Achsenbruch im schottischen Hochland. Nur das Moorhuhn war Zeuge.

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Ich fuhr da so einsam durch die Einsamkeit und genoss das schöne Schottland.

Der Genuss wurde erst unmerklich, dann aber immer merklicher getrübt durch ein störendes Geräusch, das mein R 4 immer lauter von sich gab.

Meine Hoffnung, das würde sich schon irgendwie wieder legen, erfüllte sich nicht.

Im Gegenteil.

Das Geräusch wurde dramatisch lauter, und schließlich steuerte mein braves Auto sich selber in den schottischen Straßengraben.

Der war zwar schön romantisch mit Heidekraut bewachsen, so als kleiner Trost.

Ich stieg aus - und selbst meinem von technischen Kenntnisssen weitgehend freier Verstand konnte erkennen, dass der Zustand der rechten Vorderachse dergestalt war, dass er ein Weiterkommen ins Reich der Unmöglichkeit verschoben hatte.

Weit und breit war kein Haus, kein Mensch, kein anderes Auto zu sehen.

Ich war allein mit Schafen und Moorhühnern.

Die Moorhühner kreischten immer wieder ihr ewiges *piiii-wiiiii*, und die Schafe sahen mich mit leichter Verwunderung gleichmütig und gelassen an.

Ob von ihnen Hilfe zu erwarten war?

Vor meinem geistigen Auge entsteht gerade das Bild eines französischen Kleinwagens, gezogen von zwei schottischen Schafen, so wie ja auch der Streitwagen der germanischen Göttin Freya von zwei Katzen gezogen wird.

Doch statt dieser tierischen Hilfe wurde mir nach einer Weile menschliche Hilfe zuteil ....
 
So stand ich also eine ganze Weile in der Einsamkeit, hörte den Moorhühnern zu, und lauschte auf Motorengeräusch.

Nach vielleicht einer halben Stunde kam auch ein Auto des Weges, mit einem freundlichen hilfsbereiten Schotten, der auch gleich anhielt.

Er sagte, da treffe es sich nun gut, dass er Mitglied im AA sei. (Das Gegenstück zum deutschen ADAC)

Als solcher habe er nämlich die Schlüsselgewalt zu den roten Telefonhäuschen des AA, die auch in dieser Landschaft verstreut waren.

Es war eben noch die handy-lose, die "schreckliche" Zeit ......

Er lud mich in sein Auto und fuhr mich ein paar Meilen zu einem jener roten Telefonhäuschen, die so typisch für die britische Insel sind.

Was für ein Kontrast, in dieser Einsamkeit - in the middle of nowhere eben - solch ein leuchtend rotes Telefonhäuschen mitten im Heidekraut zu sehen!

Diese Telefonzellen waren stets verschlossen. AA-Mitglieder hatten einen speziellen Schlüssel, der ihnen Zugang gewährte.

Aber auch nur, um den AA anzurufen.

Ich wählte also den AA an.

Eine freundliche und kompetent klingende Stimme antwortete, fragte nach dem Wie und Was und Warum und Wo, und versprach, bald Hilfe zu organisieren.

Mit einem Gefühl großer Erleichterung verließ ich die Telefonzelle. Hilfe war nun unterwegs!

Doch mein schottischer Freund, der das Gespräch mitgehört hatte, machte ein ernstes und bedenkliches Gesicht.

Ich hätte da einen groooooßen Fehler begangen

More later ......
 
Es war so:
Als ich aus der Telefonzelle heraustrat, empfing mein schottischer Helfer mich mit finsterer Miene:
"Nun wird der AA Sie niemals finden!" sagte er mit düsterem Blick.
"Warum das denn?"
"Well, Sie haben da eben am Telefon gesagt, Ihr Auto sei blau. Aber es ist doch grau!"

Nun - mein Auto war von strahlendem Himmelblau.
War mein Freund leicht farbenblind?
Oder gibt es da kulturelle Unterschiede in der Farbwahrnehmung zwischen den Britischen Inseln und dem Kontinent?

*grübel*
 
Aber wie auch immer:

Mein Auto war sicher for miles around das einzige Auto, das in einem schottischen Hochland-Straßengraben hing.

Und es war wohl auch der einzige R4 der gesamten Grafschaft, der im Straßengraben hing - wenn nicht vielleicht sogar der einzige R4 zwischen Kirkcudbrightshire und Ross & Cromarty.

Und mit Sicherheit war mein Auto der einzige R4 ganz Schottlands, der gerade mit einem leuchtend roten und meilenweit sichtbaren Pannen-Dreieck auf dem Dach im Straßengraben hing.

So machte ich mir keine allzu großen Sorgen, dass der AA mich nicht zu finden vermöchte.
 
Jetzt begann eine Wartezeit auf das AA-Fahrzeug aka das Abschleppmonster, wie ich es in meiner Geschichte "Nachts im Schnee" genannt habe.


Nur: Diesmal hatte ich nicht die angenehme Gesellschaft einer netten Sächsin.
Und auch nicht die angenehme Gesellschaft einer netten Angel-Sächsin.

Überhaupt ermangelte ich der menschlichen Gesellschaft.

So alle Viertelstunde etwa kam mal ein Auto vorbei - war wohl gerade Feierabend-Berufsverkehr im Hochland.

Um mich herum die berühmten schwarz-weißen schottischen Schafe, die mich kritisch erstaunt musterten, und in der Luft immer wieder kreischende kaledonische Moorhühner, als ob sie mich vor irgend was warnen wollten.

Und im Kopf die ermunternden Abschiedswort meines Helfers:

"Nun wird der AA Sie NIEMALS finden."

NIEMALS! NEVERMORE!

Quoth the raven: "Nevermore!"

Klang mir's schauerlich im Ohr ...
 
Und damit mache ich mal eine kleine Pause. :)
Morgen früh, so gut will, werd ich wieder geweckt!
Und dann erzähl ich weiter. :)

Das sollte natürlich so heißen:

Und damit mache ich mal eine kleine Pause. :)
Morgen früh, so Gott will, werd ich wieder geweckt!
Und dann erzähl ich weiter. :)


Und da ich nun dort nicht mehr editieren kann, zitiere ich, um den Vertipper zu verbessern. :)
 
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Und im Kopf die ermunternden Abschiedswort meines Helfers:

"Nun wird der AA Sie NIEMALS finden."

NIEMALS! NEVERMORE!

Quoth the raven: "Nevermore!"

Klang's mir schauerlich im Ohr ....
 
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