Hier ein interessanter Text, der das Buch der Richter und damit auch die Geschichte der Richterin Deborah in die heutige Zeit transformiert - diesmal im katholischen Kontext:
Tilbert Moser, Friede über Israel - Unsere Verantwortung aus biblischer Sicht - kostenloses PDF unter
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"Dass alle Völker Busse tun für ihr gottloses Treiben und Erbarmen finden, wie es im Buch Jona gleichnishaft beschrieben ist, liegt in weiter Ferne. Doch in Notzeiten wie Kriegsbedrohung (z.B. bei den Türkenkriegen) oder Naturkatastrophen (Dürre) rafften sich die Christen immer wieder auf zur Volksbusse mit Fasten und inständigem Gebet, worauf manchmal wie ein Wunder die Erhörung folgte. Modelle solcher Volksbusse finden sich zahlreich in der Bibel.
So beschreibt das Buch der Richter den Kreislauf von Schuld, Umkehr, Rettung und Rückfall: Wenn das Volk wegen seiner Untreue in Feindeshand fiel und zu Gott um Rettung schrie, sandte er einen Richter, der es von den Feinden befreite. Doch sobald der Richter starb, wurden sie wieder rückfällig und fielen wieder zu fremden Göttern ab, worauf sie wieder in Feindeshand fielen (Ri 2,11-23).
Modelle für Fürbusse (= stellvertretende Busse für das ganze Volk und die Sünden der Vorahnen) sind:
- Im Buch Jesus Sirach 36,1-22 (nur in der griechischen Bibel):
„Rette uns, du Gott des Alls und wirf deinen Schrecken auf alle Völker… damit sie erkennen, wie wir es erkannten: Es gibt keinen Gott außer dir. Erneuere die Zeichen, wiederhole die Wunder, zeige die Macht deiner Hand und die Kraft deines rechten Armes … Beschleunige das Ende und schau auf die Zeit! … Sammle alle Stämme Jakobs, verteil den Erbbesitz wie in den Tagen der Vorzeit! Hab Erbarmen mit dem Volk, das deinen Namen trägt, mit Israel, den du deinen Erstgeborenen nanntest. Hab Erbarmen mit deiner heiligen Stadt, mit Jerusalem, dem Ort, wo du wohnst. Erfülle Zion mit deinem Glanz und deinen Tempel mit deiner Herrlichkeit! Leg Zeugnis ab für das, was du ehedem verfügt hast; erfülle die Weissagung, die in deinem Namen ergangen ist … und bestätige so deine Propheten! … Alle Enden der Erde sollen erkennen: Du bist der ewige Gott.“
- Im Buch Nehemia 9,2: „Da sonderte sich die Nachkommenschaft Israels von allen Fremden ab, und sie traten herzu und bekannten ihre Sünden und die Verschuldungen ihrer Vorfahren“. Im ganzen Gebet (Neh 9,6-37) wird die ganze Heilsgeschichte von Abraham an mit ihrer Schuldverflochtenheit reuevoll hoffend vor dem Herrn ausgebreitet.
- Ähnlich im Fürbussgebet im Buch Daniel, 3,24-45 (nur in der griechischen Bibel LXX) und manchen Psalmen (z.B.Ps 44.74.79.80.82.89).
Im Zusammenhang mit Israel sind es besonders die Evangelischen Marienschwestern von Darmstadt (gegründet 1947 unter dem Schrecken des letzten Weltkrieges), welche sich der Sühne und Busse für die unter Hitler an den Juden verübten Verbrechen geweiht haben und mit ihren Schriften die Liebe für Gottes Volk fördern und an Bussgottesdiensten, auch in Jerusalem, mitwirken.
„Der Geist des Mitleids und flehentlichen Bittens“ lebt heute in vielen Israel-Gebetsgruppen weiter. Tief erfasst hat das Anliegen der Fürbusse der Priester Peter Hocken (+2017), ein führender Theologe auf dem Gebiet der Ökumene und messianischen Bewegung. Er schreibt: „Die grösste Herausforderung liegt … auf der existenziellen Ebene, nämlich im Ruf zur Busse und Umkehr. … Dies allein kann uns (Heidenchristen und messianische Juden) über unsere gegenwärtigen Trennungen und Beschränkungen hinwegtragen. … Der wohl wichtigste Grund, warum die interkonfessionelle Annäherung so schwer vorangeht, ist der Mangel an einem tiefgehenden Bekenntnis der Sünden hinsichtlich unserer früheren Spaltungen. … Wir können nicht erwarten, dass die Spaltungen der historischen Kirchen geheilt werden, wenn nur wenig oder keine Bereitschaft da ist zum Bekenntnis der Sünden, die diese Spaltungen
hervorgerufen haben.“
Aus dem Rundbrief von TJCII/Schweiz (info@tjcii.ch), 2018, redigiert von Markus Neurohr gemäss Vorgaben von Peter Hocken:
„Wie geht Identifikations-Busse?- Sie ist nicht nach hinten, sondern nach vorne gerichtet. Wir sind nicht die Ersten die Busse tun. Wir sind nicht die Einzigen die Busse tun. Wir sind nicht die Eigentlichen die Busse tun. Busse ist ein Strom, eine Bewegung, die Gott auslöst, damit jeder an seinem Ort, in seiner Situation und Kirche einen Puzzlestein legt zur Heilung des Leibes Christi. Dieser Akt wird zu einem breiten Strom werden, der das Antlitz der Erde erneuert. Busse tun ist nicht das Gleiche wie stellvertretende Busse. Wir tun nicht Busse an Stelle jener, die schuldig geworden sind (vor kurzem oder langem) in dem Sinne, dass ihnen vergeben wird, sondern Busse tun heisst, sich mit der Schuld und Sünde der Väter zu identifizieren. Wir schauen diese Schuld an ohne mit dem Finger auf jene zu zeigen, die schuldig geworden sind, um sie zu verurteilen. Wir wollen die Schuld nicht unter den Teppich kehren, sondern ans Licht bringen, indem wir sie bekennen vor dem lebendigen Gott. Das ist wichtig, weil die Schuld Folgen hat für unsere und die kommende Generation. Jede Schuld hat auch negative Auswirkungen und Folgen, unter denen wir bis heute leiden. Deshalb soll sie beendet werden. Wir setzten da an, wo es uns betrifft. Z.B. bei der geistlichen Blindheit, die wir in unseren Kirchen und Gemeinden antreffen, wenn bestimmte Themen nicht willkommen sind oder verurteilt werden. Eine Folge der Schuld trifft auch heute noch die damals Verurteilten, die Opfer, im Falle der Marranos sind das die Juden. Fluch ist das Gegenteil von Segen, wenn Gott sein Angesicht abwendet. Fluch ist Verlust von Segen und von Schätzen, die in den eigenen Traditionen erhalten geblieben sind, aber nicht dem ganzen Leib zum Segen werden. Schuld darf nicht länger Quelle von Fluch sein. Wir wollen die Schuld der Väter bekennen und Gott bitten, dass er das Blut Jesu auf diese legt, denn er ist für jeden Fluch gestorben. Er stoppt diese Fluchlinien und führt sie zu einem Ende. Er macht uns frei von jedem Fluch der Sünde und lässt daraus Segen entstehen. Identifikations-Busse ist nach vorne gerichtet.“