Zerstört sich der Kapitalismus von selbst?

Puh, welch gewagte und anmaßende These.

Aber es ist wohl den Armen in verschiedenen Epochen und Ländern gemeinsam, dass sie vielfältige Formen von Verachtung erleben...
Ich rede nicht von Armen in verschiedenen Epochen und Ländern, sondern von Menschen heute und bei uns im Kapitalismus, siehe Threadtitel.
 
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Genau deswegen spreche ich mich für Liberalismus und einen schlanken Staat aus. Wenn der Staat kein Geld hat - bis auf das, was für die Erhaltung der Gesellschaft (Straßen, Strafverfolgung, Kartellrecht etc) nötig ist, kann auch nicht so viel in der Korruption versinken. Dann würden unter Umständen viele Sachen privatisiert werden - aber dank den Steuersenkungen hätten die Menschen auch mehr Geld, über das sie frei bestimmen können.

Unternehmer rufen immer nach einem "schlanken Staat" wenn es darum geht, kein Geld für die Allgemeinheit herzugeben oder Steuern zu zahlen. Sobald es um Pfründesicherung geht, Subventionen, Risikoübernahme, Auslagern von Leistungsverpflichtungen an die Allgemeinheit, Deregulierung (natürlich zum Unternehmensvorteil, nicht für die anderen), Schutz vor den bösen Anderen... haben Unternehmen kein Problem mit mehr Staat.

Das Märchen vom ineffizienten Staat und den superdoll effizienten Unternehmen haben liberale Wirtschaftsuni Absolventen solange erzählt (bekommen), bis es selbst der letzte Arbeiter in Hintertupfing glaubt, egal wie eindimensional, dumm und widerlegt dieses Märchen ist.

In Ö ist die Allgemeine Unfallversicherung (AUVA) ein Sozialversicherungsträger, in dem die Unternehmer das Risiko eines Arbeitsunfalls und damit verbundene Haftungen und Kosten durch Beiträge versichern lassen.
Sie haben bis vor wenigen Jahren 1,5 % der Bruttolohnsumme der jeweiligen ArbeitnehmerInnen in diesen Topf eingezahlt - davon wurden alle gesetzlich vorgesehen Leistungen im Rahmen eines Arbeitsunfalles finanziert.
Nun propagiert die Industriellen Vereinigung seit Jahren, die Lohnnebenkosten seien zu hoch - also jene Beiträge, die sowohl von Arbeitnehmern, als auch Arbeitgebern zur Finanzierung von Sozialleistungen (von Kindergarten, Schule, Schulbuch, Schul-Bus, Krankenversicherung, Wochen- u. Karenzgeld, Mitversicherung von Angehörigen (Kindern), Heilbehelfe, Rehabilitationen, Pension, Arbeitslosenunterstützung....) bezahlt werden.
Die Senkung der Lohnnebenkosten (also eigentlich die Senkung der Sozialleistungsfinanzierung) wurde beworben.
Vor kurzem haben die Unternehmer beschlossen (in Form ihrer Vertretung der WKO und vor allem der Industriellen-Vereinigung) nun genau jenen Beitrag zu senken, den NUR sie zahlen und der eigentlich eingeführt wurde, um sich von der Haftung freizukaufen. Da die neoliberal-rechte Regierungskonstellation nun auch zu diesem neo-liberalen Gedankengut passt und es ja nicht um Sinnhaftigkeit oder Argumente geht, sondern nur um Aktionismus zugunsten eines ausgesuchten Klientels, wurde der Beitrag zuerst um 0,2% gesenkt (ein Minus von 90 Mio Euro jährlich) und soll nun weiter fast halbiert werden (ein Minus von gut 530 Mio Euro jährlich).
Die fehlenden Mittel sollen aus den Beiträgen der Arbeitnehmer (!) zur Krankenkasse kommen.
Wir sollen also aus unseren eigenen Mittel die Haftungsbefreiung der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen mitfinanzieren.

Ein weiteres Bonmotscherl:
Die Gebietskrankenkasse hebt bis dato nicht nur die Beiträge ein, sondern prüft auch, da sich die Beitragshöhe aus dem Einkommen ergibt, ob Unternehmen regelkonform entlohnen. Dabei decken sie Jahr für Jahr wirklich zahlreiche regelwidrige Unterzahlungen auf.
Damit entgeht der Allgemeinheit Geld für wichtige Sozialleistungen und den betroffenen ArbeitnehmerInnen ihnen zustehender Lohn.
Die geprüften Unternehmen müssen sowohl die Beiträge, als auch den Lohnentgang für die ArbeitnehmerInnen nachzahlen (und das sind jährlich einige Mio. Euro!!!!)
Nun rate mal, was Unternehmerlobbies mit der neuen Regierung für einen Coup ausgeheckt habe.

Die Gebietskrankenkasse soll zukünftig NICHT MEHR prüfen dürfen!!!!
Qui bono???
Den ArbeitnehmerInnen ganz sicher nicht!

