschau schrieb:Behauptung 1: Flüchtlinge vom Westbalkan nutzen das deutsche Asylrecht aus
Das deutsche Asylrecht verhindert derzeit fast vollständig, dass Flüchtlinge aus dem Westbalkan in Deutschland bleiben dürfen. Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und Serbien gelten seit November 2014 als sichere Herkunftsstaaten und so werden Asylanträge von Staatsbürgern dieser Länder fast vollständig abgelehnt. Das gilt beispielsweise für sämtliche Flüchtlinge aus Serbien und Bosnien und Herzegowina, deren Anträge im ersten Halbjahr 2015 bearbeitet wurden. Von den 15.600 Asylbewerbern in diesem Zeitraum darf kein einziger bleiben. Aus Mazedonien bekamen gerade einmal sechs Flüchtlinge Asyl in Deutschland, von insgesamt 4100 bearbeiteten Anträgen in diesem Zeitraum. Ähnlich ist es bei den anderen Westbalkanstaaten wie Montenegro, Albanien und Kosovo.
Dass Flüchtlinge vom Westbalkan das deutsche Asylrecht ausnutzen, ist daher falsch. Richtig ist: Das deutsche Asylrecht bildet erst die rechtliche Grundlage dafür, dass Flüchtlinge vom Westbalkan massenhaft abgeschoben werden.
(...)
Behauptung 3: Bei den Balkan-Flüchtlingen handelt es sich um diskriminierte Minderheiten
Tatsächlich sind viele Balkan-Flüchtlinge Roma-Familien. Im ersten Quartal des Jahres sollen es 34 Prozent gewesen sein, also jeder Dritte. Serbische Flüchtlinge in Deutschland sind offenbar sogar zu über 90 Prozent Roma, im Kosovo dagegen nur zu neun Prozent, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" aus einem Papier der Bundesregierung. Laut Nichtregierungsorganisationen leiden Roma unter besonders starker Diskriminierung, Gewalt und Vertreibung.
Die Frage ist entscheidend in der aktuellen politischen Diskussion: Denn die überwiegende Ablehnung der Asylanträge von Balkan-Flüchtlingen gründet sich darauf, dass eine politische Verfolgung im Herkunftsland als ausgeschlossen gilt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) spricht deshalb von "sehr wenigen Einzelfällen", in denen Balkanflüchtlinge Asyl bekommen. Das BAMF fordert daher dringend, die Zahl der Anträge aus diesen Ländern zu reduzieren, zum Beispiel, indem auch das Kosovo, Albanien und Montenegro als sogenannte sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Seit November 2014 gilt diese Einstufung für Serbien, Bosnien und Herzegowina sowie Mazedonien. Das BAMF will seitdem ein Sinken der Asylbewerberzahlen aus diesen Ländern beobachtet haben.
Ob es sich bei den Balkan-Flüchtlingen um diskriminierte Minderheiten handelt, wird daher von Land zu Land sehr unterschiedlich bewertet. Flüchtlingshilfsorganisationen befürchten aber, dass die Einstufung als sicheres Herkunftsland leichtfertig zur Ablehnung von Asylanträgen führt, die möglicherweise doch Berechtigung hätten.
Zusammengefasst: Dass Balkanländer in Deutschland als "sicher" eingestuft werden, führt dazu, dass hierzulande die überwiegende Mehrheit der Balkan-Flüchtlinge abgeschoben wird. Ob diese Einstufung korrekt ist, ist dabei sehr frawürdig und wird von verschiedenen Organisationen kritisch betrachtet. Man beachte dabei auch, dass Balkan-Flüchtlinge in anderen europäischen Ländern ihren Antrag durchkriegen... und dasd wobei hier doch bemängelt wird, dass die Anträge hierzulande so lax durchgewunken werden.