Ab wann ist man Esoteriker?

Nun, nachdem es kein Paradies gibt, kann es auch keine Erbsünde geben.
Das es deiner Meinung nach kein Paradies geben soll, habe ich logisch nicht nachvollziehen können. Jedenfalls berichten religiöse Urkunden ja darüber.

Sünde bezieht sich auf gesellschaftliche oder religiöse Regeln die aus einer einseitigen ideologischen Perspektive gemacht sind und als Sünde defineren, was der gesellschaftlichen Ordnung oder Ideologie widerspricht.
Das ist nun wieder politisch. Sünde bedeutet religiös die Absonderung vom Göttlichen, welche im Paradies geschehen sein soll.

Und das erlebt man mit dem Christentum bei uns in Europa ja tagtäglich, welche Auswirkungen das hat.
Das anerkenne ich nicht als Christentum.

Sie ist auch nicht gut. Denn völlige Hingabe an einen Menschen bedeutet immer entweder Abhängigkeit oder Verpflichtung
Nicht gut sei es für uns, aber gut für den indischen Menschen, so Rudolf Steiner.

Da ist Steiner zum Einen eben in dem übernommenen Guru-Denken (das er ja aus dem oberen Absatz sehr positiv findet), aber sieht ein, dass das in Europa nicht machbar ist.
Woher Steiner weiß, dass es mit Europäern nicht möglich sei, steht in dem Zitat nicht.

Dafür gibt er eine Übung in der Gedankenkontrolle an:
"Sie besteht darin, daß man wenigstens für kurze Zeiten des Tages nicht alles mögliche durch die Seele irrlichtelieren läßt, sondern sich einmal Ruhe in seinem Gedankenlaufe eintreten läßt. Man denkt an einen bestimmten Begriff, stellt diesen Begriff in den Mittelpunkt seines Gedankenlebens und reiht hierauf selbst alle Gedanken logisch so aneinander, daß sie sich an diesen Begriff anlehnen. Und wenn das auch nur eine Minute geschieht, so ist es schon von großer Bedeutung ..." aus: Rudolf Steiner, Wege der Übung, S. 38
 
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Das es deiner Meinung nach kein Paradies geben soll, habe ich logisch nicht nachvollziehen können. Jedenfalls berichten religiöse Urkunden ja darüber.

Allerdings ohne jede Beweiskraft.

Das ist nun wieder politisch. Sünde bedeutet religiös die Absonderung vom Göttlichen, welche im Paradies geschehen sein soll.

Was aber eben ein rein religiöses Konstrukt ist. Was der gravierende Unterschied ist ... nahezu alle Naturreligionen und einige Religionen erkennen die zweigestaltige Natur des Menschen an, die Unterteilung in einen guten und schlechten Teil (oder chinesisch: Yin und Yang, wobei diese Wertung per se schon relativ und egozentrisch ist). Nur die jüdisch-stämmigen Religionen (die jüdische selber ja nicht) meinen, hier einen pseudo-Gutmenschen als Ideal hinstellen zu müssen. Was natürlich aus Sicht der Gemeinschaft positiv zu sehen ist (weil reibungslose Gemeinschaft), nur halt leider aus den Anlagen des Menschen nicht stimmig ist.

Das anerkenne ich nicht als Christentum.

Tja, aber was Du persönlich anerkennst oder nicht anerkennst ist halt nur für dich relevant. Du baust dir damit deine eigene Welt auf ... die aber mit den realen Gegebenheiten nicht zwingend etwas zu tun hat.

Nicht gut sei es für uns, aber gut für den indischen Menschen, so Rudolf Steiner.

Was ist konkret daran für den indischen Menschen gut? Für ein Land das seit dem Ende der englischen Besatzung eigentlich dahinvegetiert, mit einem grossen Anteil an Armen und - auf Grund des Kastensystems - Ausgestossenen. Genau da finden wir halt wieder das Realpolitische .... Und selbst wenn man sich die Fakir-Kultur anschaut, dann führt dieser Weg ausschließlich ins transzendentale Nichts ... in die Stasis.

Woher Steiner weiß, dass es mit Europäern nicht möglich sei, steht in dem Zitat nicht.

Für ein solches restloses Aufgehen des eigenen Selbsts ist die indische Natur geeignet; die europäische Kultur lässt derartige Hingabe gar nicht zu.

