Sterben kann man doch nicht üben.
Doch, man kann.
Man tut es zwangsläufig und unbewusst ohnehin.
Sich dessen aber bewusst zu werden, was ein prozess bedeutet, erhöht die fülle des lebens, weil keine kraft mehr aufgewendet werden muss, den tod auszuklammern und man so im 'jetzt' ankommt, ohne ständig ängstliche gedanken an ein ominöses ende zu verschwenden.
Ich könnte hier viele bsp. erzählen, scheue mich aber ein wenig, weil es ev. an konas threadidee vorbeigeht.
Abgekürzt und um zu veranschaulichen, was ich meine: Als ich vor 17 jahren das erste mal schwanger wurde, durchwanderte ich während einiger monate ein sehr dunkles tal und badete geradezu in der angst vor dem sterben und tod. Ich war kopflos, hilflos, verwirrt und panisch. Ein arzt liess dann eine beiläufige bemerkung fallen: Geburt und tod sind kehrseiten derselben medaille, das kann ängstigen, weil sie tatsächlich nur eine drehung voneinander entfernt sind.
Irgendwie half mir diese aussage damals.
Viele jahre später, als es tatsächlich ans eingemachte ging und diese drehung im begriff war, sich zu vollenden, war ich schon entspannter.
Ich liess mich zur nothilfe-lehrerin ausbilden und konnte beobachten, wie meine schüler an notfälle herangingen. Man zögerte, drückte sich, ignorierte, beschönigte, ängstigte sich. Dasselbe wenn man mit jemandem über krankheiten spricht und seien sie noch so harmlos. Oft wird nicht zugehört, wahllos tipps verteilt oder die eigenen wehwehchen schieben sich quälend in den vordergrund: ' Das hatte ich auch mal,....', ......'was muss ich denn jetzt...? Es wird nicht auf den andern eingegangen, denn das eigene 'ich' scheint plötzlich bedroht und dem will man ausweichen und das um jeden preis.
Treffend und auf dem punkt in dieser aussage:
Zitat .:K9:.
Alles, was die Maske des Ichs bedroht ist ein Beispiel.
Dieses 'Alles' kann wirklich
alles sein. Im kleinen im alltag, indem man bewusst wahrnimmt, dass alles endlich ist, dem nicht ausweichen, bestimmte menschen, diskussionen oder orte nicht meiden, die mit sterben und tod zusammenhängen, sich unangenehmen situationen stellen und sei es nur in einer sitzung klar 'nein' zu sagen, wenn es einem zuviel wird. Abschied nehmen von der eigenen perfektion u.a. Das ist auch ein mini-tod, auch wenn dir das ev. lächerlich erscheinen mag. Es dient bestens als übung.
Durch das hinsehen, annehmen und hineingehen in die endlichkeit landet man an dem 'ort', der hier schön beschrieben wird:
Zitat ParaDoxa
Nicht im Sinne eines obeflächlichen Hier und Jetzt, das, innerhalb der Zeitschiene, sondern jenes welches jenseits davon ist aber alles beinhaltet.
Auch den tod.
Man kann sich nur auf den Tod vorbereiten und zwar, indem man möglichst dafür sorgt, dass man soviel wie möglich erledigt.
Und das ergibt sich aus meinem vorher geschriebenen automatisch.
Es ist das Unerledigte, was Sterbende bedrückt.
Und genau das kann ins leben integriert und so tatsächlich erledigt werden, würde man die gelegenheiten sterben zu üben, nutzen.
Ich habe mich auf der palliative care beworben, da ich gerne mit sterbenden zusammen bin und für sie sorgen möchte. Nun hat man mir aber ganz unerwartet eine stelle auf der wöchnerinnen-abteilung angeboten. Das freut mich sehr und passt für mich gerade sehr gut hierher, weshalb ich es erwähne.