Der Eckhard-Thread

Selbstmacher

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Eckhard oder Eckehard, den man ergänzend auch "Meister" nennt, wurde um 1260 in Thüringen geboren, viel weiß man zu seiner Person nicht mehr sicher. Doch seine Schriften verfügen heute über einen stabilen Fankreis.

Da es noch keinen Thread zu seinen oft in Verbindung mit meditativem Erkennen gebrachten Schriften zu geben scheint, ändere ich das hiermit.

Dieser Thread ist im besonderen dazu gedacht einen Austausch darüber zu ermöglichen, wie man diese oder jene Aussage deuten zu können meint. "Austausch" meint Kommunikation zu diesen Punkten, nicht daß jemand, der am Thread teilnimmt dazu gedrüngt werden darf zu irgendetwas Stellung zu beziehen.

Ich beginne mit diesem Text:

"Vom wahren Gehorsam

Wahrer und vollkommener Gehorsam ist eine Tugend vor allen Tugenden, und kein großes Werk kann geschehen und vollbracht werden ohne diese Tugend. Und so klein ein Geschäft auch sei und unbedeutend, es ist nützer getan in wahrem Gehorsam: es sei Messelesen oder -hören, beten, kontemplieren oder was du erdenken magst. Und nimm eine Arbeit, so gering du nur willst, es sei was immer, wahrer Gehorsam macht sie dir edler und besser. Gehorsam bewirkt in allweg das Beste an allen Dingen, ja Gehorsam geht nimmer fehl und versäumt auch nichts, es mag einer tun, was er will - wenn es nur aus wahrem Gehorsam kommt: denn er verabsäumt nichts Gutes. Gehorsam braucht nimmer Sorge zu haben, ihm gebricht es an keinem Gute.

Wo immer der Mensch in Gehorsam aus sich ausgeht, in denselben muß hinwieder Gott notwendig eingehen; denn wenn einer für sich selber nichts mehr will, für den muß Gott so wollen wie für sich selber. Wenn ich meines Willens mich begeben habe in die Hand meines Obern und mir selber nichts mehr will, so muß Gott für mich wollen. Und soviel er dann mich außer acht ließe, soviel ließe er sich selber außer acht. Also kurz: Wo ich nicht selber will, da will statt meiner Gott. Nun gib acht! Was will er da, wo ich nicht will. Worin ich mich lasse, darin muß er mir notwendig alles das wollen, was er sich selber will, nicht weniger und nicht mehr, und in der nämlichen Weise, mit der er für sich will. Und täte Gott das nicht: bei der Wahrheit, die doch Gott ist, so wäre er nicht
gerecht und nicht Gott, was doch sein natürlich Wesen ist.

Bei wahrem Gehorsam soll es kein „ich will so oder so, dies oder das“ geben, sondern ein unbedingtes Fahrenlassen des Deinigen. Und darum soll es in dem allerbesten Gebet, das der Mensch beten kann, nicht heißen: „Gib mir diese Tugend oder jene Weise“, oder „Ja, Herr, gib mir dich selber oder ewiges Leben“, sondern allein: „Herr, gib mir nur, was du willst, und tue, Herr, was und wie du willst auf jede Weise.“ Das übertrifft jenes andere wie der Himmel die Erde. Und wenn man dies Gebet also vollbringt, so hat man wohl gebetet. Denn so ist man in wahrem Gehorsam gänzlich eingegangen in Gott. Wie aber wahrer Gehorsam kein „Ich will also“ kennen soll, so soll man von ihm auch kein „Ich will nicht“ vernehmen. Denn ein „Ich will nicht“ ist ein wahres Vergiften des Gehorsams Wie Sankt Augustinus sagt: Den getreuen Diener Gottes gelüstet nicht, daß man ihm sage oder gebe, was er gern sähe oder hörte; denn sein erstes und höchstes Bemühen ist, zu hören, was Gott allermeist gefällt.
"
 
