Tolkien
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Ich hole diese Geschichte aus dem grossen dicken Buch mal separat hier rein:
Jeden Morgen fuhren wir zusammen mit der Bahn. Herr Freitag wohnte im Haus gegenüber. Pünktlich um 7.00 Uhr kam er an die Haltestelle, um die Bahn um 7.02 Uhr zu erreichen. Die in die Jahre gekommene alte braune Aktentasche mit dem abgegriffenen Henkel trug er an seiner rechten Hand und stellte sich stets rechts des Halteschildes hin, um das Eintreffen der Bahn abzuwarten.
Prüfend blickte er an sich herunter, strich über seinen Mantel und zog die Ärmel glatt. Ein Griff zur Krawatte...alles perfekt. Dann sah er sich kurz zur Seite um und betrachtete die Mitwartenden. Trafen sich die Blicke, zog er seine Aktentasche hoch und hielt sie wie schützend vor seinen Bauch.
Irgend jemand hatte mir mal gesagt, dass er Buchhalter sei und bei einer kleinen Eisenwarenfirma in der Stadt beschäftigt wäre. Er war alleinstehend und bewohnte die kleine Mansardenwohnung in der
3. Etage schon so lange ich denken konnte.
Quietschende Schienen kündigten das Kommen der Bahn an. Dann bog die 103 um die Ecke. Einen halben Schritt zurücktretend zog er seine Monatskarte aus der Manteltasche, um sie dem Schaffner beim Einstieg vorzuweisen. Herr Freitag hatte seinen Warteplatz an der Haltestelle ganz bewusst ausgewählt, da die Bahn immer so hielt, dass die Einstiegstür sich genau hier befand und ihm die Möglichkeit gab als Erster einzusteigen und seinen Lieblingsplatz am Fenster anzusteuern. Er sass immer auf der linken Seite direkt hinter dem Strassenbahnführer auf einem Einzelsitzplatz.
Bevor er dort Platz nahm, strich er über den Sitz und wischte ihn ab. Die aufrecht stehende Aktentasche auf seinem Schoss hielt er an den Aussenecken fest. Sein kerzengerader Sitz schien genau einen 90 Grad Winkel darzustellen.
Normalerweise ging ich immer etwas weiter durch, doch heute war die Bahn recht voll und ich nahm gleich den freien Platz gegenüber von Herrn Freitag entgegen der Fahrtrichtung ein. Dies bot mir die Gelegenheit, ihn heute einmal etwas genauer zu betrachten.
Herr Freitag machte einen nervösen Eindruck auf mich, aber das machte er eigentlich immer. Ich bemerkte dass sein blank geputzter rechter Schuh leicht auf und ab wippte und die Finger seiner rechten Hand ständig auf die Aussenecke seiner Aktentasche tippten. Nach jeder Kurve wischte er sich eine fettige Haarsträhne aus der Stirn und gab seinem Haarschnitt wieder Form.
Dann sah ich ihm ins Gesicht. Seine Augenlider zuckten. Die grünen Augen schienen sich in ihren Höhlen verstecken zu wollen. Er drehte sich zur Seite und blickte aus dem Fenster. Die Drehung gab einen Teil seines Halses frei, auf dem ich eine Tätowierung entdeckte, die wie drei Sechsen aussah.
Drei Sechsen? Dazu fiel mir nur eines ein. Ich sah in die Fensterscheibe und dann ich seine Augen. Plötzlich leuchteten sie giftgrün auf!
Im Bruchteil einer Sekunde fühlte ich mich aus meinem Körper gezogen! Ich konnte nichts dagegen tun. Ein Rauschen erfasste mich. So sehr ich mich auch dagegen stemmte, immer weiter entfernte ich mich vom meinem Sitz. Von der Strassenbahn. Vom Jetzt....
Dann plötzlich Stille. Ich war irgendwo angekommen. Aber wo? Ich sah nichts. Ich hörte nichts. Es war als würde ich im Raum schweben. Ich schärfte alle meine Sinne, um etwas zu erfahren. Nichts...
Doch nach einigen Momenten kam langsam Licht und ein Bild zurück. Zuerst unscharf und verschwommen. Ich sah. Doch was ich sah, war nicht durch meine eigenen Augen.....