Dafür gibt er eine Übung in der Gedankenkontrolle an:
"Sie besteht darin, daß man wenigstens für kurze Zeiten des Tages nicht alles mögliche durch die Seele irrlichtelieren läßt, sondern sich einmal Ruhe in seinem Gedankenlaufe eintreten läßt. Man denkt an einen bestimmten Begriff, stellt diesen Begriff in den Mittelpunkt seines Gedankenlebens und reiht hierauf selbst alle Gedanken logisch so aneinander, daß sie sich an diesen Begriff anlehnen. Und wenn das auch nur eine Minute geschieht, so ist es schon von großer Bedeutung ..." aus: Rudolf Steiner, Wege der Übung, S. 38

Auch das eine Standard-Meditationsübung die nicht auf Steiners Mist gewachsen ist, sondern praktisch allen Völkern bekannt ist. Von den Gurus aller Coleurs (wir gehen in die Einsiedelei, in die Wüste etc. um Gedanken zu empfangen) bzw. finden wir es z.B. auch in der Namenssuche der Indianer. Heute finden wir diese Stille der Gedanken natürlich auch in der Meditation bzw. z.B. auch in Heilmethoden wie der Quantenheilung.
 
Allerdings ohne jede Beweiskraft.
Ich denke nicht, dass die Forderung nach Beweiskraft angemessen ist.

Was aber eben ein rein religiöses Konstrukt ist.
Ich habe schlicht eine Übersetzung für "Sünde" wiedergegeben.

Was ist konkret daran für den indischen Menschen gut?
Ich kann es mir gut vorstellen, dass andere Kulturen Unterschiede in ihrem Seelenleben aufweisen.
 
Ich denke nicht, dass die Forderung nach Beweiskraft angemessen ist.

Warum nicht? Wenn etwas real existieren soll, dann muss es auch beweisbar sein, oder es muss zumindest Indikationen dazu geben. Aber selbst jene Personen die klar über möglicherweise vergangene Leben Auskunft geben können, können über die Zeit zwischen den Leben nichts berichten. Genauso ist es mit jenen Leuten die gut Channeln können ... auch sie bekommen keine Informationen aus irgendeiner Zwischenwelt. Zwar immer wieder die Information, dass es den Verstorbenen gut geht, aber nichts, das irgendwie mit dem biblischen Paradies vergleichbar wäre.

Ich habe schlicht eine Übersetzung für "Sünde" wiedergegeben.

Sünde ist letztlich ein Verstoß gegen ethische Regeln einer Gruppe. Etwas, das aus der Gruppe heraus als Fehlverhalten bestraft wird - insgesamt jedoch nur eine lokale Wertung darstellt. Die Unterscheidung von "Gut" und "Böse" (= Sünder) wurden ja genau aus diesem Grund geschaffen ... um klare gesellschaftliche Richtlinien vorzugeben. Daher auch immer die Szenarien der Bestrafung der Sünde ... weil sie eben durch die Gruppe bestraft wird. Was aber eben für die Regeln der Gruppe keinen absoluten Anspruch begründet.

Ich kann es mir gut vorstellen, dass andere Kulturen Unterschiede in ihrem Seelenleben aufweisen.

Unbestritten, aber das war ja nicht die Frage. Meine Frage war ja konkret, was aus dem brahmanischen Glauben tatsächlich für den indischen Menschen gut ist.
 
Vielleicht so:

Ein Esoteriker ist um die Erlangung von Wissen über das Geheimnis des Lebens bemüht,
ein Mystiker um Immanenz.

Ein Esoteriker hält stets den Abstand zur Wahrheit, um noch über sie sprechen zu können.
Ein Mystiker hat bereits- oder ist zumindest bemüht diesen Abstand zu verlieren und schweigt von der Wahrheit.
 
Warum nicht? Wenn etwas real existieren soll, dann muss es auch beweisbar sein, oder es muss zumindest Indikationen dazu geben.
Was wir unter einem Beweis verstehen, greift nicht, um "Paradies" zu verstehen und es als geistig real betrachten zu können.
Wie würde der Esoteriker damit umgehen? Ich jedenfalls nehme diesen Begriff aus der Bibel erst einmal neutral zur Kenntnis, ohne dafür auf übliche Beweisforderungen zurückzugreifen.

Sünde ist letztlich ein Verstoß gegen ethische Regeln einer Gruppe.
"Sünde" ist seinem Grunde ein religiöser Begriff, dieser kann natürlich auf ethische Regeln einer Gruppe übertragen werden, doch wird dieser so seines Grundes entstellt.

