hallo sick spasmoid!
Sick_Spasmoid schrieb:
Ich spreche jetzt von den grundauf gläubigen Schäfchen.
du verwendest hier die herablassende verkleinerungsform im sinne von "diese dummen schafe, sie wissen es nicht besser". wenn sich die einen den anderen überlegen fühlen, ist das eine der wurzeln von krieg. so entstehen herrenrassen und genozide.
deine bibelzitate belegen nur, dass für das nomadenvolk der israelitischen stämme (die psalmen stammen aus den älteren teilen des AT und gehen noch auf die zeit vor der landnahme israels zurück) das verhältnis von hirt und herde eine besondere bedeutung hatte. hier wird nicht primär ein herrschaftsverhältnis ausgedrückt, sondern eine vertrauensbeziehung, wie sie auch in dem bekannten jesaias-text "der herr ist mein hirte, nichts wird mir fehlen. er wird mich weiden auf grüner au..." zum ausdruck kommt ... da ließe sich nun noch viel dazu sagen, aber eines jedenfalls belegen diese zitate mit sicherheit nicht: dass die bibel gläubige menschen als dumme schafe aburteilt.
Sick_Spasmoid schrieb:
Sie sind der Meinung den Schlüssel zum ewigen Glück zu haben, und sind auch noch durch ihr Buch gezwungen, die frohe Botschaft zu verbreiten. Sie dürfen nicht tolerant sein, weil das Anerkennen anderer Glaubensrichtungen ihren eigenen Glauben relativieren würde;wenn es nur einen Weg zu Gott gibt, und man der Meinung ist, ihn gefunden zu haben, dann muß man einfach den anderen Glaubensrichtungen gegenüber intolerant sein. Ansonsten wäre man nicht fest im Glauben.
auch diesen interpretationen lässt sich eine ganze menge gelebte realität entgegenstellen. das II. vatikanische konzil - zugegebenermaßen ein wenig ins hintertreffen geraten seither - hat das wahrheitsmonopol der katholischen kirche bzw. des christentums relativiert, und sowohl das interkonfessionelle weltfriedensgebet 1987 in assisi mit teilnahme des papstes wie auch die interkonfessionelle konferenz im rahmen der veranstaltungen zu "graz - europäische kulturhauptstadt 2003" mit über 120 hochkarätigen teilnehmern aus aller welt sind nur die spitze des berges ... an seiner basis tummeln sich unzählige gruppen und gruppierungen in aller welt, die nicht trotz, sondern wegen ihrer spirituellen verwurzelung die wurzeln der anderen achten und wissen, dass ein gesunder mischwald nicht dadurch entsteht, dass man die daneben stehenden bäume fällt.
die bibel ist nicht in der lage, irgendwen zu zwingen; toleranz wird von den meisten kanzeln gepredigt und festigkeit im glauben steht nicht im widerspruch dazu zu, sondern ist ganz im gegenteil die basis, tolerant zu sein - die überzeugung des anderen zu achten, ohne die eigene aufgeben zu müssen.
selbstverständlich haben religionsgemeinschaften unermessliche schuld auf sich geladen, ob nun karl der große sachsenstämme hat abschlachten lassen, die sich nicht missionieren (sprich: ihm unterwerfen) ließen, ob es die eroberungsfeldzüge der muslime waren, die zugleich der europäischen kultur unschätzbare impulse verliehen haben, ob die kreuzzüge, bei denen die säkularen interessen mindestens so groß waren wie die klerikalen, und selbst als der gewaltlose befreiungsweg mahatma gandhis durch das aufeinanderprallen religiöser (nicht monotheistischer) gruppen beendet wurde, war die religion nur das mäntelchen, in das sich politik kleidete. wenn sich in ruanda die volksgruppen der hutus und tutsis bekriegten, dann war hier alles andere als eine monotheistische religion auslösend. und umgekehrt wurden die allermeisten scheinbaren religionskriege auch durch die friedensarbeit spirituell motivierter menschen entschärft oder ausgeglichen - stellvertretend für eine weitere lange liste von beispielen seien hier nur die nordirischen "peace people" genannt, denen beide konfessionen angehörten und deren initiatorinnen betty williams und mairead corrigan 1976 den friedensnobelpreis erhielten.
selbstverständlich ist es so, dass fanatisierte (!) gläubigkeit von militanten strategen sehr leicht geschürt und instrumentalisiert werden kann - aber auch den hass- und hetzparolen der djihad-protagonisten steht eine erheblich größere zahl an muslimen gegenüber, die den koran anders liest und versteht und weder militant noch intolerant ist. und im namen welcher religion wurde der genozid am jüdischen volk von unseren großeltern und urgroßeltern verübt, im namen welchen gottes hat das stalinistische regime millionen menschen im gulag krepieren lassen?
es ist zu einfach - und vor allem dient es nur denen, die sich genau solcher mechanismen bedienen -, es auf ein "abschlachten im namen des glaubens" zu reduzieren und dann auch noch so zu tun, als wäre kriegslüsternheit eine nahe liegende konsequenz von gläubigkeit. mit solchen vereinfachungen, die nur verschärfte feindbilder erzeugen, kommen wir dem frieden um keinen deut näher.
ohne die mühe, genau hinzusehen, zu differenzieren, die vielfältige bündelung von motiven in scheinbar eindeutigen handlungssträngen zu erkennen, geraten wir selber in die gefahr, uns als nützliche idioten von jenen missbrauchen zu lassen, die mit unserer beihilfe ihre süppchen kochen. ob die nun "with god on our side" auftreten oder als militante atheisten, ist letztlich egal.
womit sich der kreis schließt: die frage, woher dieses große bedürfnis stammt, vehement an etwas zu glauben, an gott oder an "die sache", ist eine wesentliche. blinde gläubigkeit mit religiöser verwurzelung oder spiritueller tiefe in einen topf zu werfen ist hingegen grobe fahrlässigkeit.
und, sick spasmoid: zitate zu verwenden, drückt achtung vor menschen aus, die gedacht haben. wer sich nur auf das eigene denken beschränkt, hat einen entsprechenden horizont.
alles liebe, jake