Das Buch Ashtaroth, eine AT-Apogryphe?

Paolo

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Stuttgart
Unter Pharao Menes geschah es,
dass eines der Sklavenvölker sich gegen ihn erhob.
Doch der Herrscher schlug den Aufstand der Sklaven nieder und trieb das Volk der Aufsässigen aus der Stadt Memphis hinaus.

Von Hunger und Durst gepeinigt
zog das Volk der Sklaven durch die Wüste
und suchte Zuflucht bei einem Berg,
der Horeb genannt wurde.

Auf jenem Berg aber hauste ein finsterer Gott Namens Zabaoth.
Und alle Schwachen und Erbärmlichen verkrochen sich bei ihm,
dem verächtlichsten aller Götter.
Denn er umschmeichelte sie mit klebrigen, zuckersüßen Worten.
Und sie leckten ihm den vergorenen Speichel, der aus seinem Mund triefte.

Da nun seine Anhängerschaft nur aus Schwächlichen und Kränkelnden bestand, blickte er voll Eifersucht zu den anderen Göttern,
deren Glanz und Pracht er ihnen neidete.

Besonders die Schönheit Ashtaroths quälte seine unreinen Gedanken.
Denn in seinen widernatürlichen Neigungen fühlte er sich nur zu seinem eigenen Geschlechte hingezogen,
während er die Reinheit des Weiblichen aus tiefster Seele hasste.

Als nun Zabaoth jenes Volk der Sklaven erblickte,
das bei ihm Zuflucht suchte,
da leuchtete die Gier in seinen Augen,
und er trachtete danach,
sich dieses Volk untertan zu machen.

So erhob er seine Stimme
und sprach zu dem Volke der Sklaven:
Ich bin Zabaoth, der Herr des Berges.
Was ist es, das euch zu mir führt?
Und die Sklaven antworteten ihm:
Gerechtigkeit ist es, die wir suchen.

Und so verlangte Zabaoth von ihnen:
Unterwerft euch mir, und ich werde euch Gerechtigkeit verschaffen!

Doch die Sklaven entgegneten ihm:
Schon einmal haben wir uns unterworfen.
Denn es war der Herr von Memphis und Theben, der uns in Knechtschaft hielt und gegen den wir aufbegehrten.
Nun verlangt es uns nach Rache für das Unrecht, welches wir erleiden mussten.

Darauf sprach der Gott des Berges zu ihnen:
Höret die Worte Zabaoths!

Wer mir folgt, der soll kein Unrecht mehr erleiden.
Ich werde euer Herr sein,
und ich werde der Herr derer sein, die euch unterworfen haben.
Es soll keine Herren und keine Sklaven mehr unter den Menschen geben, und alle Menschen sollen einander gleich sein.

Mit großem Wohlgefallen vernahmen die Sklaven die Worte des Gottes.
Und mit Freude waren sie bereit,
sich ihm zu unterwerfen.

Doch Zabaoth hatte nicht im Sinne, die Sklaven zu befreien, sondern er wünschte auch die Freien zu versklaven.
In seinem Reich sollten alle gleich sein, doch nicht gleich an Freiheit, sondern gleich an Unfreiheit.
Aber keiner von denen, die ihm folgten, durchschauten die Niedertracht Zabaoths.
Denn nicht Freiheit ist der Wunsch der Sklaven, sondern dass es niemanden gebe,
der weniger unfrei sei als sie selbst.

Der Neid ist der stärkste Trieb der Sklaven.
Und Zabaoth befriedigte ihren Neid,
indem er jene zu vernichten versprach, die den Neid der Sklaven erregten.

So sprach Zabaoth zu dem Volk der Sklaven:
Ihr seit das Volk, welches ich auserwählt habe.
Darum werde ich einen Bund mit euch schließen.
Unterwerft euch den Gesetzen, die ich euch auferlege,
und ihr werdet euren gerechten Lohn empfangen.

Doch nicht im Leben sollt ihr euren Lohn empfangen, sondern im Tode!
Darum sollt ihr den Tod verehren und das Leben verachten!

Verachtet die Freuden und Genüsse des Lebens,
denn sie werden die Freuden und Genüsse verringern, die nach dem Tod auf euch warten!
Verachtet alles, was euch bisher als heilig galt,
denn ich werde euch neu benennen, was heilig ist!
Demut soll fortan Stolz heißen und Schwäche fortan Stärke.
Die Stärke hingegen sollt ihr fortan Schwäche nennen.
Auch sollt ihr die Unfreiheit Freiheit nennen und die Freiheit Verbrechen. Ja, alles sollt ihr verachten, was euch bisher als heilig galt.

Und verachtet Marduk und Ashtaroth, denn ich soll euer einziger Gott sein!
Keine anderen Götter sollt ihr neben mir haben, mit denen ihr meine Eifersucht erzürnt!

Verachtet alle, die nicht so sind wie ihr,
denn ihr sollt zu einer Herde werden,
und ich will euer Hirte sein!
Es soll keinen geben,
der sich aus der Herde hervorhebt.
Tilgt alle aus, die nicht sein wollen,
wie die Herde ist!


Und verachtet auch die Weiber!
Macht sie euch untertan,
und hört nicht auf ihre Worte!
Denn sie verführen euch zur Lust des Fleisches,
die euch verderben wird.
Sie sind ein Abbild der Hure Ashtaroth, die sich nicht in Demut dem Manne unterordnet
und die Erde statt dessen
mit ihrer Lasterhaftigkeit besudelt.

Darum sollt ihr als Symbol des Bundes
euer Geschlecht beschneiden zum Zeichen
für eure Verachtung für alle Begierden des Leibes, mit denen Ashtaroth euch verführen will.

Achtet die Gesetze, die ich euch auferlegt habe,
dann wird mein Wohlwollen euch überall begleiten!
Niemals mehr werdet ihr euch mit Sorgen quälen müssen,
denn ich werde stets euer Geschick bestimmen.

Und so schloss das Volk der Sklaven seinen Bund mit Zabaoth.
Nicht länger mehr war Zabaoth nun der Gott eines Berges, bei dem die Schwachen und Verfolgten ihre Zuflucht suchten, nun war er zum Gott eines ganzen Volkes geworden.
 
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