Abhängigkeiten in der Praxis

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Das hat meines Erachtens eher mit Ausnahmen (die es immer gibt) und persönlichen Entscheidungen zu tun. Wenn du das so handhabst - cool. Ich sehe das halt anders. Allerdings ist es auch so, daß wenn jemand zu mir mit XX Jahren unterdrückten Gefühlen etc. kommt, ich sage, daß ich da nicht helfen kann.
Ich realisiere auf der einen Seite meine Grenzen, auf der anderen ziehe ich auch welche. Für die persönlichen Entscheidungen Anderer sehe ich mich, sofern ich nicht in den Entscheidungsprozess aktiv einbezogen war, nicht verantwortlich.
Es ist ja auch wichtig, dass das was man macht und wie man es macht für einen selbst passt, sonst funktioniert es nicht.
Und viele sind es ja nicht, die gar nichts haben und/oder nicht arbeiten können. Bei den meisten Klienten stellt sich das Thema gar nicht. Von dem her hast du recht, es sind Ausnahmen.
 
Neben der Abhängigkeit zwischen "Schamane" und "Klient" wird ein Thema gern vergessen, nämlich die Abhängigkeit bzw Co-Abhängigkeit, zwischen Ausbilder/Mentor (Schamane) und Novize/"Lehrling"... Ab dem Punkt nämlich, wenn der angehende Schamane jeden Pups und Knarz des "Lehrers" für die absolute Wahrheit hält, und versucht womöglich noch, diesem "Vorbild" 100% treu nachzueifern.

Das kann aber auch umgekehrt sein - das der Lehrer den Schüler nicht los lässt.
So erlebte ich es vor 15 Jahren.
Einerseits habe ich von dieser Lehrerin sehr viel gelernt, aber andereseits hat es mich auch viel gekostet - an Energie und Gesundheit.
Ich will es mal beispielhaft beschreiben.
Ich hatte das "Glück" nicht zu einer von 20 Teilnehmern zu gehören, habe sozusagen eine Einzelausbildung bekommen.
Während meiner Ausbildung musste ich bei mehreren Behandlungen assistieren. Eine davon gestaltete sich so:
Eine Frau kam weil sie immer wieder Probleme hatte mit Bauchdruck und Atmenot.
Meine Lehrerin sagte mir vorher schon, dass ich in diesem Fall nur bei Vor-Und Nachgespräch dabei sein werde, die Behandlung mache sie allein. Nach dem Vorgespräch habe ich die Klientin angeschaut und meine Lehrerin drauf hin gewiesen (unter 4 Augen), dass ich im Bauch der Klientin eine schwarze "Blase" wahr nehme, sie selbst sah das nicht so.
Als es dann so weit war und die beiden im Behandlungszimmer waren, hörte ich ein Geschrei aus diesem Raum - kurz darauf rief meine Lehrerin laut nach mir. Ich rannte hin und als ich die Tür öffnet - ich wusste nicht was da grad los war - sagte sie nur ich soll sie schnell unterstützen, was ich dann auch tat (Details spare ich jetzt bewusst aus). Die Klientin schrie laut und beugte ihren Körper nach oben - es sah aus als ob sie ein Kind bekommt (sie war schon über 60). Alles war wie bei einer Geburt, die wir also nun zu zweit begleiteten ...
Im Nachgespräch stellte sich raus, dass die Dame schon mal einen großen Tumor im Bauch hatte (wurde per OP entfernt) und sie einen unerfüllten Kinderwunsch in sich trug "Bingo - dachte ich - soviel zu der Blase". Der Wunsch ging so weit, dass sie zu Hause sogar ein Babykörbchen mit Puppe drin stehen hatte - schon seit ihrer Jugend.
Lange Rede kurzer Sinn - solche Situationen kamen während der Ausbildung öfter vor - ich fand es krass, wollte das eigntlich so überhaupt nicht. Fazid war, dass meine Lehrerin mich auch nach der Ausbildung immer wieder bei ihren Klienten fragte ob ich da was "sehe". Sie rief mich deshalb sehr oft an, erwartete auch von mir dass ich sie deswegen anrief. Auch bei anderen nahm sie mich als ihr "Werkzeug" her und erzählte Dinge ohne mich zu fragen rum.
Sie versuchte mich regelrecht zu "schleifen" - dass ich Dinge tun sollte für ihre Zwecke. Selbst wenn ich erschöpft war, drängte sie mich weiter zu machen.
Das war sehr unamgenehm und anstrengend für mich, ich konnte mich da schlecht entziehen, denn schließlich war es ja "meine Leherin".
Ich musste am Ende tatsächlich den Kontakt komplett abbrechen, damit es Ruhe gab.

