Das verlorene Wissen der Manouche

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27. Juni 2018
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Vor 2 Tagen traf ich bei einer Flamenco Nacht hier in Andalusien, einen etwas älteren Manouche (Gitanes/ Zigeuner), mit welchem ich mich sehr lange unterhielt.
Der gute Mann, nennen wir in Pietro, war 78 Jahre alt, und noch einer der "Alten" in seiner Familie (und Familie schliesst da einige Leute ein, hier etwa 60).

Er erzählte mir von den frühen Tagen, die garnichtmal soweit in der Vergangenheit lagen, 100 Jahre zurück etwa.
Die Manouche waren damals ein wirklich ziehendes Nomadenvolk. Schausteller, Reisende, Verkünder.
In jeder Familie (Großfamilien, mit um die 50 Leuten) gab es immer eine oder einen "Tsabere", oder Bagaya (oder je nach Region unzählige Begriffe).
Das Leben war dem indigener Nomaden, oder anderen Hirtenkulturen sehr ähnlich.

Sie beherrschten die Waffenveredlung von Klingen, eine ausgereifte Musikpraxis; psychotherapeutische und medizinische Kenntnisse... und waren soziale Anlaufstelle.
Sie verstanden die Natur bzw direkt, die Umgebung zu verstehenn, und passten sich individuell an das entsprechende Gelände an. Viele wurden sesshaft, andere blieben dem Wanderleben treu.

Sie haben noch heute ein umfangreiches Wissen an Pflanzen und Tierkunde, astrologischem Wissen, Vorhersehung, bis hin zu beinahe chirurgischem Fachwissen!; verschiedenste innerstämmische Regeln und Kodexe.... uvm.

Die noch wenigen ziehenden Gipsies bieten innerhalb Europas, die noch am längsten am Leben gebliebene tribale Struktur, als soziales Konstrukt, was, auch in modernen Zeiten angekommen, zu funktionieren scheint.

Habt ihr auch ähnliche Erfahrungen gemacht?
Wie? Wo? Womit?

bg
 
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Meine Erfahrung kann da wohl nicht annähernd heran reichen, möchte sie dennoch schreiben, da sie eine sehr schöne und tiefgehende Erinnerung ist.
Als ich Kind war, kam einmal im Jahr zu uns ein Zirkus in die Stadt. Der Autoscooter war damals DIE Attraktion. Ich stand daneben und schaute, denn Geld hatte ich keins. Meine Freundin wollte eigentlich schon da sein, verspätete sich aber.
Ein kleiner, dunkelhäutigerer Junge sah mich die ganze Zeit an. Wir waren in etwa gleich alt. Ich lächelte. Daraufhin kam er zu mir. Wir unterhielten uns kurz, mit Händen und Füssen, da er mich kaum verstand. Als seine Oma (ich nahm damals an, es war seine Oma) das sah, zuckte er merklich auf und wollte sich schon wieder tummeln. Aber seine Oma lächelte und winkte zu uns herüber. Er nahm mich also an die Hand, wir gingen zu ihr. Sie lachte nun. Ich sah, sie hatte noch genau einen Zahn, aber das war seltsamerweise ok für mich. Wir folgten ihr in so eine Art *Verschlag*, selbst zusammen gezimmert wohl. Dort setzten wir uns. Sie bot mir Tee an, der seeeehr süss schmeckte. Dann nahm sie meine Hand, sah hinein und erschrak. Sie sagte: "Zwilling", grinste dann aber und stand auf. Ich dachte, sie hätte einen Buckel, aber dann richtete sie sich plötzlich kerzengerade auf. Der Junge neben mir sah staunend zu mir herüber.
Ich weiss bis heute nicht, ob ihre Geste eine Verbeugung andeuten sollte - es sah so aus. Es war mir toootal peinlich, aber da lachte sie schon wieder und strich mir über`s Haar.
Von da an konnte ich - auch in den Folgejahren - stets umsonst Autoscooter fahren (aber nur ich, meine Freunde mussten zahlen). Ich habe es nie übertrieben oder gar ausgenutzt.
Den kleinen Jungen habe ich leider nie wieder gesehen. Ich weiss nicht, was aus ihm geworden ist.
:)
 
Habt ihr auch ähnliche Erfahrungen gemacht?
Wie? Wo? Womit?