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Ich habe eine schwere Allergie gegen dieses Wort, auch wenn ich dem Grundgedanken, den er versucht rüberzubringen, durchaus was abgewinnen kann. "Dein Wille geschehe" ist ebenfalls eine Formulierung, bei der ich sofort das starke Bedürfnis habe jemandem auf die Füße zu kotzen. Das geht für mich in die gleiche Richtung. Es suggeriert, dass es irgendwo Leute gibt, die Ahnung haben was dieser Wille pauschal beinhaltet, und dass somit Regeln aufgestellt werden können und Leute abgestellt werden, die dafür Sorge tragen, dass diese dann eingehalten werden *grusel* Und noch besser ist natürlich der vorauseilende Gehorsam, dann muss man weniger Leute bezahlen, die für Ordnung sorgen.

Sich dem Lauf der Dinge vertrauensvoll in die Arme zu schmeißen ist trotzdem ne gute Idee.
 
Was betrachtest du als Grundgedanken?
Folgendes:
Bei wahrem Gehorsam soll es kein „ich will so oder so, dies oder das“ geben, sondern ein unbedingtes Fahrenlassen des Deinigen.
Mit anderen Worten: gib Dich dem Willen Gottes hin, mit meinen Worten, gib Dich dem Lauf der Dinge hin. Ich habe nichts gegen den Begriff "Gott", allerdings ist das Bild eines (christlichen) Gott-Wesens bzw. einer Gott-Macht so verbreitet, dass ich lieber andere Worte benutze um da nicht missverstanden zu werden.

Es geht darum, dass das eigene Ego durchschaut und fallen gelassen werden soll. Gott, die innere Stimme, das Große Ganze - egal wie wir es nennen - soll statt dessen die Führung übernehmen. Wer sich dessen bewusst wird, kann sich dafür entscheiden und es zulassen.

Ich zweifle nicht daran, dass Eckhard das gemeint hat, aber mit seiner Wortwahl öffnet er den hier-geht's-lang-Idioten Tür und Tor.
 
dazu fällt mir ein, trachte zuerst nach dem reiche Gottes. mth.6,33

und ich denke, es hat mit Begierde und Bedürfnis zu tun, wie gehen wir damit um.

M.Eckhart:
Wisse, wenn du das deine suchst, da findest du Gott nimmer, wenn du nicht rein Gott suchst.

Wo immer der Mensch in Gehorsam aus sich ausgeht, in denselben muß hinwieder Gott notwendig eingehen; denn wenn einer für sich selber nichts mehr will, für den muß Gott so wollen wie für sich selber.

wundervoller Satz.

da fällt mir auch ein Zitat ein von Eckhart:
Wenn Du nichts hast – keine eigene Geschichte, keine eigene Identität,
wenn Du nichts willst – also Dein eigener Wille, Deine eigenen Wünsche verschwunden sind,
und wenn Du nichts weißt – keine Erwartungen hast und keine Bilder, keine Bilder von Dir und keine Bilder von Gott -
dann kannst Du in die Freude des Herrn eingehen.
Meister Eckart

erinnert vielleicht auch an:
Math.16,24 Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach!
 
Ich habe eine schwere Allergie gegen dieses Wort

ich ebenfalls................


wobei ich Meister Eckhart gerne lese und ihn genial finde.

da fällt mir auch ein Zitat ein von Eckhart:
Wenn Du nichts hast – keine eigene Geschichte, keine eigene Identität,
wenn Du nichts willst – also Dein eigener Wille, Deine eigenen Wünsche verschwunden sind,
und wenn Du nichts weißt – keine Erwartungen hast und keine Bilder, keine Bilder von Dir und keine Bilder von Gott -
dann kannst Du in die Freude des Herrn eingehen.

da gäbs ja diesen buddhistischen Spruch "Form ist Leere, Leere ist Form" oder so ähnlich.
Bedeutet ja eigentlich dasselbe, zumindest seh ich es so.
 
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Was meint ihr, wie Eckhard das mit dem Gehorsam gemeint hatte? Wann soll man seiner Meinung nach gehorsam sein und wann vielleicht nicht?
 
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