Der Wald (Ort der Spiritualität) und der Forst (wirtschaftliches Nutzgut)

cerambyx

Sehr aktives Mitglied
Registriert
6. März 2011
Beiträge
1.393
Ort
Niederösterreich, Mostviertel
Was wissen wir über den "Wald"?
Kennen wir den Unterschied zum "Forst"?

Weshalb empfinden ihn so viele als Rein, als Befreiend, als Quelle von Kraft, als spirituellen Ort?
Weshalb empfinden ihn so viele als furchteinflößend, unheimlich?
Weshalb sehen aber manche nur die nutzbaren, verkäuflichen "Festmeter"?
Weshalb versperren ihn manche, nur um darin das Wild zu hegen - um es erlegen zu können?
Warum empfinden wir natürliche Vorgänge wie Sturmschäden, Lawinenschäden und Feuer durch Blitzschlag im Wald immer als "Katastrophe"?

Auslöser dieses Threads war unter dem Thread
"Atomstrom (2. Teil) und die Katastrophe in Japan" Posting #1135 von @reinwiel:

(und meine Antwort, die ich auch gleich ins nächste Posting kopiere ...)

"Wenn man in einem Wald alle Bäume ausreißen würde, dann würde der Wald sterben.
Wenn man einen Wald richtig bewirtschaftet, fälliges Holz herausholt und neue Mischwälder pflanzt - das tut dem Wald gut, das tut dem Volk gut.
Was meine ich damit?"

(Leider darf ich noch nicht verlinken - bin noch "zu neu" hier ... aber vielleicht kann das ein Admin erledigen?)
 
Werbung:
Der Wald stirbt nicht, wenn man die Bäume ausreißt (oder auch "nur" abschneidet, oder sogar brandrodet) - die Natur macht es ja oft vor, indem sie mit Sturm, Feuer oder im Gebirge Schneedruck Wälder großflächig "zerstört" - im Boden warten genug Samen, die durch das plötzlich verfügbare Licht sofort den "neuen Wald" bilden - über Pionierpflanzen, die den Boden vor Abtrag schützen, Erstbesiedler, die Feuchtigkeit binden usw.
Gefährlich für den Wald ist nur, wenn der Mensch rodet und in der Folge düngt und Felder bewirtschaftet ...

aus Sicht der natur gibt es kein "richtiges Bewirtschaften", denn die Entnahme des "fälligen" Holzes heißt nichts anderes - auf den Menschen umgelegt - alle jungen gesunden Männer eines Volkes "zu entnehmen"! Somit gehen dem Wald die für das gesamte (!) Leben im Wald wichtigen alten Bäume verloren: Baumkronen beherbergen eine Vielzahl von Tieren, sind "Wohnungen", Nahrungsgrundlage, Versteck, Wanderstraßen ... und der sterbende Baum (mit seinen Höhlungen) wird ebenfalls als Wohnstatt und Entwicklungsraum genutzt ... all dies entfällt bei "richtiger Bewirtschaftung"!

Aber ein Punkt stimmt: Richtiges Bewirtschaften tut dem Volk gut!

Aber generell: Man muß unterscheiden zwischen Wald und Forst. Letzterer ist für die Bewirtschaftung vorgesehen, und sogar hier werden in letzter Zeit (bei uns durch die Bundesforste) Anstrengungen unternommen, die Bewirtschaftung naturverträglicher zu gestalten.
Aber: Hände weg vom "Wald" ... der darf nicht bewirtschaftet werden - und dafür gibts (leider viel zu wenig) die entsprechenden Schutzgebiete!

Ich hoffe, damit einiges zum Verständnis des "Waldes" beitragen zu können.
Nachfragen gerne ...

LieGrü
cerambyx
 
Hallo Cerambyx,

Du hast nach meiner Meinung einen guten Denkanstoss gegeben. Wobei ich noch hinzufügen möchte, das ein "Forst" waldische Eigenschaften annehmen kann, abhängig welche Bäume genutzt werden und wie intensiv der Forst bewirtschaftet und/oder gehegt wird.