Unbestritten, aber das war ja nicht die Frage. Meine Frage war ja konkret, was aus dem brahmanischen Glauben tatsächlich für den indischen Menschen gut ist.
Ich persönlich habe keine Kompetenz, das weiter beurteilen zu können, als nur zu meinen, dass es ja natürlicherweise Unterschiede geben muss. Bei Rudolf Steiner ist aber zu lesen:
"Wenn man aber mit okkulten Kräften die große Verschiedenheit der Menschentypen betrachtet, kommt man darauf, daß etwas, das für die Orientalen, vielleicht auch für einzelne Menschen in unserer Kultur gut sein mag, durchaus nicht für alle richtig ist. Es gibt auch Menschen, aber nur wenige innerhalb der europäischen Verhältnisse, die den orientalischen Yogaweg gehen können. Für die allermeisten Europäer ist er aber ungangbar. Er bringt Illusionen und seelische Zerstörung mit sich. Mögen sie auch äußerlich, selbst in den Augen des Wissenschaftlers, nicht so verschieden erscheinen – die östliche und abendländische Natur sind völlig verschieden. Ein morgenländisches Gehirn, eine morgenländische Phantasie und ein morgenländisches Herz, sie wirken ganz anders als die Organe des Abendländers." aus: Rudolf Steiner, Wege der Übung, S.11
 
Ein Esoteriker ist um die Erlangung von Wissen über das Geheimnis des Lebens bemüht,
Hm, das könnte jemand doch auch so von sich sagen, der z. B. die Geheimnisse der mechanischen Gesetze, die der Elektrotechnik oder die des Atomismus huldigt usw.?!

Ein Esoteriker ist um die Erlangung von Wissen über das Geheimnis des Lebens bemüht,
ein Mystiker um Immanenz.
Bei Wikipedia ist zu lesen: "Immanenz (lateinisch immanere, ,darin bleiben‘, ‚anhaften‘) bezeichnet das in den Dingen Enthaltene, das sich aus ihrer individuellen und objektiven Existenzweise ergibt. Es ist der Gegenbegriff zur Transzendenz. Das Adjektiv immanent bezeichnet eine einem Gegenstand innewohnende Eigenschaft, die somit nicht durch Folgerung oder Interpretation hergeleitet worden ist."
Was will eine innewohnende Eigenschaft nur bedeuten?
 
Hm, das könnte jemand doch auch so von sich sagen, der z. B. die Geheimnisse der mechanischen Gesetze, die der Elektrotechnik oder die des Atomismus huldigt usw.?!
Ja, könnte. Aber in der Eso-Szene geht es eher um Para/Metaphysisch- und psychisches.

solis schrieb:
Bei Wikipedia ist zu lesen: "Immanenz (lateinisch immanere, ,darin bleiben‘, ‚anhaften‘)
Was will eine innewohnende Eigenschaft nur bedeuten?

Du kannst Immanenz in diesem Zusammenhang besser mit "Seinhaftigkeit" übersetzen.

Dem Mystiker geht es darum, zu sein, was Wahrheit ist. Dem Esoteriker geht es darum, zu wissen, was von Wahrheit ist.

Sein oder Haben.

Entweder du bist es, dann hast' es nicht. Oder du hast es, dann bist' es nicht.
 
Was wir unter einem Beweis verstehen, greift nicht, um "Paradies" zu verstehen und es als geistig real betrachten zu können.
Wie würde der Esoteriker damit umgehen? Ich jedenfalls nehme diesen Begriff aus der Bibel erst einmal neutral zur Kenntnis, ohne dafür auf übliche Beweisforderungen zurückzugreifen.

Das ist eben die alte Diskussion - beschreibt die Bibel reale Ereignisse und Orte, oder beschriebt sie symbolisch. Bisher geht ja auch die Religion und auch die Archäologie davon aus, dass in der Bibel reale Orte beschrieben werden.

Auch aus esoterischer Sicht wäre es ja an sich erfassbar. Gehen wir von einer Seele und Reinkarnation aus, dann müssen Seelen irgendwo bis zur Reinkarnation "zwischengelagert" werden. Natürlich wäre dieser Zustand wahrscheinlich "paradiesisch" zu bezeichnen ... man ist wieder, man ist wieder jung, man ist alle irdischen Probleme los, und kann vielleicht sogar bei seinen Nachkommen "herumspuken" ... besser kann's ja fast nicht kommen. Bedingt aber, dass es eine Seele und Reinkarnation gibt. Wobei die Reikarnation in diesem Modell wohl nicht zwingend notwendig wäre.