Es waren die Augen von Herrn Freitag!
Der merkwürdige Herr Freitag
Jeden Morgen fuhren wir zusammen mit der Bahn. Herr Freitag wohnte im Haus gegenüber. Pünktlich um 7.00 Uhr kam er an die Haltestelle, um die Bahn um 7.02 Uhr zu erreichen. Die in die Jahre gekommene alte braune Aktentasche mit dem abgegriffenen Henkel trug er an seiner rechten Hand und stellte sich stets rechts des Halteschildes hin, um das Eintreffen der Bahn abzuwarten.
Prüfend blickte er an sich herunter, strich über seinen Mantel und zog die Ärmel glatt. Ein Griff zur Krawatte...alles perfekt. Dann sah er sich kurz zur Seite um und betrachtete die Mitwartenden. Trafen sich die Blicke, zog er seine Aktentasche hoch und hielt sie wie schützend vor seinen Bauch.
Irgend jemand hatte mir mal gesagt, dass er Buchhalter sei und bei einer kleinen Eisenwarenfirma in der Stadt beschäftigt wäre. Er war alleinstehend und bewohnte die kleine Mansardenwohnung in der
3. Etage schon so lange ich denken konnte.
Quietschende Schienen kündigten das Kommen der Bahn an. Dann bog die 103 um die Ecke. Einen halben Schritt zurücktretend zog er seine Monatskarte aus der Manteltasche, um sie dem Schaffner beim Einstieg vorzuweisen. Herr Freitag hatte seinen Warteplatz an der Haltestelle ganz bewusst ausgewählt, da die Bahn immer so hielt, dass die Einstiegstür sich genau hier befand und ihm die Möglichkeit gab als Erster einzusteigen und seinen Lieblingsplatz am Fenster anzusteuern. Er sass immer auf der linken Seite direkt hinter dem Strassenbahnführer auf einem Einzelsitzplatz.
Bevor er dort Platz nahm, strich er über den Sitz und wischte ihn ab. Die aufrecht stehende Aktentasche auf seinem Schoss hielt er an den Aussenecken fest. Sein kerzengerader Sitz schien genau einen 90 Grad Winkel darzustellen.
Normalerweise ging ich immer etwas weiter durch, doch heute war die Bahn recht voll und ich nahm gleich den freien Platz gegenüber von Herrn Freitag entgegen der Fahrtrichtung ein. Dies bot mir die Gelegenheit, ihn heute einmal etwas genauer zu betrachten.
Herr Freitag machte einen nervösen Eindruck auf mich, aber das machte er eigentlich immer. Ich bemerkte dass sein blank geputzter rechter Schuh leicht auf und ab wippte und die Finger seiner rechten Hand ständig auf die Aussenecke seiner Aktentasche tippten. Nach jeder Kurve wischte er sich eine fettige Haarsträhne aus der Stirn und gab seinem Haarschnitt wieder Form.
Dann sah ich ihm ins Gesicht. Seine Augenlider zuckten. Die grünen Augen schienen sich in ihren Höhlen verstecken zu wollen. Er drehte sich zur Seite und blickte aus dem Fenster. Die Drehung gab einen Teil seines Halses frei, auf dem ich eine Tätowierung entdeckte, die wie drei Sechsen aussah.
Drei Sechsen? Dazu fiel mir nur eines ein. Ich sah in die Fensterscheibe und dann ich seine Augen. Plötzlich leuchteten sie giftgrün auf!
Im Bruchteil einer Sekunde fühlte ich mich aus meinem Körper gezogen! Ich konnte nichts dagegen tun. Ein Rauschen erfasste mich. So sehr ich mich auch dagegen stemmte, immer weiter entfernte ich mich vom meinem Sitz. Von der Strassenbahn. Vom Jetzt....
Dann plötzlich Stille. Ich war irgendwo angekommen. Aber wo? Ich sah nichts. Ich hörte nichts. Es war als würde ich im Raum schweben. Ich schärfte alle meine Sinne, um etwas zu erfahren. Nichts...
Doch nach einigen Momenten kam langsam Licht und ein Bild zurück. Zuerst unscharf und verschwommen. Ich sah. Doch was ich sah, war nicht durch meine eigenen Augen.....
Es waren die Augen von Herrn Freitag!