Als Beispiel möchte ich auf den Unterschied eines Forst mit schnell wachsenden Nadelhölzern zu einem "Forst" mit langsam wachsenden Laubhölzern hinweisen.
Ein Eichen oder Buchenwald kann durch seine lange Zeit des Wachstums, trotz dem er als Nutzwald angelegt worden ist, einen ganz eigenen Charakter entwickeln. Zum Beispiel in der Form, welche zusätzlichen Planzen sich in dem Forst einfinden und je nach Bewirtschaftung radikal in der "Hege" entfernt werden, oder ihr Dasein fristen dürfen.

Meines Erachtens liegt es also am Holzbauer, wie "gesund" oder "natürlich" sein Forst sich entwickelt. Denn nicht jeder hat das Glück im bayrischen Urwald spazieren gehen zu können.
Ich komme aus dem Sauerland, auch dort werden wohl die meisten Waldflächen bewirtschaftet und es gibt viele Fichtenforste. Doch gibt es auch Laubwälder, nicht mal Mischwälder, die ihren Charakter haben und sogar Kraftorte beinhalten und deren Bewirtschaftung selbst diesen Kraftorten nichts anhaben kann.

Ein so ein Beispiel ist für mich der Müssenberg bei Hachen. Um diesen Berg ranken sich viele Geschichten, in denen immer wieder ein Berggeist "Der Alte vom Müssenberg" vorkommt. In der Nähe des Gipfels ist eine Felsenformation, die auch als "Bilstein" benannt wird. In der Nähe des Bilstein wurde in der Vergangenheit versucht einen Steinbruch einzurichten, denn die Berge dort beinhalten reichlich Muschelkalk, der auch rundherum in mehreren Steinbrüchen abgebaut wird.
Nur am Bildstein wurde die Arbeit eingestellt, die Schütten und der angefangene Steinbruch wird wieder von der Natur zurück erobert. Der nahe gelegene Teil eines Fichtenforstes und die Nutzung des Waldes durch das Schlagen von Buchen, tut diesem Ort und dem Charakter des Waldes keinen Abbruch.
Steigt Nebel vom Bilstein auf, sagen die Dorfeinwohner heute noch: "Der Alte schmäukt wieder."

Ein anders Beispiel ist eine sehr alte Buche, die an einem Weg steht, an dessen einen Seite ein Fichtenforst angrenzt und an der anderen Seite, dort wo die alte Buche steht, ein junger Buchenwald dem Licht entgegen strebt --- doch diese Buche gibt auch dem Wald einen eigenen Charakter.
 