Grundsätzlich mal mit Menschen, ja denn ich reise gern :) Und wenn beispielshalber ein Lakota Elder hier zu Gast ist und etwas über die Medizin der Lakota und das wirkliche Leben im Reservat erzählt, setze ich vorraus, daß ich diesen Lakota Elder auch in seinem Reservat besuchen kann, wo er für einige tausende Menschen bei sämtlichen "Wehwehchen" Anlaufstation ist.

Ich bin so schon ganz schön um die Welt gekommen, die nächste geplanten Anlaufstation ist Australien für ein paar Monate.

Man muß eine gewisse Zeit mit Menschen verbringen, um deren Wesen zu erfassen und erst dann ist man überhaupt dazu in der Lage, sonstige Dinge von ihnen zu lernen.

Aborigines traditionell im Outback beispielshalber begrüßen Fremde nicht und reden auch nicht mit ihnen. Es ist Brauch, sich nahe nebeneinander, aber mit gewissem Respektabstand zueinander zu setzen und zu schweigen, ca. mindestens 30 Minuten lang. Dann kommen sie auf dich zu...oder deren Kinder, berühren dich eher, als daß sie etwas sagen.

Es gibt so viele Bräuche in der Welt, die einem auf den ersten Anblick seltsam erscheinen, aber dann durch das Erfahren einen Sinn ergeben.

Meine Erfahrung hierzu und mehr will ich dazu auch garnicht schreiben als genau das, ist daß mich die Magie/Spiritualität eines Volkes noch nie so sehr interessiert hat, wie die Menschen selbst.

Ein Dampfplauderer kann viel vom heiligen Schloss erzählen...ich schau mir lieber an, was tatsächlich gelebt wird.

Die Gypsies sind ein mystisches Volk in der europäischen Geschichte. Mit der zuteils staatlich verordneten Sesshaftigkeit hat sich jedoch viel für sie geändert. Ich habe selbst das traurige Bild wissender Alter gesehen, die ihr Wissen nicht mehr weitergeben können, weil es die Jungen kaum noch interessiert. Ich war einige Jahre mit einer transylvanischen Prinzessin zusammen :) Gypsies sind eine eigene Klasse für sich, gleichermassen als Fluch oder als Segen.

Intakte nomadische Kultur ist in Europa eher nur mehr unter den Rentierhütern zu finden und selbst die sind am aussterben, orientieren sich lieber am westlichen Leben. Solange sie aber noch Tiere haben und davon leben können, gehts einigermaßen.

Die wahren Indigenen gibts schon noch, sind zumeist ganz besondere Pflänzchen, wenn sie auch in unserer monotonen Forstwirtschaft unterzugehen drohen, ich betrachte sie dennoch als stützende Säulen der gesamten Menschheit.

Das Wissen, von dem du sprichst, sehe ich nicht als verloren...einen gibt es immer, der sich zumindest erinnern kann, daß da mal was war...dh. aber nicht, daß es auch gelebt wird. Ich habe einige Gypsies kennengelernt, die ich auf Dinge angesprochen habe und sehen konnte, wie Stolz sie zum Teil auf ihre Vergangenheit sind, sich gleichermaßen aber auch schämen, weil ihr Leben mit all dem garnichts mehr zu tun hat, am Rande einer Gesellschaft, die sie nie voll und ganz aufgenommen hat...Tagelöhner und Diebe in Ungarn, die längst nicht mehr wissen, wie man einen Kessel flickt oder die noch ein Musikinstrument spielen könnten, ganz zu schweigen von einer gelebten Spiritualität...eher ein täglicher Kampf ums Überleben auf der Strasse steht am Tagesplan...das mystsiche Volk der Gypsies, die nackte Wahrheit hat viele Gesichter und zumeist ist dieses weniger mystisch und "schön"^^

