Glaube & Persönlichkeit

Du meinst sicher mit über-rationalen? Rational an sich ist ja keine schlechte Eigenschaft.
Ich finde das ja auch nicht schlecht. Aber in Diskussionen bin ich ein Gefühlsmensch und kann mit Rationalität in diesen Augenblick nicht umgehen. Und fühle mich nicht verstanden. Und werde wüttend.
 
Werbung:
Ich finde das ja auch nicht schlecht. Aber in Diskussionen bin ich ein Gefühlsmensch und kann mit Rationalität in diesen Augenblick nicht umgehen. Und fühle mich nicht verstanden. Und werde wüttend.

Mm, das wäre eine Erklärung für die Wut meines Neffen. Irgendwie möchte er keinen Widerspruch, nicht einmal in Form einer an sich bejahenden Ergänzung oder Relativierung.
 
Vorurteile müssen sich meinem Empfinden nach nicht unbedingt aus der Ratio ergeben, sondern generieren sich auch aus dem Affekt heraus. Bei meinem Neffen ist es wohl eher der Affekt, der hat so ne Wut auf all die Ungerechtigkeit in dieser Welt und lastet sie nun mal den Religionen an. Das ist nicht unbedingt eine rationale Schuldzuweisung. Er war auch total aufgedreht beim Gespräch. Er sagte selbst, dass er wütend ist.
Da wäre die Frage, wie entsteht der Affekt.

Du hast schon recht, eine rein rationale Betrachtung von Religionen ist normalerweise emotional neutral. Emotionale Beteiligung spricht für persönliche Assoziationen. Es kann allerdings sein, dass vorhandene Emotionen mit der Ratio gerechtfertigt werden.
Hat er seine Wut gegen die Religionen gerichtet, oder war er auch wütend, wenn du eine Gegenposition eingenommen hast? Dann wäre zu dem allgemeinen Affekt gegen Religionen auch noch ein persönlicher Aspekt dabei. Gerade von Menschen, denen man nahesteht, möchte man ja eher Bestätigung und keine Gegenpositionen.

LGInti
 
Aber in Diskussionen bin ich ein Gefühlsmensch und kann mit Rationalität in diesem Augenblick nicht umgehen. Und fühle mich nicht verstanden. Und werde wütend.
Du kannst dich von deinen Gefühlen in solchen Augenblicken nicht distanzieren, sondern bist das Gefühl?

Das Problem in Diskussionen, die von Gefühlen durchtränkt sind ist, dass Gefühle im Gefühl selber nicht relativiert werden können, was mit der ratio aber möglich ist. Gefühle wollen nicht relativiert werden, sie wollen empathisch verstanden werden.

Die Motivation hinter einem Standpunkt kommt in der Regel aus Emotionen (was von den meisten Menschen aber nicht beachtet oder auch nicht bewusst erlebt wird), aber die Argumentation für diesen Standpunkt kommt aus dem Verstand. Hier wäre es wichtig zu verstehen, wie ich zu meinen Emotionen komme, wie sie in mir entstehen. Bei Aversionen gegen Religionen spielt die Ratio aber ganz oft eine entscheidende Rolle, wenn man z.B. die unmenschlichen Methoden der Hexen- und Ketzerverfolgungen oder auch den Kreuzzug betrachtet. Da kann aus einer Betrachtung der Fakten eine negative Emotion ausgelöst werden.

Meine ersten Erfahrungen mit religiösem Inhalt waren durchweg positiv und das hat mein Leben geprägt.Ich machte meine ersten spirituellen Erfahrungen in einem christlichen Rahmen auf emotionaler Ebene, bevor überhaupt irgendwelche rationalen Gedanken dazukamen.

LGInti
 
@Inti
Ich fragte ihn, ob er wütend sei und warum. Er begründete es als Wut auf die Religionen, welche die Wissenschaft lange ausgebremst habe. Wir sprachen davor noch über die Rapszene, wo er sich über einen Blogger aufregte, der sein Rap-Battle im Stich zu lassen scheint und sich mit wirklich guten Rappern anlegte, die um Klassen besser sind. Mein Neffe geht davon aus, dass dieser Blogger noch richtig eins auf die Nase kriegt, da einige der Rapper aus einem kriminellen Background stammen. Die lassen so was nicht auf sich sitzen. Es wurden ihm schon die Autoreifen zerstochen. Da sagte ich, dass ich für den Blogger beten werde, damit ihm nichts geschehe. Vielleicht habe er eine interne Krise, nachdem er fünf Jahre lang zuverlässig Battles organisierte. Zu beten verbot mir aber mein Neffe, der verdiene das nicht. :D

So kamen wir zu unserem Religionengespräch. Meine rationalen Nachfragen wirken auf ihn vielleicht schon wie ein Widersprechen, doch gab ich ihm inhaltlich immer in irgendeiner Form recht, sodass schon auch seine Wut auf die Religionen hochkam. So negativ triggernd sollte ich eigentlich nicht erscheinen, sonst hätte er mich wohl nicht im gleichen Gespräch als schattenlosen Engel bezeichnet. Ich konnte ihn auch am Ende beruhigen, indem ich darauf hinwies, dass ich es schön finde, mich mit ihm auszutauschen, mich so was überhaupt nicht aufregt, sondern ich mir gern seine wirklich klugen Gedanken dazu anhöre.
 
