Aus dem Mondsee

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Jahrestag

Vor einem Jahr bist Du gegangen.
Wenige Tage dauerte dein Kampf.

Von guten Kräften wohl begleitet,
dein Ende war schon lange bestimmt.

Bei unserem letzten Treffen hast Du von
den Zwillingen gesprochen, von ihren
Seelen, ihren Farben und ihren Wegen.

Tränen der Rührung durchdrangen deine Worte.
Und mit Tränen in den Augen hab ich dir zugehört.

Etwas Seltsames ist da mit dir geschehen.
Du sprachst, als ob Du vom Himmel berührt worden wärst.
Als ob Dir die Angst vor dem Tod genommen worden wäre.

Ich bin so froh, dass Du uns wirklich sehen konntest.

Für deine Worte danke ich dir.

Ein lieber Gruss zum Jahrestag
 
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Die Farben des Tages

Mein heutiger Tag malt mit der Farbe Grau
Grau wie der Weg unter meinen Füssen
und Grau wie das Nebelmeer
welches die scharfen Konturen auflöst.

Und wie sich die Klarheit der Sicht trübt
und nicht mehr so deutlich ersichtlich ist, was da eigentlich vor mir liegt...
und wie ich unsicher werde, wo der Weg hinter dem nächsten Felsen lang führen wird, oder ob ich vielleicht längst schon vom Weg abgekommen bin und unwissend durch die Wildnis irre, da schwinden Schritt für Schritt auch die inneren Konturen:

Was weiss ich schon?

manch felsenfeste Überzeugung, manch Gewissheit und manch Wahrheit unterliegen der Erosion, bis von ihnen nichts mehr übrig ist als kleine Ahnungen, demütiges Temporärwissen, und schlussendlich Bescheidenheit.

Werden alle Fäden zum Einen führen, oder zieht mehr als einer an den Fäden?

Wie begegne ich meiner Ungewissheit?

In der Ferne erahne ich die Hütte, ein kleines bisschen Sicherheit wär jetzt ganz gut.
 
Die Hütte im Blick...

Die Hütte steht noch,
aber es hätte auch anders ausgehen können.
Vor zwei Wochen, als das grosse Unwetter
einen Teil des Berges ins Tal geschwemmt hat,
da hatten die Bewohner des Berges Glück.

Mensch und Vieh, alle blieben sie verschont
von den immensen Schuttmassen, die zu Tal
gedonnert sind und unterwegs Strassenstücke
und Brücken mitgerissen haben.

Das letzte solche Unwetter ist über 30 Jahre her.
Die Bergler sind überall mit aufräumen beschäftigt
und manch einer ist froh, kurz den Rücken ein wenig
zu strecken und ein paar Worte zu plaudern.

Gott sei Dank! Höre ich dabei immer wieder.

Während ich weiter wandere, denke ich noch ein wenig über geographische Konzepte wie Determinismus und Possibilismus nach und inwiefern nebst den Handlungsmöglichkeiten auch die erlebte und gelebte Spiritualität von der räumlichen Umgebung bestimmt und durchdrungen ist.

Formt die Natur unseren Spirit?

Sind die Menschen auf dem Berg näher bei Gott?

Was genau verändert sich energetisch in höheren Gebirgslagen?

Der Duft aus der Küche durchmischt sich schon mit den würzigen Düften der Alm und ein Hund trabt freudig zur Begrüssung entgegen.

Die Hütte ist erreicht und auch die Hüttenwartin freut sich auf einen Schwatz.
 
ich seh dich nicht
und fühl dich doch
bei unserm alten Baum

da oben im Licht
da unten im Loch
sogar im leeren Raum

Trotz verzerrter Sicht
und erdrückendem Joch
ob der verhexten Saum

Trotz Last und Gewicht
erwart‘ ich dich noch
die Trense voller Schaum

Wo bleibt dein Gesicht?
ich rufe dich doch - Jedoch,
nur Fremde rings um den Baum.

Meine Kraft jetzt zerbricht.
Fremde Rufe, noch, und noch
Nur Du, bleibst ferner Traum.

(Das waren die letzten Stunden von einem alten Schlachtross, das neben einer Eiche gewartet hatte auf seinen Reiter, der nicht mehr rechtzeitig zurück kam, bevor es dem Tod durch Eibengift erlag. Sie hatten eine besondere Verbindung, die mich tief berührt hat.)
 
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