"Sünde" ist seinem Grunde ein religiöser Begriff, dieser kann natürlich auf ethische Regeln einer Gruppe übertragen werden, doch wird dieser so seines Grundes entstellt.

Das ist nur dann der Fall, wenn man die Religion über die gesellschaftlichen Regeln stellt. Nur ... Regeln des Umgangs innerhalb einer Gruppe sind älter als alle (heute bekannten) Religionen zusammen. Und schaut man sich die jüdischen 10 Gebote an, dann sind sie eindeutig darauf ausgelegt, die Ruhe in einer Gruppe von Menschen zu erhalten.

Ich persönlich habe keine Kompetenz, das weiter beurteilen zu können, als nur zu meinen, dass es ja natürlicherweise Unterschiede geben muss. Bei Rudolf Steiner ist aber zu lesen:
"Wenn man aber mit okkulten Kräften die große Verschiedenheit der Menschentypen betrachtet, kommt man darauf, daß etwas, das für die Orientalen, vielleicht auch für einzelne Menschen in unserer Kultur gut sein mag, durchaus nicht für alle richtig ist. Es gibt auch Menschen, aber nur wenige innerhalb der europäischen Verhältnisse, die den orientalischen Yogaweg gehen können. Für die allermeisten Europäer ist er aber ungangbar. Er bringt Illusionen und seelische Zerstörung mit sich. Mögen sie auch äußerlich, selbst in den Augen des Wissenschaftlers, nicht so verschieden erscheinen – die östliche und abendländische Natur sind völlig verschieden. Ein morgenländisches Gehirn, eine morgenländische Phantasie und ein morgenländisches Herz, sie wirken ganz anders als die Organe des Abendländers." aus: Rudolf Steiner, Wege der Übung, S.11

Grundsätzlich hat Steiner hier ja auch in beiden Facetten - sowohl in den kulturellen Unterschieden als auch im Gebrauch der übernommenen Traditionen - sicher recht. Methoden wie Yoga die ja an sich einen tieferen spirituellen Sinn haben (eigentlich Bewegungsmeditation), sind im Europäischen ja tatsächlich zu einer Sportart verkommen, die nur in sehr geringem Maß die Spiritualität fördert (dafür aber nicht ungefährliche spirituelle Nebenwirkungen haben kann). Das liegt aber wieder in unserer wissenschafts-verdummten Gesellschaft, die diese Methoden zu einem grossen Teil weder versteht noch schätzen kann, noch ihren eigentlichen Gehalt kennt.

Was ich hier wieder sehr abwegig finde ist allerdings die Aussage "Wenn man aber mit okkulten Kräften die große Verschiedenheit der Menschentypen betrachtet ..." - man braucht hier nichts mit okkulten Kräften zu betrachten, sondern einfach die Kulturen mit wachen Augen. Vermutlich ist dieser Satz wieder seiner Zeit geschuldet, wo halt "wissenschaftlich" noch sehr religiös angehaucht war. Und damit alles spirituelle <> Religion = Okkultismus.
 
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Das ist nur dann der Fall, wenn man die Religion über die gesellschaftlichen Regeln stellt. Nur ... Regeln des Umgangs innerhalb einer Gruppe sind älter als alle (heute bekannten) Religionen zusammen. Und schaut man sich die jüdischen 10 Gebote an, dann sind sie eindeutig darauf ausgelegt, die Ruhe in einer Gruppe von Menschen zu erhalten.

Was war zuerst? Henne oder Ei?

Genauso könntest du ja argumentieren, dass es nur gesellschaftliche Regeln geben musste, weil der Mensch in Sünde lebte und lebt.

Ich denke mal, es ist, wie so oft: Paradox.

Auf der einen Seite scheint „Sünde“, im Sinne einer aus der Wahrheit gefallenen Erfahrungswirklichkeit, zu existieren.
Auf der anderen Seite kann eine solche Erfahrungswirklichkeit abfallen, und somit ihren illusionären Charakter offenbaren.

Gibt es also Sünde?
Es gibt sie, aber nicht wirklich.
Oder:
Es gibt sie nicht, nur scheinbar.

Sie zu leugnen, wäre unrichtig.
Ihr Vorhandensein absolut zu setzen, wäre ebenso falsch.
 
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