Mich hat am meisten beeindruckt, dass ich meine eigene Verwundbarkeit in einem Ausmaß fühlen konnte, dass es mir völlig die Füße unterm Hintern weggerissen hat. Wusste gar nicht, dass da so ein hauchzartes, zerbrechliches Lämmchen in mir steckt, huch, Schreck und auweia! Ich war fassungslos. Und gleichzeitig war da ein extremes Geborgenheitsgefühl, ich war beschützt und in Sicherheit wie nie zuvor.
Die gesamte Palette der Gefühle kam hoch, angenehm und unangenehm, aber das Entscheidendste daran ist, dass es Ganzkörpergefühle sind, und nicht nur das, sie gehen darüber hinaus, sie schwingen quasi auf allen Ebenen, gehen durch Mark und Bein und geben mir das Gefühl so nackt zu sein, wie es nackiger gar nicht geht. Nackt bis auf die Knochen, ich werde so gesehen wie ich wirklich bin, bis in den entferntesten Winkel meiner Seele. Ich konnte mich dadurch selbst so intensiv und umfassend erkennen, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Wäre nie auf die IDEE gekommen, dass da so viel ich in mir ist. Das war wie ein Schock, es hat mir den Atem verschlagen.
Ich hatte Glücksgefühle, die so intensiv waren, dass ich buchstäblich dachte ich müsse sofort hier und jetzt sterben, entweder, weil ich keine Luft mehr oder nen Herzkasper kriege. Jetzt verstehe ich auch den Spruch: ich hätte vor Glück sterben können - IN DER TAT! Mir blieb nichts anderes übrig, mein Überlebensinstinkt hat mich die Flucht ergreifen lassen. Ging nicht anders. Das war nicht aushaltbar. Selbst wenn ich die Zeit gehabt hätte mich bewusst dafür zu entschieden zu bleiben, hätte mein Körper gestreikt und wäre trotzdem geflohen, ich hatte kein Mitspracherecht in den Momenten.
Seitdem empfinde ich die Gefühle, die meine sonstige Umwelt in mir hervorruft als banale Feld-, Wald-, Wiesengefühle. Schön, unschön, egal, aber alle vergleichsweise flach und grau, selbst wenn ich SEHR wütend auf jemanden oder SEHR angetan von jemandem bin. Es ist anders, es sind nur Gefühle. Für das, was diese Seelengeschichte in mir hervorruft, müsste es eigentlich ein neues Wort geben, weil es gar nicht wirklich vergleichbar ist.
Inzwischen passiert es immer häufiger, dass ich unabhängig von allem anderen intensive Gefühle erlebe, allein zu Hause, ohne äußeren Auslöser, sie kommen aus mir selbst. Fühlt sich an, als würde ich gerade aus einem Ei schlüpfen, das wie ne Zwiebel aus zig Schichten besteht. Spannend!