Amituofo, Tiger
 
Habt ihr auch ähnliche Erfahrungen gemacht?
Wie? Wo? Womit?
Hier in Tirol gibt es ein paar Punkte wo sich ehemals nomadisch lebende niedergelassen haben (speziell Telfs und Innsbruck).
Diese leben in Sippen und haben ganz eigene Gebräuche und Sprache.
Sie ordnen sich nicht gerne unter und haben eigene Gesetze.
Außenstehende finden da kaum Zugang.
 
Hier in Tirol gibt es ein paar Punkte wo sich ehemals nomadisch lebende niedergelassen haben (speziell Telfs und Innsbruck).
Diese leben in Sippen und haben ganz eigene Gebräuche und Sprache.
Sie ordnen sich nicht gerne unter und haben eigene Gesetze.
Außenstehende finden da kaum Zugang.


Meinst du Jenische ?
Ja da Leben viele in Österreich das stimmt.

Die gibt es überall

und manche sind sogar richtig schugger
 
Vor 2 Tagen traf ich bei einer Flamenco Nacht hier in Andalusien, einen etwas älteren Manouche (Gitanes/ Zigeuner), mit welchem ich mich sehr lange unterhielt.
Der gute Mann, nennen wir in Pietro, war 78 Jahre alt, und noch einer der "Alten" in seiner Familie (und Familie schliesst da einige Leute ein, hier etwa 60).







Er erzählte mir von den frühen Tagen, die garnichtmal soweit in der Vergangenheit lagen, 100 Jahre zurück etwa.
Die Manouche waren damals ein wirklich ziehendes Nomadenvolk. Schausteller, Reisende, Verkünder.
In jeder Familie (Großfamilien, mit um die 50 Leuten) gab es immer eine oder einen "Tsabere", oder Bagaya (oder je nach Region unzählige Begriffe).
Das Leben war dem indigener Nomaden, oder anderen Hirtenkulturen sehr ähnlich.

Sie beherrschten die Waffenveredlung von Klingen, eine ausgereifte Musikpraxis; psychotherapeutische und medizinische Kenntnisse... und waren soziale Anlaufstelle.
Sie verstanden die Natur bzw direkt, die Umgebung zu verstehenn, und passten sich individuell an das entsprechende Gelände an. Viele wurden sesshaft, andere blieben dem Wanderleben treu.

Sie haben noch heute ein umfangreiches Wissen an Pflanzen und Tierkunde, astrologischem Wissen, Vorhersehung, bis hin zu beinahe chirurgischem Fachwissen!; verschiedenste innerstämmische Regeln und Kodexe.... uvm.

Die noch wenigen ziehenden Gipsies bieten innerhalb Europas, die noch am längsten am Leben gebliebene tribale Struktur, als soziales Konstrukt, was, auch in modernen Zeiten angekommen, zu funktionieren scheint.

Habt ihr auch ähnliche Erfahrungen gemacht?
Wie? Wo? Womit?

bg


Zigeuner möchte ich nicht mehr lesen.
Entweder Sinti oder Roma
hoffe habe ich mich verständlich ausgedrückt.
Das Wort Zigeuner ist eine Erniedrigung
Wurde zum Glück abgeschafft.
Da muss der Roma oder Sinti schon viel Spaß verstehen können
um es nicht als Beleidigung zu sehen.
;)
 
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Zigeuner möchte ich nicht mehr lesen.
Entweder Sinti oder Roma
hoffe habe ich mich verständlich ausgedrückt.
Das Wort Zigeuner ist eine Erniedrigung
Wurde zum Glück abgeschafft.
Da muss der Roma oder Sinti schon viel Spaß verstehen können
um es nicht als Beleidigung zu sehen.
;)
Blödsinn, Die "Sinti und Roma" nennen sich selbst Zigeuner.
Wenn du das nicht lesen willst, dann verlasse eben den Thread und gut.
 
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