LG
Waldkraut
 
@Waldkraut

Beide Erzählungen, die im Eingangspost und die jetzt, könnte man nahtlos übereinander legen. Aber das hast du sicher selbst bemerkt.
 
@silberelfe

Mit dem kleinen Unterschied, dass einerseits eben die Klienten diejenigen waren und andereseits eben die Ausbilderin.
Der Grund warum es dazu kam, lag allein bei mir, das ist schon klar. Aber das muss man erstmal selbst begreifen.
Die Gestalt der Abhängigkeit ist eben nur anders gewesen.
Und wie @Grey schon schrieb, ganz sicher auch ein Ego-Thema.
Interesant dabei ist eben, dass wenn man sich dann tatsächlich "abgrenzt/schützt" vor solchen Energieraub, dann wird man auch als egoistisch gesehen, weil man sich eben NICHT "aufopfert" für andere.
Eine gesunde Grenze zu finden ist eine Herausforderung und braucht manchmal auch solche eindringlichen Erlebnisse.

LG
Waldkraut
 
@Waldkraut
Es sind zwei Seiten einer Medaille - auf der einen Seite die Ausbildnerin, auf der anderen Seite die Klientin. Thema ist aber in meinen Augen das Gleiche nämlich: was ist mein Aufgabenbereich / Kompetenz / meine Verantwortung.

Ich brauch dir das nicht zu sagen, das weißt du selber: wenn man sich Energie rauben lässt dann liegt das daran dass man für etwas gesehen werden will, was gar nicht in den eigenen Aufgabenbereich gehört. Erst dadurch kommt das Ungleichgewicht zustande. Und wenn ich so ticke wird sich garantiert jemand finden der saugen will.

In meinen Anfangsjahren hab ich ja noch einen Brotjob gehabt, und es kamen nebenbei Einzelklienten und ich hab sie angenommen, obwohl ich keine Kraft mehr hatte. Ich hab dazu an mir gearbeitet, warum ich noch immer "ja" sage obwohl ich nicht mehr kann. Ich sah mich im Alter von ca 4 Jahren in einem rosa Tütü (hatte ich nie und ich mag rosa überhaupt nicht) und ich sagte: ich muss tanzen damit die Mama lacht. So wurde mir klar, dass das ein kindlicher Anteil von mir ist, der gesehen werden will, wie brav/toll/gut er ist. Ich hab mit dem Anteil gearbeitet bis er das Tütü in den Dreck geschmissen hat und drauf rumgehüpft ist, dass der Dreck nur so spritzte.

Seither kann ich gut "nein" sagen.

Ich behaupte nicht, dass es bei jedem das Gleiche ist was gesehen werden will. Aber es ist eine Lücke, die man dadurch zu stopfen versucht dass man Energie abgibt.
 
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Ich brauch dir das nicht zu sagen, das weißt du selber: wenn man sich Energie rauben lässt dann liegt das daran dass man für etwas gesehen werden will, was gar nicht in den eigenen Aufgabenbereich gehört. Erst dadurch kommt das Ungleichgewicht zustande. Und wenn ich so ticke wird sich garantiert jemand finden der saugen will.

Verständnisfrage zu: "wenn man sich Energie rauben lässt" ... "wird sich garantiert jemand finden der saugen will"

Der Klient/Schüler macht sich vom Behandler/Ausbilder genauso abhängig, wie der Behandler/Ausbilder vom Klienten/Schüler?

Gruß,
Dverg
 
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