Dämmrung will die Flügel spreiten, schaurig rühren sich die Bäume ...

Mellnik

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Dämmrung will die Flügel spreiten, schaurig rühren sich die Bäume ...

"Dämmrung will die Flügel spreiten
Schaurig rühren sich die Bäume
Wolken ziehn wie schwere Träume -
Was will dieses Graun bedeuten?"

Dieses Gedicht von Joseph Freiherr von Eichendorff kam mir gestern in den Sinn, als ich in der Dämmerung noch auf meiner Wiese bei Baden-Baden unterwegs war.
Dabei hatte ich einige kleine Erlebnisse der eher unheimlichen Art.

Ich werde noch erzählen davon.
 
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Beim letzten Tageslicht hatte ich meine Arbeit auf der Wiese getan.

Nun begann die Zeit des Zwielichts. The "twilight zone".
Die Zeit zwischen Tag und Nacht, in der sonst vertraute Dinge auf einmal fremd und unvertraut wirken.

Goethe hat das auch einmal erlebt bei seinem Ritt von Straßburg nach Sesenheim, und es so beschrieben:

"Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hing die Nacht;

Schon stand im Nebelkleid die Eiche,
Ein aufgetürmter Riese, da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.

Der Mond von einem Wolkenhügel
Sah kläglich aus dem Duft hervor,
Die Winde schwangen leise Flügel,
Umsausten schauerlich mein Ohr;

Die Nacht schuf tausend Ungeheuer,
Doch frisch und fröhlich war mein Mut:
In meinen Adern welches Feuer!
In meinem Herzen welche Glut!"
 
Geräusche, die man sonst gar nicht wahrnimmt, werden plötzlich wahrnehmbar und gewinnen eine neue Bedeutung.

Denn es war auf einmal sehr still auf meiner Wiese.
Ich möchte nicht sagen: totenstill.
Aber vielleicht: gespenstisch still.

Und in dieser Stille hörte ich ein Flüstern und Wispern vom Boden her an mein Ohr dringen.
Und ich fragte mich: "Welche Naturgeister mögen denn hier wohl wispern und flüstern?"

Und die Antwort war: Es waren die Grashalme!
Und das Geräusch entstand, als ich mit meinen Schuhen über dieses Gras hinweggging!

Und danach sah und hörte ich noch weitere seltsame Dinge.
Und später noch begegnete ich einer wunderschönen Elfe.


Sl
 
Dann hörte ich, wie jemand neben mir klar und deutlich: "Nein!" sagte.
Ich schaute mich um. Da war aber niemand.

Ich schaute mich weiter um.
Da sah ich einiger Entfernung undeutlich eine Frau, die da wohl mit ihrem Hund redete.
So wie eine Fata Morgana ein Bild von weither herbeizaubert, so hatte ich quasi eine akustische Fata Morgana erlebt.

Dafür ist die Gegend meiner Wiese gut geeignet.
Auch tagsüber ist mir das schon ab und zu aufgefallen.
In der Dämmrung aber kann es unheimlich werden.
 
Vielleicht will jemand raten, wer oder was das war, was ich dort gesehen hatte?
Die Auflösung kommt später.
 
Wehende Bäume über dem Auto. :)

Was ich früher lernen musste in der Schule,
fiel mir jetzt ein beim Lesen:

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind,
es ist der Vater mit seinem Kind.

Er hält es sicher, er hält es warm.

Die Einzelheiten weiß ich nicht mehr.

Teile davon tauchen auf, der "Erlkönig".

Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
und bist du nicht willig,
so brauch ich Gewalt.

Der Reiter reitet immer schneller,
aber als er nach Hause kommt,
ist das Kind in seinen Armen wohl tot.


Des Mondes Dämmrung, im Grase so leis,
liebend, drehend, kalt, und ganz ohne Fleiß.
Im letzten Streifen goldne Sonne noch strahlt,
alles erstarrend, alles wie aufgemalt.

Der schwarze Baum dort hinten weit,
direkt vorm Himmel, seine Zweige bereit.
Tosend und summend, ganz ohne Gebrüll,
der Übergang in Ewigkeit noch schweigen will.
 
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