Die Korruption, die von Lobbyisten und Großunternehmen ausgeht ist auch ein Thema für sich.
Zusammen mit der engen Verquickung von Unternehmen und Politik.
Politiker bestechen sich nicht selber, es sind die Unternehmen die Interesse daran haben...

Wenn Du Dir die Lohnentwicklung der letzten 20 Jahre anschaust und einen Vergleich mit der Entwicklung der Produktivität und der Wertschöpfung anstellst, dann siehst Du, wie weit die Lücke hier auseinanderklafft.
Und Menschen, die auf Grund Niedrigsteinkommen kaum Lohnsteuer zahlen (aber dafür überproportional Mehrwertsteuer tragen!!!!) haben auch von Steuerentlastung so gut wie nix.

Dieses ganze hohle Blabla, von wegen Privatisiert ist so super, so effizient, so sparsam... ein Blick hinter die Kulissen zeigt, auf welch tönernen Füßen dieses Konstrukt steht und wie Wurscht den Protagonisten das allgemeine Wohl ist. Hauptsache der Reibach stimmt.
 
Ich rede nicht von Armen in verschiedenen Epochen und Ländern, sondern von Menschen heute und bei uns im Kapitalismus, siehe Threadtitel.
Ich denke, das haben wir alle verstanden, auch @Possibilities. der ich zustimme. Armen Menschen hier und heute zu unterstellen, sie seien "in erster Linie Arm, weil sie nicht mit Geld umgehen können", finde ich ähnlich gewagt und anmaßend, wie ihnen zu erzählen, Gott hätte ihnen ihren Platz zugewiesen, sie hätten schlechtes Karma, oder gehörten der falschen Kaste an.
Du möchtest einen "schlanken Staat" und bist für eine noch stärkere Liberalisierung der Wirtschaft, und all den Leuten, die das ausbaden müssen, die von einer prekären Beschäftigung zu nächsten tingeln, befristete Arbeitsverträge, oder schlecht bezahlte Minijobs haben usw., sagst du, es sei ihre eigene Schuld, wenn sie es nicht schafften, ihrer Armut zu entkommen. Wenn das nicht tiefstes 19. Jahrhundert ist.
 
Unternehmer rufen immer nach einem "schlanken Staat" wenn es darum geht, kein Geld für die Allgemeinheit herzugeben oder Steuern zu zahlen. Sobald es um Pfründesicherung geht, Subventionen, Risikoübernahme, Auslagern von Leistungsverpflichtungen an die Allgemeinheit, Deregulierung (natürlich zum Unternehmensvorteil, nicht für die anderen), Schutz vor den bösen Anderen... haben Unternehmen kein Problem mit mehr Staat.
Ehrlich gesagt hab ich in jederlei Hinsicht Probleme mit dem Staat. GERADE auch wenn es um Subventionen und Risikoübernahme geht. Wenn man nämlich nicht gerade zu dem Unternehmen gehört, das die Partei des gerade im Amt befindlichen Bürgermeisters favorisiert, kann man sich diesen ganzen Spaß sauber in die Haare schmieren.

Das Märchen vom ineffizienten Staat und den superdoll effizienten Unternehmen haben liberale Wirtschaftsuni Absolventen solange erzählt (bekommen), bis es selbst der letzte Arbeiter in Hintertupfing glaubt, egal wie eindimensional, dumm und widerlegt dieses Märchen ist.
Nur, dass dieses "Märchen" weder eindimensional, noch dumm, und vor allem nicht widerlegt ist.


In Ö ist die Allgemeine Unfallversicherung (AUVA) ein Sozialversicherungsträger, in dem die Unternehmer das Risiko eines Arbeitsunfalls und damit verbundene Haftungen und Kosten durch Beiträge versichern lassen.
Sie haben bis vor wenigen Jahren 1,5 % der Bruttolohnsumme der jeweiligen ArbeitnehmerInnen in diesen Topf eingezahlt - davon wurden alle gesetzlich vorgesehen Leistungen im Rahmen eines Arbeitsunfalles finanziert.
Nun propagiert die Industriellen Vereinigung seit Jahren, die Lohnnebenkosten seien zu hoch - also jene Beiträge, die sowohl von Arbeitnehmern, als auch Arbeitgebern zur Finanzierung von Sozialleistungen (von Kindergarten, Schule, Schulbuch, Schul-Bus, Krankenversicherung, Wochen- u. Karenzgeld, Mitversicherung von Angehörigen (Kindern), Heilbehelfe, Rehabilitationen, Pension, Arbeitslosenunterstützung....) bezahlt werden.
Die Senkung der Lohnnebenkosten (also eigentlich die Senkung der Sozialleistungsfinanzierung) wurde beworben.
Vor kurzem haben die Unternehmer beschlossen (in Form ihrer Vertretung der WKO und vor allem der Industriellen-Vereinigung) nun genau jenen Beitrag zu senken, den NUR sie zahlen und der eigentlich eingeführt wurde, um sich von der Haftung freizukaufen. Da die neoliberal-rechte Regierungskonstellation nun auch zu diesem neo-liberalen Gedankengut passt und es ja nicht um Sinnhaftigkeit oder Argumente geht, sondern nur um Aktionismus zugunsten eines ausgesuchten Klientels, wurde der Beitrag zuerst um 0,2% gesenkt (ein Minus von 90 Mio Euro jährlich) und soll nun weiter fast halbiert werden (ein Minus von gut 530 Mio Euro jährlich).
Die fehlenden Mittel sollen aus den Beiträgen der Arbeitnehmer (!) zur Krankenkasse kommen.
Wir sollen also aus unseren eigenen Mittel die Haftungsbefreiung der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen mitfinanzieren.