Hallo Cerambyx,

Du hast nach meiner Meinung einen guten Denkanstoss gegeben. Wobei ich noch hinzufügen möchte, das ein "Forst" waldische Eigenschaften annehmen kann, abhängig welche Bäume genutzt werden und wie intensiv der Forst bewirtschaftet und/oder gehegt wird.
Natürlich, da geb' ich Dir recht bezüglich der von uns wahrgenommenen Eigenschaften - ich wollte nur generell darauf hinweisen, dass im "Forst" ein ganzer "Lebensabschnitt" des Waldes bzw. seiner "lebenden Inhalte" fehlt!
Als Beispiel möchte ich auf den Unterschied eines Forst mit schnell wachsenden Nadelhölzern zu einem "Forst" mit langsam wachsenden Laubhölzern hinweisen.
Ein Eichen oder Buchenwald kann durch seine lange Zeit des Wachstums, trotz dem er als Nutzwald angelegt worden ist, einen ganz eigenen Charakter entwickeln. Zum Beispiel in der Form, welche zusätzlichen Planzen sich in dem Forst einfinden und je nach Bewirtschaftung radikal in der "Hege" entfernt werden, oder ihr Dasein fristen dürfen.
Bin dabei ... !
Meines Erachtens liegt es also am Holzbauer, wie "gesund" oder "natürlich" sein Forst sich entwickelt. Denn nicht jeder hat das Glück im bayrischen Urwald spazieren gehen zu können.
Ich komme aus dem Sauerland, auch dort werden wohl die meisten Waldflächen bewirtschaftet und es gibt viele Fichtenforste. Doch gibt es auch Laubwälder, nicht mal Mischwälder, die ihren Charakter haben und sogar Kraftorte beinhalten und deren Bewirtschaftung selbst diesen Kraftorten nichts anhaben kann.
Gut dass Du das ansprichst ... dass ein Kraftort in einem Forst liegt, tut dem oft sogar gut bezüglich unserem Empfinden - oft auch eben durch den krassen Gegensatz als blühenden Ort einer heiligen Stille im umgebenden "Stangenholz"!
Bei uns (in Österreich) geht aber manche "Platz-Kraft" verloren bzw. wird geringer, wie auch geomantische Messungen zeigen. Meist durch "technische Profanierung" wie z.B. betonierte Lagerplätze und Maschinendepots an "alten heiligen Kreuzungen" ... weil dort eben genügend Raum ist dafür. :confused:
Ein so ein Beispiel ist für mich der Müssenberg bei Hachen. Um diesen Berg ranken sich viele Geschichten, in denen immer wieder ein Berggeist "Der Alte vom Müssenberg" vorkommt. In der Nähe des Gipfels ist eine Felsenformation, die auch als "Bilstein" benannt wird. In der Nähe des Bilstein wurde in der Vergangenheit versucht einen Steinbruch einzurichten, denn die Berge dort beinhalten reichlich Muschelkalk, der auch rundherum in mehreren Steinbrüchen abgebaut wird.
Nur am Bildstein wurde die Arbeit eingestellt, die Schütten und der angefangene Steinbruch wird wieder von der Natur zurück erobert. Der nahe gelegene Teil eines Fichtenforstes und die Nutzung des Waldes durch das Schlagen von Buchen, tut diesem Ort und dem Charakter des Waldes keinen Abbruch.
Steigt Nebel vom Bilstein auf, sagen die Dorfeinwohner heute noch: "Der Alte schmäukt wieder."
Au weia, das klingt gut - weiß man woher "Bil"stein kommt? Die Sage kenn' ich, es sind auch Elemente vom alten Rübezahl drinnen - und aus der weiteren Umgebung (Attendorn/Arnsberg ist ja nicht weit?) gibts auch noch eine Glockengießersage mit ähnlichen Grundelementen ... ist vielleicht mal einen eignen Thread wert?
Jedenfalls deutet alles auf eine starke, spirituell "alte" Gegend hin ...
Ein anders Beispiel ist eine sehr alte Buche, die an einem Weg steht, an dessen einen Seite ein Fichtenforst angrenzt und an der anderen Seite, dort wo die alte Buche steht, ein junger Buchenwald dem Licht entgegen strebt --- doch diese Buche gibt auch dem Wald einen eigenen Charakter.
[/QUOTE]
Wahrscheinlich ein "Grenzbbaum" oder "Moarbam" wie's bei uns in Ö heißt, der die Funktion eines Grenzsteines haben kann. Natürlich eventuell auch bei Kahlschlag als "Überhälter" (Samenbringer) stehen gelassen wurde - hierauf könnte der Buchenjungwald hinweisen.

Insgesamt danke für die wertvollen Ergändzungen ... mal schaun was noch kommt ...
 
Au weia, das klingt gut - weiß man woher "Bil"stein kommt? Die Sage kenn' ich, es sind auch Elemente vom alten Rübezahl drinnen - und aus der weiteren Umgebung (Attendorn/Arnsberg ist ja nicht weit?) gibts auch noch eine Glockengießersage mit ähnlichen Grundelementen ... ist vielleicht mal einen eignen Thread wert?
Jedenfalls deutet alles auf eine starke, spirituell "alte" Gegend hin ...
...

Ich habe mal im Zusammenhang mit dem Begriff "Bilstein" gehört, das es sich in den heidnischen Religionen dabei um einen Ort oder Platz gehandelt haben soll, an dem der Donnergott Thor verehrt wurde und so soll "Bilstein" auch mit "Thor's Sitz" in Beziehung stehen.
Ob das der Wahrheit entspricht oder ob es sich um eine Interpretation handelt, kann ich Dir nicht bestätigen.
 