Meine ersten Erfahrungen mit religiösem Inhalt waren durchweg positiv und das hat mein Leben geprägt.Ich machte meine ersten spirituellen Erfahrungen in einem christlichen Rahmen auf emotionaler Ebene, bevor überhaupt irgendwelche rationalen Gedanken dazukamen.

Ja, war bei mir auch so, zuerst noch ohne jüdisch-christlichen Kontext, als ich mit 5 Gott wahrnahm, noch namenlos. Ich kam später gut zurecht im jüdisch-christlichen Kontext, aber die heutige Jugend stellt eher kosmische Bezüge zu Gott her, also weniger persönlich, dafür eher allumfassend, was mir ebenso nahe ist als Kosmos-Fan. Mein Neffe fand es gut, als ich auf den Ursprung der Religion in der eigenen Seele hinwies, dort liege das Wissen der Ewigkeit (wie schon die Bibel weiß). Als meine Mutter bzw. seine Großmutter starb, wollte sie kein Bibelwort mehr hören (obwohl bekennende Christin), sondern wies auf den Berg: Dort ist Gott! - Das hat meinen Neffen berührt, danach sprach er davon, dass ich wie sie ein schattenloser Engel sei, während er seine Schatten habe.
 
Du kannst dich von deinen Gefühlen in solchen Augenblicken nicht distanzieren, sondern bist das Gefühl?

Das Problem in Diskussionen, die von Gefühlen durchtränkt sind ist, dass Gefühle im Gefühl selber nicht relativiert werden können, was mit der ratio aber möglich ist. Gefühle wollen nicht relativiert werden, sie wollen empathisch verstanden werden.

Die Motivation hinter einem Standpunkt kommt in der Regel aus Emotionen (was von den meisten Menschen aber nicht beachtet oder auch nicht bewusst erlebt wird), aber die Argumentation für diesen Standpunkt kommt aus dem Verstand. Hier wäre es wichtig zu verstehen, wie ich zu meinen Emotionen komme, wie sie in mir entstehen. Bei Aversionen gegen Religionen spielt die Ratio aber ganz oft eine entscheidende Rolle, wenn man z.B. die unmenschlichen Methoden der Hexen- und Ketzerverfolgungen oder auch den Kreuzzug betrachtet. Da kann aus einer Betrachtung der Fakten eine negative Emotion ausgelöst werden.

Meine ersten Erfahrungen mit religiösem Inhalt waren durchweg positiv und das hat mein Leben geprägt.Ich machte meine ersten spirituellen Erfahrungen in einem christlichen Rahmen auf emotionaler Ebene, bevor überhaupt irgendwelche rationalen Gedanken dazukamen.

LGInti
Nein das kann ich nicht, da ich eine Kinästhetin bin. Ich denke in Gefühlen.
 
Nein das kann ich nicht, da ich eine Kinästhetin bin. Ich denke in Gefühlen.

Meine Schwester und Mutter meines Neffen denkt auch in Gefühlen. Offenbar hat er das von ihr geerbt. Er sagte selbst, dass er viel von ihr habe. Und beide hängen an mir, denn ich bin empathisch, obwohl ich eher intuitiv-rational gepolt denke. Nach C.G. Jung stehen sich diese beiden Typen diametral gegenüber. Bei mir liegen die Gefühle und Empfindungen stark im Unbewussten, wozu mein Verstand über meine ausgeprägte Intuition einen gewissen Zugang findet. Beim Gefühlstyp liegt der Verstand stärker im Unbrwussten.
 
Werbung:
Ich fragte ihn, ob er wütend sei und warum. Er begründete es als Wut auf die Religionen, welche die Wissenschaft lange ausgebremst habe.
Das ist ein gutes Argument, denn es liegt tatsächlich an der Organisation Kirche und nicht an ein zelnen Menschen, die im Namen der Kirche dies oder das taten.
Wir sprachen davor noch über die Rapszene, wo er sich über einen Blogger aufregte, der sein Rap-Battle im Stich zu lassen scheint und sich mit wirklich guten Rappern anlegte, die um Klassen besser sind.
Ich musste erst mal danach googeln, meine Töchter interessierten sich nicht für Rap und meine Enkel sind noch nicht so weit.

Was bedeutet ihm Rap oder was sieht er darin, oder was in ihm wird dadurch angeregt oder befriedigt?

Es ist ja wohl eine eher sehr männlich-machoartige Musikrichtung, ausgerichtet auf aggressiv-kämpferisches Verhalten.
Zu beten verbot mir aber mein Neffe, der verdiene das nicht
:D
Das heißt, er glaubt an die Wirkung von Gebeten.
So negativ triggernd sollte ich eigentlich nicht erscheinen, sonst hätte er mich wohl nicht im gleichen Gespräch als schattenlosen Engel bezeichnet.
Das war wohl ein Kompliment - er meinte doch sicher mit Schatten negative Seelen-/Persönlichkeitsanteile?
Ich konnte ihn auch am Ende beruhigen, indem ich darauf hinwies, dass ich es schön finde, mich mit ihm auszutauschen, mich so was überhaupt nicht aufregt, sondern ich mir gern seine wirklich klugen Gedanken dazu anhöre.
Pädagogisch wertvoll - aber ich gehe mal davon aus, dass du das auch so meintest.

LGInti
 
Zurück
Oben