Ein weiteres Bonmotscherl:
Die Gebietskrankenkasse hebt bis dato nicht nur die Beiträge ein, sondern prüft auch, da sich die Beitragshöhe aus dem Einkommen ergibt, ob Unternehmen regelkonform entlohnen. Dabei decken sie Jahr für Jahr wirklich zahlreiche regelwidrige Unterzahlungen auf.
Damit entgeht der Allgemeinheit Geld für wichtige Sozialleistungen und den betroffenen ArbeitnehmerInnen ihnen zustehender Lohn.
Die geprüften Unternehmen müssen sowohl die Beiträge, als auch den Lohnentgang für die ArbeitnehmerInnen nachzahlen (und das sind jährlich einige Mio. Euro!!!!)
Nun rate mal, was Unternehmerlobbies mit der neuen Regierung für einen Coup ausgeheckt habe.

Die Gebietskrankenkasse soll zukünftig NICHT MEHR prüfen dürfen!!!!
Qui bono???
Den ArbeitnehmerInnen ganz sicher nicht!
Schön, aber ich versteh nicht, was das mit meiner Aussage zu tun hat.

Die Korruption, die von Lobbyisten und Großunternehmen ausgeht ist auch ein Thema für sich.
Zusammen mit der engen Verquickung von Unternehmen und Politik.
Politiker bestechen sich nicht selber, es sind die Unternehmen die Interesse daran haben...
Lobbyismus kann es per definition nur dort geben, wo der Staat eingreift.
 
Ich rede nicht von Armen in verschiedenen Epochen und Ländern, sondern von Menschen heute und bei uns im Kapitalismus, siehe Threadtitel.



vile sind arm weil sie keine gute ausbildung hatten andere sind arm weil sie karnk wurden...ausbeutung hat "viele namen"....unsere heutige kapitalismus, beruht drauf, dass es arme geben muss, damit diese menschen auzsgebutet werden können...

shimon
 
Ich sehe, es ist ein Unterschied, ob Menschen in unserer Welt leben oder sterben wollen.

Ich sehe in den USA wollen Menschen glorreich sterben.
In der EU wollen Menschen nicht so schnell sterben.


In den USA ist das Leben atemberaubend. Glorreich. Intensiv Äußerlich.
Die Amis leben für den Augenblick.

Die Europäer hingegen sind intelligent, und nehmen eine Phase des Niedergangs hin. Die Europäer sind gebildeter als die Amerikaner und wissen, was Marketing ist, und wie man das schützt, was man will.
 
Aber es ist wohl den Armen in verschiedenen Epochen und Ländern gemeinsam, dass sie vielfältige Formen von Verachtung erleben...
In der heutigen und modernen Epoche ist es SO, dass es die Reichen sind welche vielfältigen Formen von Verachtung erleben.
Heute ist es scheinbar schick arm zu sein. Denn wahrscheinlich ist man, wenn man ein Armer ist, ein Guter Mensch.
Und die Reichen sind schlechte Menschen, weil sie ja reich sind.

Mein Gott, was für eine Verdummung der Menschheit.
 
In der heutigen und modernen Epoche ist es SO, dass es die Reichen sind welche vielfältigen Formen von Verachtung erleben.
Heute ist es scheinbar schick arm zu sein. Denn wahrscheinlich ist man, wenn man ein Armer ist, ein Guter Mensch.
Und die Reichen sind schlechte Menschen, weil sie ja reich sind.

Mein Gott, was für eine Verdummung der Menschheit.
Diese Idee ist schon relativ alt und kommt von Marx' Mehrwerttheorie her. Die Idee ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer weniger Geld gibt, als dessen Arbeit objektiv Wert ist. Dieser Überschuss, der durch die Ausbeutung des Arbeitnehmers zustandekommt, bleibt ihm selbst dann als Profit. Dadurch wird eine Grundannahme zementiert, dass jeder Arbeitnehmer automatisch ausgebeutet wird und jeder Arbeitgeber automatisch ausbeutet.

Dass das absoluter Quatsch ist, ist heute vielen Leuten klar, wenn man es so zuspitzt wie ich oben. Sobald man das ganze aber nicht so krass formuliert, wirst du viel zustimmendes Nicken bekommen (die ganze verschwörerische "die-da-oben"-Denke etc). Menschen in unserer Kultur lieben Underdogs, weil ein Großteil aller Filme und Bücher die Verwandlung vom Underdog zum Helden stilisieren, der den Machthaber (der durch Korruption und Gewalt an die Macht kam) stürzt. Ich würde sagen das lässt sich recht schön auf die Koketterie mit der Armut umlegen.
 
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