Ich bin da nicht so vom Fach und seh das nur als "Besucher" des Waldes, was mir da gerade einfällt gerade im Bezug auf den Wienerwad der mir jetzt am nächsten steht ist in wieweit schadet oder nützt dem Wald seine Besucher.
Bei uns in der Gegend hab ich gemerkt, dass die Stellen im Wald die häufig durchwandert werden auf eine Art belebt werden die sie belebt und andere wiederum abtötet.
Ich denke da im Speziellen an ein Stück Wald welches durch eine Strasse getrennt wird, die eine Seite ist gut besucht die andere ist sich relativ selbst überlassen (nicht aber verwildert). Ich selbst bevorzuge die sich selbst überlassene, finde aber selten Menschen die das mit mir teilen wollen, keiner will dahin. Auf der gutbesuchten bin ich selten alleine auf der anderen immer, trotzdem ist es vom Gefühl her anders herum.
 
Ich habe mal im Zusammenhang mit dem Begriff "Bilstein" gehört, das es sich in den heidnischen Religionen dabei um einen Ort oder Platz gehandelt haben soll, an dem der Donnergott Thor verehrt wurde und so soll "Bilstein" auch mit "Thor's Sitz" in Beziehung stehen.
Ob das der Wahrheit entspricht oder ob es sich um eine Interpretation handelt, kann ich Dir nicht bestätigen.

Hm, könnte passen ... Bil = (unter anderem) spalten, trennen, Beil ... vom "Beil" ist nicht weit zu "Thor's Hammer" ... hier bei uns rätseln wir sogar beim Hl. Wolfgang, der den Hammer wirft, um einen Städtebau am Landeplatz zu begründen, ob das nicht "Thor-Plätze" (oder Teutates ... in der Nähe ist nämlich auch das "Tote Gebirge", die größte Steinwüste Mitteleuropas)

Aber auch schon "Beil-Stein" ist eine gute, eindeutig beschreibende Deutung, die es auch bei uns öfter gibt (Peilstein bei Wien = Felswand mitten in flacher Wiesenlandschaft durch erdgeschichtliches Einsturzbeben) ...

Na, mal schaun, ob da in der Umgebung auch noch Teufels-, Sonn-, Licht-, Lux-, Falken, Raben- oder ähnliche "Attribut"plätze zu finden sind? Dann wirds immer besser passend ...

Liebe Grüße
Norbert
 
Hallo Morgenröte,

Was mir spontan zum Wienerwald einfällt sind jede Menge Hänchen... :lachen:

Ich hoffe Du kannst Spaß verstehen?

Ansonsten bin ich lieber alleine im Wald, als mit tausend anderen Besuchern, denn erst dann konnte ich immer richtig zur Ruhe kommen.
Wie ich schon sagte, komme ich aus dem Sauerland, dort ist es nicht schwer ein Plätzchen im Wald zu finden um alleine zu sein. Im Gegenteil habe ich mal nahe des Ruhrgebite gewohnt, zwar ländlich dörflich, doch die Nähe zum Ruhrgebiet war immer zu spühren, da es fast unmöglich war mal ein paar Minuten irgendwo alleine zu sein - so habe ich gelernt Regenwetter etwas Gutes abzugewinnen ;) ...

...und dem Wienerwald die leckeren Hänchen.
 
Werbung:
Hm, könnte passen ... Bil = (unter anderem) spalten, trennen, Beil ... vom "Beil" ist nicht weit zu "Thor's Hammer" ... hier bei uns rätseln wir sogar beim Hl. Wolfgang, der den Hammer wirft, um einen Städtebau am Landeplatz zu begründen, ob das nicht "Thor-Plätze" (oder Teutates ... in der Nähe ist nämlich auch das "Tote Gebirge", die größte Steinwüste Mitteleuropas)

Eine Überlegung wert wäre wohl auch die Verbindung zum Bilsenkraut.
Pils.

Stammt ja wohl auch aus einer Zeit in der Bier noch aus Hanf statt aus dem mit der Christianisierung einegführten Hopfen (mit etwas anderer Wirkung) gebraut wurde. Und sowas wie Bilsenkraut oder Fliegenpilz durchaus beliebte Zusatzstoffe dabei waren. Passt ja dennoch zu Thor's Hammer.

Das vorchristliche Europa war primär, in verschiedener Ausprägung, dennoch weitgehend eine schamanische Rausch- und Trancekultur. (Christian Rätsch schreibt darüber ganz gut.) In etwa der nordamerikanisch-indianischen oder sibirischen vergleichbar. Sowohl in keltischer als auch germanischer Form.
 
Zurück
Oben